Rauch / Schindler | Erwachsenenbildung für nachhaltige Entwicklung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

Rauch / Schindler Erwachsenenbildung für nachhaltige Entwicklung

Kritischer Diskurs und gelebte Praxis

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

ISBN: 978-3-7578-4274-1
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Die Ausgabe 49 des Magazin erwachsenenbildung.at (Meb) bildet den Status quo des Nachhaltig­keitsdiskurses in der Erwachsenenbildung ab, beschreibt das konkrete, praktische Handeln und zeigt zukunftsweisende Ideen und Perspektiven. Die Beiträge beleuchten theoretisch verankerte Konzepte und Lösungsideen sowie praktische Umsetzungsbeispiele ebenso wie Blinde Flecken und unterschiedliche Dilemmata, die sich in diesem Kontext ergeben. Die Autor*innen machen deutlich, dass Bildungsprozesse allein die Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen können. Ein solcher Zugang birgt die Gefahr, die Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung auf das Individuum zu übertragen, ohne die strukturellen Probleme und Zusammenhänge ausreichend zu berücksichtigen. Es bedarf daher einer kritischen Reflexion der bestehenden Systeme und Strukturen in Hinblick auf deren Beitrag zur Nachhaltigkeit, und es braucht alternative Ansätze, die über einen individualisierten Zugang hinaus emanzipatorische und kollektive Prozesse betonen und strukturelle Veränderungen anstoßen. (Red.)
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02
Transformative Bildung –
ein Weg zur Nachhaltigkeit?
Werner Wintersteiner, Christiana Glettler, Heidi Grobbauer, Hans Karl Peterlini, Franz Rauch und Regina Steiner Wintersteiner, Werner/Glettler, Christiana/Grobbauer, Heidi/Peterlini, Hans Karl/Rauch, Franz/ Steiner, Regina (2023): Transformative Bildung – ein Weg zur Nachhaltigkeit? In: Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs. Ausgabe 49, 2023. Online: https://erwachsenenbildung.at/magazin/ausgabe-49. Schlagworte: Nachhaltigkeit, Transformative Bildung, nachhaltiger Lebensstil, gesellschaftliche Transformation, pädagogisches Handeln, politische Bildung, Mezirow Abstract „Transformation“ (auch „social change“ oder „global cultural change“) bezeichnet eine Umgestaltung des Bestehenden im Sinne eines tiefgreifenden kulturellen und strukturellen Wandels. Was kann pädagogisches Handeln für den gesellschaftlichen Wandel, für die Transformation in eine nachhaltige Weltgesellschaft leisten? Und welches Veränderungspotenzial haben Lernen und Bildung für den einzelnen Menschen? Diese Fragen stehen hinter den Begriffen „Transformative Bildung“ oder „Transformatives Lernen“, die auf Jack Mezirow zurückgehen, über dessen Lerntheorie aus den 1970er Jahren aber hinausgehen. Beide Begriffe werden oft als Zauberformeln für gesellschaftliche Transformation missverstanden. Tatsächlich implizieren sie aber kritische Fragen. Zum Beispiel: Wie kann sich Pädagogik im Spannungsfeld zwischen normativen gesellschaftlichen Zielen und dem Ziel der Autonomie der Lernenden bewegen? Ein Ansatz wäre, statt normativer Vorgaben für einen nachhaltigen Lebensstil die Menschen aufzufordern, sich mit ihren konkreten Lebensbedingungen und deren Auswirkungen auseinanderzusetzen. Auch Pädagog*innen und Erwachsenenbildner*innen müssen sich selbst immer wieder kritisch hinterfragen und in Kontakt und Austausch mit politischen Bewegungen treten, die an sozial-ökologischer Transformation arbeiten. Ansatzpunkte, wie dies gelingen kann, finden sich in den Traditionen des Globalen Lernens und von Global Citizenship Education, in der Entwicklungspädagogik und in der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). (Red.) Transformative Bildung –
ein Weg zur Nachhaltigkeit?
Werner Wintersteiner, Christiana Glettler, Heidi Grobbauer, Hans Karl Peterlini, Franz Rauch und Regina Steiner „Transformatives Lernen für Mensch und Erde ist überlebensnotwendig für uns und für künftige Generationen. Die Zeit zu lernen und für unseren Planeten zu handeln ist jetzt.“ Berliner Erklärung der UNESCO zur Bildung für
nachhaltige Entwicklung, Mai 2021 Transformative Bildung ist eine neue Form, alte Fragen zu stellen – die Frage nach dem Veränderungspotenzial von Lernen und Bildung für den einzelnen Menschen und die Frage nach der Wirksamkeit pädagogischen Handelns für einen gesellschaftlichen Wandel. Gesellschaftlicher Wandel wird vorwiegend als Antwort auf die gegenwärtige globale Polykrise begriffen und als Arbeit an einer Nachhaltigkeit, die eine sozial-ökologische Transformation zur Voraussetzung hat.1 „Als politischer Diskurs reagiert Nachhaltigkeit somit auf eine fundamentale Krise des Verhältnisses von Natur und Kultur und ist als Programm einer globalen Transformation in eine nachhaltige Weltgesellschaft zu verstehen, in dem Bildung und Wissenschaft eine entscheidende Rolle zugewiesen wird“ (Kehren 2017, S. 63). Transformation zu bewirken, bedarf eben auch pädagogischer Anstrengungen. Aus diesem Anspruch ergeben sich grundlegende Fragen und einige pädagogische Dilemmata: Wie wirken personale Lern- und Bildungsprozesse mit gesellschaftlichen Ansprüchen und Bedingtheiten zusammen? Welche Rolle nehmen pädagogische Angebote und pädagogische Intervention in diesem komplexen Geschehen ein? Bleibt die Wirksamkeit pädagogischen Handelns eine unbestätigte Hoffnung oder kann sie empirisch nachgewiesen werden? Ist das Postulat der Wirksamkeit nicht unvereinbar mit dem Postulat der Freiheit der Lernenden? Wie kann ein Balanceakt zwischen diesen Polen gelingen? Sind Lernen und Bildung als autonome Leistungen des*der Einzelnen oder als gesellschaftliche Steuerungen des Individuums zu verstehen? Transformative Bildung und Transformatives Lernen benennen diese Problematiken auf ihre Weise und eröffnen dadurch einen Diskussionsraum. Sie können aber auch, sofern sie als Zauberformeln (miss-)verstanden werden, die Problematiken hinter den Begriffen verdecken und diese der ständig nötigen kritischen Auseinandersetzung entziehen. Gesellschaftliche Transformation als Aufgabe und Herausforderung unserer Zeit
Transformation setzt sich von anderen Vorstellungen des Wandels – vor allem von Reform und Revolution – deutlich ab. Reform evoziert die Möglichkeit von Veränderungen ohne die Notwendigkeit eines grundlegenden Wandels, die Veränderungen bleiben dabei innerhalb der bestehenden Strukturen. Revolution wiederum will als radikale und meist schnelle gewaltsame Veränderung mit dem Bestehenden tabula rasa machen und unterscheidet in der Regel nicht zwischen dem, was erhalten werden, und dem, was verändert werden muss. Sie enthält auch nicht die Idee eines vorausgehenden oder begleitenden gesellschaftlich-kulturellen Wandels. Dem steht die Idee der Transformation gegenüber, die Konservierung und Veränderung zusammendenkt und das Bestehende als Ausgangsbasis für Umgestaltung betrachtet. Umgestaltung ist auch die Leitidee der Metamorphose, die der französische Soziologe und Philosoph Edgar Morin (2012) als sozialwissenschaftlichen Term ins Spiel brachte. Die Metamorphose, wörtlich „Gestaltsumwandlung“, ermöglichte es beispielsweise Pflanzen in unterschiedliche Lebensräume vorzudringen und die heutige Artenvielfalt hervorzubringen, indem ihre Grundorgane gänzlich neue Funktionen übernahmen. Mittlerweile ist im öffentlichen Diskurs der Begriff „Große Transformation“ (seltener: Transition bzw. Metamorphose) mit seiner Zielvorstellung der sozial-ökologischen Wende angekommen. Damit ist auch die Idee eines tiefgreifenden kulturellen Bewusstseinswandels verbunden. Allerdings bietet die genaue Bedeutung der „Großen Transformation“ einen weiten Interpretationsspielraum, d.h., es findet sich eine große Bandbreite an Vorstellungen, was wie transformiert werden soll. Die Diskussion bzw. der politische Streit darüber sind unvermeidbar und unabschließbar. Konkrete Vorschläge wie die Sustainable Development Goals (SDGs), die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO, werden von den einen als viel zu weitreichend und von den anderen als völlig ungenügend eingeschätzt. Diese Auseinandersetzungen über den konkreten Inhalt einer Großen Transformation wirken auch in die pädagogischen Konzepte hinein, die sich als transformativ verstehen. Bei Global Citizenship Education zum Beispiel kehrt diese Debatte als Gegensatz von „soft“ und „critical“ Global Citizenship Education (GCED) wieder (siehe Andreotti 2006), bei Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als Gegensatz von der traditionellen und der „emanzipatorischen Form der BNE“ (Singer-Brodowski 2016, S. 132). Eine sozial-ökologische Transformation kann nicht ohne die kritische Analyse der Ursachen der gegenwärtigen Polykrise und nicht ohne den Blick auf Fragen der Gerechtigkeit erfolgen. Das Zusammendenken von Transformation und Postkolonialismus ist daher ein zentraler Aspekt (siehe Ashcroft 2017; Chakrabarty 2012; Dürbeck 2020; Ferdinand 2019). Unter Stichworten wie dekoloniale Ökologie ( écologie décoloniale) oder postcolonial ecocriticism werden der westliche Universalismus und Euro zentrismus vieler Transformationskonzepte kritisiert. Diese Positionen in bestehende transformative Pädagogiken zu integrieren, bleibt ein Desiderat. Pädagogik zwischen gesellschaftlichen Zielvorgaben und Autonomie der Lernenden
Eine „Übersetzung“ der Ansprüche von Ökonomie, Politik, Religion, Ethik und Ästhetik in pädagogisch legitime Ansprüche (siehe Benner 2015) wirft die Frage auf, wie diese pädagogische Legitimität begründet wird. Normative Soll-Vorgaben für Lern- und Bildungsziele sind deshalb problematisch, weil die bestimmende Instanz auch innerhalb der Pädagogik – und damit auch in der Erwachsenenpädagogik – nicht von vornherein feststeht und Pädagogik nicht davor gefeit ist, das Subjekt unter manipulative Zwänge zu stellen. Mit Pädagogik kann nach Benner sowohl das Erziehungshandeln als auch dessen wissenschaftliche Reflexion und theoretische Systematisierung gemeint sein, ebenso wie mit der Praxis der Politik sowohl Bürger*innen, Zivilgesellschaft, Parteien, Institutionen gemeint sind. Somit finden Aushandlungsprozesse sowohl innerhalb der Praxen als auch zwischen den Praxen statt; wer die jeweiligen normativen Setzungen vornehmen kann, bleibt immer offen. Dem kann, zumindest teilweise, mit einem Perspektivenwechsel...


Rauch, Franz
Franz Rauch arbeitet am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung (IUS) an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Er hat einen Masterabschluss in Naturwissenschaften (Lehramt), promovierte an der Universität Graz und habilitierte (mit Schwerpunkt Umweltbildung) an der Universität Klagenfurt. Er ist seit vielen Jahren in Forschungs- und Entwicklungsprojekten auf nationaler und internationaler Ebene tätig. Er war als Gastwissenschaftler in Newcastle upon Thyne, England, und als Fulbright-Stipendiat in St. Louis, USA, tätig. Er ist einer der Herausgeber des Educational Action Research Journal und des Journals ARISE und arbeitet in Redaktionsausschüssen anderer Zeitschriften (The Journal of Environmental Education und The Journal of Work-Applied Management) mit. Seine Forschungs-, Lehr- und Publikationsschwerpunkte sind Bildung für nachhaltige Entwicklung, Netzwerke in der Bildung, Schul­entwicklung, wissenschaftliche Bildung, Lehrer*innenfortbildung und Aktionsforschung.

Schindler, Julia
Julia Schindler war seit ihrem Studienabschluss in Angewandter Linguistik (Innsbruck und Jyväskylä) lange Zeit in der Basisbildung tätig: sowohl als Trainerin als auch in leitender Position. Aktuell liegt der Fokus ihrer Arbeit auf eLearning und digital unterstütztem Lernen in unterschiedlichen Kontexten der Erwachsenenbildung. Im Zweitberuf ist sie Informatikerin.


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