Rütter / Buisman | Angst bei Hunden mit Martin Rütter | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Rütter / Buisman Angst bei Hunden mit Martin Rütter

Umgang mit ängstlichen und traumatisierten Hunden

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-440-50544-1
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Furcht vor Donnergrollen, Panik beim Auto- oder Bahnfahren, Angst vor Artgenossen – ängstliche Hunde liegen Martin Rütter besonders am Herzen, denn diese leiden oftmals still und ihre Menschen mit ihnen. Auch Hunde aus dem Tierschutz, die mit einem neuen Lebensumfeld konfrontiert werden, sind häufig davon betroffen. Zusammen mit Co-Autorin Andrea Buisman erklärt der Hundeprofi, wie man die ersten Anzeichen von Angst und Unsicherheit erkennt, welche Ursachen dahinterstecken und welche Möglichkeiten es gibt, seinem Hund mehr Selbstvertrauen und damit mehr Lebensqualität zu geben.
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Traumata – wenn die Psyche leidet
Ein weiterer Begriff, der oft im Kontext mit Angst fällt, ist die Bezeichnung „Trauma“. Das Wort Trauma kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Wunde“ oder „Verletzung“. Beim medizinischen Trauma erfolgt eine Verwundung bzw. Verletzung eines Organismus durch eine Gewalteinwirkung von außen. Der Begriff bezeichnet nicht nur die Verletzung selbst, sondern auch die indirekten Auswirkungen der Verletzung auf den Organismus wie z.B. starken Blutverlust. Neben dem medizinischen Trauma gibt es aber auch das psychologische Trauma, auf das in diesem Buch Bezug genommen wird. Ein psychologisches Trauma bezeichnet entsprechend eine seelische Verletzung, die durch ein traumatisierendes Erlebnis hervorgerufen wurde. Dabei kann es sich z.B. um eine Naturkatastrophe, Krieg, Folter oder auch Vergewaltigung handeln. Ein Trauma entsteht also aus einer Situation mit extremer psychischer Belastung, für die der Betroffene – Hund wie Mensch – keine adäquate Bewältigungsstrategie kennt. Dabei können auch weniger dramatische Ereignisse wie persönliche Angriffe, andauerndes Mobbing oder Trennungen, zu einem psychischen Trauma führen, und zwar immer dann, wenn das Gefühl absoluter Hilflosigkeit entsteht. Bei Hunden kann ein Trauma z.B. durch plötzliches Erschrecken, Unfälle, physische und psychische Misshandlungen, wozu auch erzwungene Sexualität gehört, dauerhaften Entzug sozialer Zuwendung und zu guter Letzt auch durch unsachgemäßen Einsatz von Trainingsmitteln wie z.B. Disc-Scheiben oder Wurfketten erfolgen. Anonyme Korrekturen
Immer wieder liest man in Erziehungsratgebern für Hunde, dass diese bei unerwünschtem Verhalten, wenn der Hund z.B. Essen vom Tisch klaut, durch eine anonyme Korrektur bestraft werden sollen. Der Hund wird dabei in Versuchung geführt, indem ein Leckerbissen auf dem Tisch drapiert wird. Direkt daneben befinden sich mit Steinen gefüllte Rappeldosen oder zu einem wackeligen Turm aufgebaute Plastikschüsseln. Der Mensch verlässt nun den Raum oder das Haus. Versucht der Hund jetzt den Leckerbissen vom Tisch zu schnappen, fallen die Dosen oder Schüsseln mit lautem Geklapper herunter. Der Hund soll durch diesen Schreck so beeindruckt sein, dass er den Leckerbissen liegen lässt und auch künftig keine Lebensmittel mehr klaut. So weit die Theorie … Die Praxis sieht jedoch meist ganz anders aus. Selbstbewusste und auf Reize bzw. Geräusche gut sozialisierte Hunde werden lediglich kurz zur Seite springen. Sie warten ab, bis der Lärm sich gelegt hat. Nun ist der Weg frei, weitere Objekte befinden sich ja nicht neben dem begehrten Leckerbissen, der jetzt problemlos verzehrt werden kann. In diesem Fall hat die anonyme Korrektur keine Auswirkung, der Hund lernt nicht, dass er Lebensmittel nicht klauen soll, er wird aber auch nicht traumatisiert. Hat man nun aber einen weniger selbstsicheren, reizempfänglichen bzw. schlecht an visuelle/akustische Reize gewöhnten Hund, wird dieser vermutlich stark erschrecken, wenn die Dosen oder Schüsseln herunterfallen. Tatsächlich kann dies dazu führen, dass ein solcher Hund nie wieder versucht, Lebensmittel vom Tisch oder der Küchenanrichte zu klauen. Eigentlich doch prima, könnte man meinen. Die Gefahr besteht jedoch darin, dass der Hund so stark erschrickt, dass dies eine Traumatisierung auslöst. Denn der Hund hatte in diesem Augenblick nicht mit einem so massiven Reiz gerechnet, er wird scheinbar „aus dem Nichts heraus“ angegriffen. Dies kann dazu führen, dass er sich im eigenen Zuhause, das eigentlich Sicherheit bieten und Geborgenheit vermitteln soll, nicht mehr sicher fühlt. Die Möglichkeit, dass hieraus ein Trauma entsteht, ist groß. © Klaus Grittner/Kosmos Ein Leberwurstbrötchen in einem Turm aus Schüsseln soll den Hund in Versuchung führen, vom Tisch zu klauen. © Klaus Grittner/Kosmos Der Bracco Italiano-Rüde Enno lässt sich nicht lange bitten. Sobald er allein ist, klettert er auf den Stuhl. © Klaus Grittner/Kosmos Enno lässt sich durch die herunterfallenden Schüsseln kaum beeindrucken und wird wieder nach Essen suchen. Aus dieser Unsicherheit heraus kann sich eine generelle Angst vor dem Alleinbleiben entwickeln, da die unangenehme Erfahrung in dem Moment gemacht wurde, in dem sonst niemand zu Hause war. Vielleicht wird der Hund aber auch allgemein sehr schreckhaft. Für einen sehr umweltunsicheren Hund, der nur in seinem Zuhause entspannen kann, weil er sich dort sicher fühlt, wäre eine Verunsicherung nach eben beschriebenem Beispiel fatal. Er merkt, dass selbst in diesem letzten sicher geglaubten Fleckchen Erde Gefahren lauern. Dementsprechend muss er künftig auch hier auf der Hut sein, denn er weiß nicht, wann er wieder mit so unangenehmen Ereignissen zu rechnen hat. Die notwendigen Entspannungsphasen können nicht mehr stattfinden, der Hund leidet somit extrem. Direkte Korrektur durch den Menschen Viel sinnvoller ist daher bei dieser Problematik eine direkte Korrektur seitens des Menschen. Du legst dazu z.B. ein Brötchen auf den Tisch und wendest dich leicht ab. Versucht dein Hund nun, sich das Brötchen zu schnappen, drehst du dich um, fixierst deinen Hund und korrigierst ihn z.B. mit einem Schnauzgriff. Dabei fügst du ein deutliches „Nein“ oder „Lass es“ hinzu. Du benutzt zur Korrektur damit Signale, die dein Hund auch aus seiner Kommunikation mit Artgenossen kennt. Besitzt ein Hund einen Knochen, wird er diesen gegenüber einem anderen Hund durch Fixieren, lautes, tiefes Knurren und gegebenenfalls durch eine körperliche Korrektur verteidigen. Dein Hund weiß bei dieser Trainingsvariante aber genau, woher die Korrektur kam und vor allem wofür die Korrektur war. Er lernt, dass du es offensichtlich genauso wenig wie ein anderer Hund magst, wenn man dir dein Essen klaut. Und genauso wie unter Hunden üblich, kann der Anspruch auf eine Beute von dir auch aus einiger Distanz erhoben werden. Nur weil du vielleicht ein paar Schritte weggegangen bist, gibst du deinen Besitzanspruch auf das Essen nicht sofort auf. Lässt ein Hund jedoch Beute liegen und entfernt sich vollständig, gibt er sie damit automatisch für andere frei, er erhebt nicht weiter Anspruch darauf. Daher kann ein Hund nicht nachvollziehen, warum er Essen, das einfach so herumliegt, während du das Haus verlassen hast, nicht aufnehmen darf. Dass ein Hund keine Lebensmittel klaut, während sein Mensch anwesend ist, kann man ihm also problemlos beibringen. Tendiert dein Hund aber dazu, Nahrung „zu klauen“, wenn du nicht Zuhause bist, gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit: Du musst viel ordentlicher werden und deine Nahrungsmittel, sowie alles, was dein Hund als essbar ansieht, sicher aufbewahren und wegräumen, bevor du das Haus verlässt. © Klaus Grittner/Kosmos Arjuna ist am Frühstücksbrötchen interessiert und überlegt, ob sie wohl einen Happen ergattern kann. © Klaus Grittner/Kosmos Ein fixierender Blick von Nicole genügt, um Arjuna zu korrigieren. Beschwichtigend wendet sie sich vom Brötchen ab. Folgen eines Traumas
Unmittelbare Folge eines Traumas ist ein Nervenzusammenbruch, der, etwas fachlicher ausgedrückt, auch akute Belastungsreaktion genannt wird. Menschen wirken hierbei wie betäubt und führen Handlungen durch, die unangebracht oder vollkommen sinnlos erscheinen. Begleitet werden diese Reaktionen von allgemeinen Stresssymptomen wie z.B. Schwitzen, Zittern oder Herzrasen. Hunde neigen in diesen Momenten zu ähnlichen, scheinbar sinnlosen Handlungen. Sie führen Übersprunghandlungen aus, wie z.B. Sich-Kratzen, Ziellos-auf-dem-Boden-Schnuppern oder Gähnen. In Bezug auf körperliche Symptome sind dabei vor allem Zittern sowie Hecheln auffällig. Die darauf folgende Phase ist der Verarbeitung gewidmet, in der die Beschwerden abnehmen. Eine akute Belastungsreaktion dauert in der Regel nur wenige Stunden bis Tage, selten auch länger, es bedarf in der Regel keiner therapeutischen Behandlung. Halten die Symptome jedoch länger als vier Wochen an, spricht man von einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), bei der es sich beim Menschen um eine therapiebedürftige Erkrankung handelt. Der Betroffene erinnert sich bei einer posttraumatischen Belastungsstörung immer wieder an das Ereignis, er erlebt es wiederholt. Außerdem werden Situationen vermieden, die dem belastenden Ereignis ähneln. Es werden Symptome allgemeiner psychischer Belastung gezeigt, wie z.B. Schlafstörungen, erhöhte Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder starke Reizbarkeit. Ob ein Hund sich immer wieder an das Ereignis erinnert, wird man nur schwer feststellen können. Die übrigen Symptome lassen sich auch beim Hund feststellen. Hunde zeigen nach einem traumatischen Ereignis die Vermeidung ähnlicher Situationen sowie Symptome wie Schreckhaftigkeit oder Reizbarkeit. Auch das Unvermögen, sich längere Zeit zu konzentrieren, kann beim Training eines Hundes auffallen. © Klaus Grittner/Kosmos Beim Ausflug in den Park kann der drei Monate alte Dobermann Bentley viele Reize in Ruhe kennenlernen. Entscheidend ist die Persönlichkeitsstruktur Ob eine Situation für einen Hund traumatisierend wirkt, hängt von verschiedenen Kriterien ab. Die Struktur der Persönlichkeit ist dabei entscheidend für die Erlebnisverarbeitung und nicht etwa die Situation, in der es zu dem Trauma kommt. Das bedeutet, dass man keine Wertigkeit von Traumaauslösern erstellen kann. So kann ein herunterfallender Kochtopfdeckel stärker traumatisieren als ein Angriff eines anderen Hundes – je nach Persönlichkeitsstruktur des Traumatisierten....


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