Reiß | Bayern Krimi Sammelband: Wagner ermittelt am Starnberger See | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 793 Seiten

Reiß Bayern Krimi Sammelband: Wagner ermittelt am Starnberger See

E-Book, Deutsch, 793 Seiten

ISBN: 978-3-89841-938-3
Verlag: Schardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Diese Gesamtausgabe beinhaltet die vier Starnberg-Krimis „Verspielte Träume“, „Schmutziges Gold“, „Vier Tote im See“ und „Seemafia“!
Am Starnberger See leben die Gutbürgerlichen und Reichen, doch ihre luxuriösen Häuser schützen sie weder vor Unheil oder Verbrechen, noch bedeutet es, dass hinter den exklusiven Fassaden nur ehrenwerte Bürger anzutreffen sind. Spieler, Betrüger, Waffenhändler und Kunsträuber tummeln sich munter um den berühmten bayerischen See, wo einst König Ludwig II ertrank. Kommissar Wagner und seine Kollegen sowie Staatsanwalt Dr. Kettenbach haben immer wieder alle Hände voll zu tun, die Gegend zu einem sicheren Ort zu machen.
So wird am Ostufer ein Amtsrichter tot in einem Porsche aufgefunden, der mit der Frau eines erfolgreichen Architekten eine Liaison hatte und in einer illegalen Pokerrunde nicht nur um Herzensdamen spielte, und bald darauf gerät ein untergetauchter Spitzensportler am Westufer in die Schusslinie, der in den größten Doping-Fall in der Geschichte der Olympischen Spiele verwickelt zu sein scheint.
Als Jahre später in einem Segelboot zwei Leichen gefunden werden, hat der Starnberger See erneut einen handfesten Skandal: die attraktive Frau eines berühmten Krimiautors und ihr Liebhaber, ein Mitglied der albanischen Waffenmafia, sind die Opfer. Der Autor wird zum Hauptverdächtigen und mit ihm sein Privatdetektiv, der seinerseits versucht, den Fall zu lösen und den Ermittlern immer wieder in die Quere kommt.
Nach dem gewaltsamen Tod eines Enthüllungsjournalisten und Kunsthändlers stoßen die Kommissare auf eine Reihe von Kunstfälschungen und Kunstraub im großen Stil, der bis in die Nazi-Zeit zurückreicht und der scheinbar inzwischen auch die italienische Mafia an den See gelockt hat, um dort ihren Geschäften nachzugehen.
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Kapitel 2
1
Am letzten Samstag im September saß Robert Sorge noch spätnachmittags in seinem Büro. Es war klein und nicht viel größer als eine Zelle in einem Kartäuserkloster. Die Wände waren das letzte Mal gekalkt worden, als Sorge dort eingezogen war. Dies war vor knapp sieben Jahren gewesen, nachdem er beschlossen hatte, Richter in der kleinen Stadt am See zu werden. Sorge war aber kein Asket und hatte auch keinen Eid geschworen, von nun an wie ein Mönch vor kahlen und nur gekalkten Wänden der Gerechtigkeit zu dienen. Er liebte die Malerei und vor allem die moderne mit ihren großen Formen und grellen Farben. Noch bevor die weißgetünchten Wände wie alte Akten vergilbt waren, glich der winzige Raum eher einer sich auf die Pop-Art spezialisierten kleinen Galerie als einem Arbeitszimmer. Bewundernd und halb im Scherz hatten ihn einige seiner Kolleginnen gefragt, warum er denn bei seinem Geschmack überhaupt Richter geworden war. Der warme Südwind wehte durch das offene Fenster. Sorge arbeitete bereits vier Stunden ohne Pause. Er arbeitete schnell und hatte schon drei Urteile diktiert. Als Erstes hatte er den Streit zweier Grundstücksnachbarn entscheiden müssen. Es ging um eine wunderschön gewachsene Grenzhecke, die bald wie von einem Lineal gezogen ein tristes, zwei Meter hohes Dasein fristen würde. Es schmerzte ihn noch immer, wenn er an das Parteiengezänk im Gerichtssaal dachte. Die Frau kämpfte unsäglich schrill um jeden Zentimeter, der Mann blieb stur und kompromisslos. „Unverschämt, drei Meter reichen.“ Da könne er nur lachen, erwiderte der Mann. „Zweimeterfünfzig, höchstens.“ Er dächte nicht daran, sagte der Mann, sie gehe ihm schon lange auf den Geist. „Wenigstens zwei Meter zwanzig?“ fragte die Frau. „Nix, jetzt erst recht nicht“, antwortete der Kläger und nannte die Beklagte eine Nervensäge. Einen Moment war es still geworden. Da hatte er geglaubt, die Vernunft sei bei den beiden zurückgekehrt, und einen Vergleich vorschlagen wollen. Doch schon nach drei Sekunden hatte ihn der Mann nur verständnislos angeschaut, „Gesetz ist Gesetz“ gesagt und ein Urteil verlangt. Er hatte eine junge Familie mit zwei Kindern aus den Fängen eines Vermieterhais befreit. Obgleich die Miete nach der Zustellung der Klage bis auf den letzten Cent bezahlt worden war, berief sich der Vermieter, von Beruf Erbe, auf die dafür vom Gesetz bestimmte Frist und war nicht verhandlungsbereit. Fett und siegessicher war dieser vor dem Richterstuhl gestanden. Aber es seien doch nur ein paar Tage, versuchte Sorge zu vermitteln. Es gäbe doch noch so etwas wie Fairness und Gerechtigkeit. „Schon wahr, Hohes Gericht“, schmeichelte der fettleibige Kläger. „Aber bei allem Respekt, Euer Ehren, Sie können mir glauben, mir geht es nicht um die paar Tage. Mir geht es nur ums Prinzip.“ Sein kaltes, blutleeres Lächeln im breiten Gesicht hatte ihn jedoch verraten, und Sorge hatte gewusst, dass er nur um eines geringen Profits wegen wieder einmal angelogen worden war. Sorge musste schmunzeln, als er an den dritten Fall dachte, den er gerade entschieden hatte. Es ging um eine Forderung von fast fünftausend Euro, die eine Telefongesellschaft von einem Rentnerehepaar eingeklagt hatte. Entgegen deren bisherigen Gepflogenheiten sollten sich die alten Leute plötzlich für Sex im Internet interessiert haben. Die Beweislage war schwierig, und wie immer gab es dazu in der Rechtsprechung und bei den Rechtsprofessoren drei Meinungen. Aber die in der mündlichen Verhandlung erschienenen alten Leute hatten die Sache mit treuherzigen Augen auf den Punkt gebracht: „Herr Richter, eine solche Sauerei hat uns noch nie interessiert.“ Für Sorge gab es nur eine Frage zu beantworten. Sollte er dem Sprichwort folgen „Alter schützt vor Torheit nicht“, oder durfte er den treuherzigen Augen der über siebzig Jahre alten Beklagten glauben? Er hatte sich für die Augen entschieden und war sich sicher, darin die Wahrheit gesehen zu haben. Sorge legte die maisgelbe Akte beiseite. Er erhob sich aus seinem schwarzen Drehsessel und streckte sich. Sorge war ein Mann von knapp eins achtzig mit einer athletischen Figur. Zu einem gelben Tennishemd trug er ausgebleichte Jeans. Er trat ans Fenster im zweiten Stock. Schon seit einigen Tagen hatte sich der Föhn mit seinem warmen Südwind durchgesetzt. Hinter dem See, täuschend nahe und wie dorthin verweht, erhoben sich die schon schneebedeckten Gipfel des fernen Wettersteingebirges. Davor und unter dem blauen Himmel kreuzten Segelboote sowie Surfer mit weißen und auch bunten Segeln über das grünblaue Wasser. Unter ihm lag die kleine Stadt, und auf dem Burgberg sah er das trutzige Schloss und weiter nach Süden die weiße Rokokokirche mit der grünen Zwiebelhaube. Sorge war kein Mann großer Worte, aber immer dann, wenn er so am Fenster stand, fiel ihm nur ein Wort ein: paradiesisch. Sorges Blick wanderte weiter zu dem kleinen Friedhof, der neben dem Gericht lag. Wie schon seit einigen Tagen um diese Zeit stand wieder eine junge, großgewachsene Frau in Schwarz vor einem frischen Grab. Am frühen Nachmittag vor einer Woche hatte er beobachtet, wie vier Träger einen Holzsarg in die Grube senkten und fast gleichzeitig sintflutartiger Regen einsetzte. Während einige der dutzend Trauergäste unter die nahe Birke geflüchtet waren, hatten sich die anderen unter ihre Regenschirme verkrochen. Nachdem der Pfarrer noch ein kurzes Gebet gesprochen und etwas Erde in das Grab geworfen hatte, drängten sich alle zu der jungen Frau. Ein Schäufelchen Erde, ein kurzes Besinnen, ein Händedruck, dann waren die meisten zu ihren neben der Friedhofsmauer geparkten Fahrzeugen geeilt. Selbst die wenigen der Trauergäste, die im strömenden Regen geblieben waren, hatten sich bald von ihr verabschiedet. Eine Umarmung, einige tröstende Worte, dann waren auch sie zu den Ausgängen geflohen. Nur die junge Frau war zurückgeblieben, aufrecht und ganz nahe am offenen Grab stehend. Es hatte noch immer geregnet, als sie dreimal zum Sarg hinabwinkte und sich langsam umdrehte. Tränen waren über ihr Gesicht gerollt und hatten sich mit den Regentropfen vermischt. Wie tapfer sie ihren Schmerz verbirgt und wie einsam sie sein muss, dachte Sorge, während er sie jetzt wieder beobachtete. Er sah, wie sich die Trauernde umdrehte und mit kleinen, schweren Schritten zum Ausgang ging, sah den langen Schatten, den die schon schräge Sonne von ihr warf, sah ihr Schattenbild über die Gräber züngeln – und ein Gedanke schoss in ihn. Er fragte sich, wer einmal so um ihn trauern würde, wenn er dort läge. Dann schloss Sorge das Fenster und ging nachdenklich zu seinem Schreibtisch zurück, wo er unschlüssig – fast zögerlich, wie es schien – die nächste Akte vom Stapel nahm. Sorges Miene hellte sich erst auf, als er auf seine Armbanduhr sah, und er wirkte nun fast heiter, während er, in der Akte blätternd, immer wieder zu einem Gemälde blickte, das ihm direkt gegenüber an der Wand hing. Obgleich es inmitten der anderen Bilder mit den bunten, grellen und immer wieder blutroten Farben wie ein Fremdkörper wirkte, war es seit kurzem sein Lieblingsbild geworden. Wie von unsichtbaren Kräften angezogen, ging er zu dem seltsamen Gemälde hin. Lange stand er davor, und immer wieder huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Da war ein Skifahrer mit blauem Gewand zu sehen, der von einer steilen Gebirgswand kommend auf ihn zuraste und anscheinend noch versuchte, einen Sturz in einen schwarz gemalten Abgrund zu vermeiden. Auf vier überbreiten Holzbrettern, hell- bis dunkelgrün mit vorne weit nach oben gebogenen Spitzen, war ein vierbeiniger Fahrer bemüht, die auseinanderdriftenden Bretter wieder unter Kontrolle zu bringen. Acht Skistöcke aus Bambus mit übergroßen Tellern, die zusammen mit vier Armen in alle Himmelsrichtungen zeigten, hielt dieser unglückselige Mensch mit seinen vier von roten Fäustlingen verdeckten Händen fest. Noch ein letzter Blick. Dann verließ Sorge eilig sein Büro, ohne die Tür abzuschließen.
2
Zur selben Zeit stand eine großgewachsene Frau am Rand einer weiten Terrasse. Immer wieder blickte sie abwechselnd auf ihre Armbanduhr und zu dem schmiedeeisernen Tor am Ende des parkähnlichen Gartens, zu dem, an einer Blutbuche vorbei, von der höher gelegenen Terrasse aus ein Weg aus weißen Kieseln führte. Die Sonne senkte sich im beginnenden Abendrot auf die gegenüberliegenden grünen Hügel, und das rötlich glitzernde Wasser des Sees war ruhig geworden. Mit der Abendbrise trieb eine Schar eleganter Drachenboote gemächlich dem Yachthafen entgegen. Im Norden schwebten vereinzelt weißgraue Wolken, die das blasse Blau des Himmels zerfetzten. Die Frau sah aus wie ein Traum. Sie trug ein enges, grünes T-Shirt und dazu eine luftige Leinenhose, die auf grüne Ballerinaschuhe fiel. Sie hatte braune Augen, hohe Wangen und volle Lippen. Ihr schwarzes Haar war kurzgeschnitten. Es war ein Gesicht, das irgendwo um die Mitte zwanzig einzuschätzen war. Tatsächlich hatte Marion Rehberg ihren neunundzwanzigsten Geburtstag vor vier Monaten gefeiert, im Yachtclub Am Seelaich, zusammen mit ihrem Ehemann und...


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