Riemensperger / Falk | Neues wagen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Riemensperger / Falk Neues wagen

Deutschlands digitale Zukunft zwischen den USA und China

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-96267-246-1
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



AUFBRUCH IN DIE DEKADE DER MUTIGEN
Nach Jahren des Aufschwungs in einer scheinbar grenzenlos vernetzten Welt senken sich die Schlagbäume und die Zentren der wirtschaftlichen Macht verschieben sich nach Asien. Frank Riemensperger und Svenja Falk machen nichts weniger als eine Zeitenwende aus – ein neuer Wettbewerb der Systeme bahnt sich an, verschärft durch die Corona-Pandemie.
Sieger wird sein, wer sich den technologischen Vorsprung sichert und damit radikal neue Wohlstandspotenziale. Diese Dekade fordert klare Entscheidungen von Deutschland und Europa: Was müssen Unternehmen und Politik tun, damit unsere Wirtschaft nicht zwischen den Giganten USA und China zerrieben wird?
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Einleitung
Es ist Zeit. Es ist sogar höchste Zeit. Wir sollten – nein, wir müssen NEUES WAGEN! In diesem Jahrzehnt nämlich wird sich die Zukunft Deutschlands entscheiden, wird sich auch zeigen, ob die Europäische Union dem geopolitischen Druck standhält, vielleicht sogar neue Stärke entwickelt. Mit den USA und China nämlich positionieren sich zwei neue Gegenspieler, die um Vorherrschaft in der Welt ringen – um technologische Vorherrschaft. Die Fähigkeit, Innovation zu skalieren ist es, die künftig darüber entscheiden wird, wie die Welt regiert wird und wer schließlich dabei das Sagen hat. Die Covid-19-Pandemie hat das mehr als deutlich gezeigt: Ohne digitale Technologien ist die moderne Welt nicht überlebensfähig. Zu verflochten sind Absatzmärkte und Produktion, zu mobil die Gesellschaften, zu komplex die Infektionswege und zu knapp die Zeit, um neue Therapien und Impfstoffe gegen einen bis dato unbekannten Erreger zu entwickeln. Diejenigen Nationen, die von Anfang an konsequent digitale Technologien einsetzten, um die Krise zu begrenzen, haben deshalb die geringsten Opferzahlen zu beklagen. Deutschland, das sich mit seinem hohen Niveau an wissenschaftlichem Sachverstand und Medizintechnik relativ gut geschlagen hat, hat daraus gelernt. Da es an der Digitalisierung im Gesundheitswesen leider noch »gehapert« habe, so CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn im August 2020, investierten Bundesregierung und Krankenkassen nun die Rekordsumme von 4,3 Milliarden Euro in den Ausbau der Notfallversorgung, vor allem deren digitale Basis. Deutschland hat einiges aufzuholen, denn die Exportnation hat sich zu lange auf den bewährten Ruf und die Qualität ihrer Produkte verlassen. Der Erfolg hat träge gemacht, und zu spät wurde erkannt, dass es schon längst nicht mehr ausreicht, immer nur noch besser und schneller werden zu wollen. Die Industrie braucht stattdessen völlig neue Geschäftsmodelle und Kooperationen in digitalen Ökosystemen. Um diese Entwicklung zu machen, benötigt sie aber auch eine digitale Infrastruktur – den Ausbau von Breitbandversorgung und 5G, den Voraussetzungen für das Industrielle Internet und die Nutzung von Daten als Rohstoff für neue Ideen und Lösungen. Sie braucht eine klare politische Linie und staatliche Förderung – nicht nur finanziell, sondern auch als tägliche Praxis des eGovernment. Weiteres Zögern ist nicht mehr hinnehmbar. Die jüngste Geschichte nämlich zeigt, wie schnell sich die Welt wandelt und wie rasch der Titelverteidiger Deutschland in der zweiten Liga landen könnte. Erst rund drei Jahrzehnte ist es her, dass hier die Mauer fiel und die Blockpolitik mit dem Zusammenbruch des Kommunismus beendet schien. Internet und Computer brachten die ganze Welt einander näher. Die Kräfte des Marktes und der kapitalistischen Wirtschaft hatten gesiegt, die New Economy löste geradezu einen Goldrausch aus. Eine neue Generation von Unternehmern eroberte mit kreativen Geschäftsideen die Szene, doch viele konnten sich nicht lange am Firmament halten. Gleichzeitig führte die entfesselte Welt zu einem spektakulären Aufstieg der Mittelschicht und zum wirtschaftlichen Aufstieg in vielen Teilen der Erde. Doch nach der Jahrtausendwende wurde die Euphorie der Globalisierung bereits von Zerfallserscheinungen überschattet: dem Beben der Banken und der folgenden internationalen Schuldenkrise. Terrororganisationen begannen ihren asymmetrischen Krieg, soziale Netzwerke brachten die traditionsreichen klassischen Medien in Bedrängnis – die größte Revolution der Öffentlichkeit seit der Erfindung der Druckerpresse. Große digitale Plattformunternehmen wie Amazon oder Google eroberten die Poleposition der Weltwirtschaft, quer zu allen Grenzen und Hierarchien. Digitale Newcomer überholten in kürzester Zeit an der Börse Traditionsunternehmen, die viele Jahrzehnte an ihrem Aufstieg gearbeitet hatten. Disruption wurde zum hässlichen Synonym von »digital«. Dabei wird leicht übersehen, dass in jeder Krise die Chance für einen Neuanfang steckt, und manchmal erst der Zusammenbruch überalterter Strukturen den Weg für neue Ideen bahnt. Ein Blick nach China zeigt, wie unbelastet durch frühere Erfolge sich dort neue Geschäftsmodelle in Industrie und Wirtschaft durchsetzen konnten. Im sogenannten Leapfrogging überspringen Innovationen dort technologische Zyklen – zum Beispiel die Phase der stationären Computer: China hat so mit einem Satz das mobile Zeitalter erobert. Auf diese Weise konnte der frühere Low-Cost-Produzent in kurzer Zeit in der Klasse der High-End-Hersteller landen. Chinesen sind neugierig, flexibel und optimistisch. Ihre Geschäftsmodelle sind simpel, digital und skalierbar. Natürlich spielen dabei die staatliche Unterstützung und der Datenfluss eine große Rolle, der mehr oder weniger ungebremst erfasst und der Industrie zur Verfügung gestellt wird. Dass Deutschland und Europa andere Vorstellungen von demokratischen Rechten haben als China ist selbstverständlich. Doch die hiesige Debatte über Datenschutz fällt ideengeschichtlich in das vergangene Jahrhundert. So wie er zum Beispiel aus dem deutschen Grundgesetz abgeleitet wird, dient er ausdrücklich dem Schutz der individuellen Privatsphäre und berücksichtigt in keiner Weise das Potenzial, das die Digitalwirtschaft zum Nutzen der Allgemeinheit aus dem Rohstoff Daten freisetzen könnte. Diese Diskussion muss neu geführt werden und zwar rasch – denn ohne Daten gibt es keine neuen Geschäftsmodelle und keinen Fortschritt. Hinzu kommt, dass Deutschland sich wieder einmal in der Pufferzone zwischen zwei Großmächten befindet – nur dass sich der atlantische Partner USA zusehends aus Europa und der Nato zurückzieht und seine Interessen eher in die pazifische Region verlagert. Wie politisch und wirtschaftlich souverän kann Deutschland, kann Europa ohne den Big Brother sein, und welche technologischen Voraussetzungen sind dafür nötig? Das Internet wird sich über kurz oder lang teilen, so die Prognosen, in eine westliche und eine asiatische Hälfte, dominiert von den USA bzw. China. Dabei geht es nicht nur um Auseinandersetzungen wie um die auch in Amerika sehr erfolgreiche Kurzvideoplattform TikTok, die auf Druck der US-Regierung den Besitzer wechseln soll. Es geht auch um Sicherheitsrisiken, wie sie die USA in der Beteiligung des chinesischen Mobilfunkherstellers Huawei am 5G-Netz sehen, dem internationalen Marktführer auf diesem Sektor. Und es geht um technologische Schnittstellen und Standards, die enorme Bedeutung für die physische Welt haben, die zunehmend digital betrieben wird. Wo findet sich Deutschland in diesem Tech War wieder? Hier, zwischen Scylla und Charybdis, kommt die Frage nach der technologischen Souveränität Europas ins Spiel: Können wir es uns noch länger leisten, von einer kleinen Anzahl von Cloud-Anbietern abhängig zu sein? Müssen wir uns als Exportnation entscheiden, wen wir künftig mit unseren Produkten beliefern? Kann man ohne China überhaupt noch Geschäfte machen? Wollen wir das und unter welchen Voraussetzungen? Auf welchem Gebiet können wir der Macht der amerikanischen und chinesischen Hyperscaler, Cloudanbietern wie Google oder Alibaba, etwas entgegensetzen? Ohne europäische Einigung und ohne Bündelung der wirtschaftlichen Kräfte in der EU werden sich diese Fragen nicht beantworten lassen. Wir brauchen also eine tabufreie und ungeschminkte Auseinandersetzung über die wirtschaftliche und politische Zukunft Europas. Wir brauchen mutige Ideen, wie beispielweise den Vorschlag, ein militärisches Cyber-Abwehrsystem unter Beteiligung von Airbus auf einer zweiten Schiene auch für die Industrie nutzbar zu machen. Wir brauchen ehrgeizige Ziele wie das, ein europäisches Hochgeschwindigkeits-Internet durch ein eigenständiges Satellitennetz zu ermöglichen. Die enormen Investitionen und Kredite, die jetzt den Sturzflug der Wirtschaft als Folge der Pandemie abfangen sollen, zeigen, dass die Gefahren erkannt werden und die Bereitschaft zu handeln da ist. Diese Finanzleistungen müssen auf der europäischen Ebene mit dem Green Deal und seinem Aktionsprogramm für Kreislaufwirtschaft verschränkt werden, die ein digitaler Innovationshub sind. Nur die Verbindung von der analogen mit der digitalen Welt kann die Probleme einer Welt lösen, in der Rohstoffknappheit, Klimawandel und nicht zuletzt planetare Gesundheit die wichtigsten Herausforderungen geworden sind. Dafür brauchen wir intelligente Infrastruktur. Aus Made in Germany muss Made in und Operated by Germany werden. Nur das kann der deutschen Wirtschaft neue Wertschöpfungspotenziale eröffnen und unser Land in die Zukunft führen. KAPITEL 1
Zeitenwende: das Ende der westlichen Dominanz?
Die Pandemie als Wendepunkt
Covid-19 verändert die Welt
Anfang Dezember 2019 erkrankten vier Personen im chinesischen Wuhan an einer Art Grippe. Das fiel kaum auf in einer Elf-Millionen-Stadt, deren Bahnhof täglich von Tausenden Menschen frequentiert wurde, die hierher zur Arbeit kamen, in andere Teile Chinas weiterreisten oder einkaufen wollten. Der beliebte Seafood Market war nur zwei Straßen von dem Verkehrsknotenpunkt entfernt. Ende des Monats gab es bereits Dutzende von Fällen einer viralen Lungenentzündung in Wuhan. Sie sprach nicht auf die üblichen Behandlungsmethoden an. Nach heutiger Schätzung waren es damals bereits mindestens 1000 Kranke, von denen jeder zwei oder drei weitere Menschen ansteckte. Am 31. Dezember informierte China die Weltgesundheitsorganisation von einer Epidemie, die man jedoch unter Kontrolle habe. Währenddessen machten sich Hunderte Millionen Chinesen auf, um mit ihren Verwandten und Freunden das chinesische...


Frank Riemensperger ist Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture für die Ländergruppe Deutschland, Österreich und Schweiz und Teil des Accenture Global Management Committee. Als Experte für Digitalisierung und komplexe IT-gestützte Business Transformation sitzt er im Senat der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech und im Präsidium des IT-Branchenverbandes Bitkom.

Svenja Falk ist Managing Director Accenture Research. Sie verantwortet Markt- und Trendstudien sowie die Strategieentwicklung zur Accenture-Agenda für Vorstände weltweit. Sie ist Expertin für digitale Geschäftsmodelle und Honorarprofessorin an der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie Fellow an der Hertie School, Berlin.


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