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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 384 Seiten

Reihe: Jan-Fabel-Serie

Russell Tiefenangst

Thriller

E-Book, Deutsch, Band 6, 384 Seiten

Reihe: Jan-Fabel-Serie

ISBN: 978-3-8412-1335-8
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Polizei nennt ihn den Network-Killer. Er sucht sich seine Opfer im Internet, ausnahmslos Frauen. Anschließend lockt er sie zu sich, vergewaltigt und erdrosselt sie und wirft sie ins Wasser. Hauptkommissar Jan Fabel und sein Team widmen ihre ganze Aufmerksamkeit den brutalen Morden. Eines Tages taucht eine weitere Wasserleiche auf: eine Frau, angespült am Hamburger Fischmarkt, nach dem großen Sturm. Der Leiche fehlen sämtliche Gliedmaßen. Ist sie ebenfalls ein Opfer des Network-Killers? Jan Fabel vertieft sich in den Fall. Wie sich herausstellt, führt die Spur zu einer Organisation, die noch viel skrupelloser ist als der Network-Killer ...

Craig Russell, Jahrgang 1956, wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, seine Bücher wurden in 23 Sprachen übersetzt. Er hat sich schon als Student für deutsche Kultur interessiert und lebt in der Nähe von Edinburgh.Im Aufbau Taschenbuch sind die Romane um den Hamburger Ermittler Jan Fabel lieferbar: »Blutadler«, »Wolfsfährte« und »Auferstehung« sowie sein Roman über das Prag der dreißiger Jahre »Wo der Teufel ruht«.
Die Romane »Brandmal«, »Carneval«, »Walküre« und »Tiefenangst« sind als E-Books bei Aufbau Digital erhältlich.
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5.
Jan Fabel wachte auf. Nach und nach. Er hatte geträumt. Davon, dass er in dem Haus in Norddeich, in dem er aufgewachsen war, im alten Arbeitszimmer seines Vaters saß und sich mit einem jungen Mann unterhielt, der, wie Fabel wusste, tot war und das ebenfalls wusste. Fabel wollte den Traum hinter sich lassen und ihn vergessen. Langsam tauchte er aus den Tiefen seines Schlafes auf und wurde sich des Klanges von Stimmen bewusst. Der Radiowecker. NDR. Eine Debatte. Eine der Stimmen schien er zu kennen. Einen Moment lang betrachtete er die Decke, fügte die vom Schlaf zerstreuten Stücke seines Bewusstseins zusammen und versuchte zu erfassen, wovon die Stimme im Radio sprach. Und wem sie gehörte. Fabel begriff, dass er die Männerstimme tatsächlich aus irgendeinem Bereich seiner wachen Welt kannte, doch er war noch zu schläfrig, um sie zu identifizieren. Er rollte sich auf die Seite; Susanne hatte ihm den Rücken zugewandt. Fabel schüttelte ihre Schulter, und sie gab ein Geräusch von sich, das zwischen schläfriger Zufriedenheit und Ärger lag. »Zeit aufzustehen«, sagte er. Ein weiteres leises, nun schläfrig unzufriedenes Murmeln. Er schwenkte die Beine nach draußen und setzte sich auf den Bettrand. Berthold Müller-Voigt. Das war die Stimme des Mannes im Radio. Er war sicher gewesen, dass er sie nicht zum ersten Mal hörte. Müller-Voigt war Umweltsenator in Hamburg und jemand, mit dem er früher zu tun gehabt hatte. Fabel runzelte die Stirn und schob sich das blonde Haar aus den Augen. Er schüttelte Susanne erneut: noch eine mürrische Reaktion. Nachdem er den Radiowecker abgeschaltet hatte, stand er auf, streckte sich und schlurfte zur Dusche. Susanne und er lebten seit mehr als zwei Jahren in dieser Wohnung zusammen, doch er musste sich frühmorgens noch immer an ihren Grundriss gewöhnen. Er duschte und rasierte sich und zog sich an. Rollkragenpullover, teure englische Tweedjacke, Chinos, feste Schuhe. Gerade hatte er Kaffee gekocht, als Susanne, immer noch im Morgenmantel, in die Küche kam. Ihr dichtes dunkles Haar fiel ihr ins Gesicht und bekundete ihren anhaltenden Widerwillen, sich dem Tag zu stellen. »Du wirst dich verspäten«, sagte Fabel. Er meinte damit, dass sie sich verspäten würden. Susanne arbeitete gewöhnlich in ihrem Büro im Institut für Rechtsmedizin in Eppendorf, doch an zwei Tagen in der Woche war sie dem Polizeipräsidium zugeordnet. An solchen Tagen benutzten beide nur ein Auto, und an solchen Tagen regte Fabel sich immer über ihre Saumseligkeit auf. Heute Morgen war er noch nervöser, denn Susanne würde an einem Seminar im Bundeskriminalamt in Wiesbaden teilnehmen, und er hatte ihr angeboten, sie zum Flughafen zu fahren, damit sie den Frühmorgenflug nach Frankfurt erwischte. »Ich schaffe es schon.« Sie griff nach der Tasse Kaffee, die er ihr hinhielt, und lehnte sich an den Küchentresen. »Hast du gut geschlafen?«, fragte sie. »Der verflixte Sturm hat mich die halbe Nacht wach gehalten.« »Ich glaube, er hat mich geweckt«, log Fabel. Es war nicht der Sturm gewesen, der ihn mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen hatte, aber sie sprachen nicht mehr über seine Träume. Seine Albträume. Susanne schaltete das kleine Fernsehgerät in der Küche an. Es war einer der Kompromisse, die Fabel akzeptiert hatte. Er selbst war kein großer Fernsehfan und hatte nie verstanden, weshalb manche Menschen mehr als ein Gerät in ihrer Wohnung benötigten. Doch eines Tages war er von der Arbeit zurückgekehrt und hatte ihn auf dem Tresen vorgefunden. Einen neuen, glänzenden Eindringling in seine Welt. Ein Fait accompli, einen weiteren Hinweis darauf, dass er seine Wohnung und sein Leben nun mit jemandem teilte. »Sieh mal«, sagte Susanne. Im Fernsehen wurde über schwere Überschwemmungen an sämtlichen Elbufern berichtet. Ein Teil des Filmmaterials handelte von den Flutsperren, die am Hafen und am Fischmarkt errichtet worden waren. Der Reporter sprach mit geübter Eindringlichkeit in die Kamera. »Ein Glück, dass wir heute Morgen nicht über die Elbchaussee fahren«, meinte Susanne. »Trotzdem könnte es auf der Strecke zum Flughafen Probleme geben. Womöglich wird der Verkehr durch die Umleitungen dichter. Wir müssen ein bisschen früher aufbrechen«, erwiderte Fabel und schaute demonstrativ auf seine Uhr. Susanne verzog das Gesicht und widmete sich wieder genüsslich ihrem Kaffee. »Ich rufe lieber in Fuhlsbüttel an, um die Flugzeiten zu checken.« Fabel griff nach dem Telefon. »Warum denn?«, fragte Susanne, die Kaffeetasse am Mund. »Mach’s doch online.« »Man kann nie wissen, wann diese Dinge aktualisiert werden«, sagte Fabel. »Mit einem Menschen hat man wenigstens …« Susanne schnaubte. »Mit einem Menschen? Wir reden doch von jemandem, der in einem Flughafen arbeitet. Glaub mir, der Computer ist weniger roboterhaft. Also gut, ich kümmere mich darum, wenn ich angezogen bin. Ich verstehe einfach nicht, warum du so technikfeindlich bist.« »Ich bin nicht technikfeindlich«, murmelte Fabel. »Ich bin traditionell. Aber ich will gern zugeben, dass ich nicht gerade begeistert vom digitalen Zeitalter bin. Nehmen wir den sogenannten Network-Killer, hinter dem wir her sind … Oder das Chaos, das durch das Vertrauen auf Computer ausgelöst wird. Wir haben alle möglichen Memos über das Klabautermann-Virus erhalten, das ins E-Mail-System der Stadt Hamburg eingehackt worden ist.« Susanne lachte. »Man kann ein Virus nicht einhacken. Wieso hast du eigentlich überlebt, als der Meteor aufprallte?« »Was für ein Meteor?«, fragte Fabel gereizt. »Du weißt doch: derjenige, der all die anderen Dinosaurier ausgerottet hat …« Susanne lachte über ihren Scherz. »Egal, nach meinen Informationen hat das Klabautermann-Virus die Sicherheit der Polizei Hamburg nicht gefährdet. Wir haben es auch im Institut für Rechtsmedizin, und es ist eine Plage, das muss ich zugeben. Aber wir konnten Kopien von all unseren E-Mails machen, bevor es zuschlug.« »Ich habe eine einfachere Lösung. Sie hat mit Ausdrucken und Papier zu tun.« »Tatsächlich?« Susanne setzte ihre Tasse ab und schlenderte mit schwingenden Hüften an ihm vorbei. »Dann brauchten wir uns keine Sorgen mehr über Klabautermann-Viren oder Systemabstürze zu machen … sondern nur über kleine Bücherwürmer wie dich, stimmt’s, Schatz?« Sie zerzauste im Vorbeigehen sein Haar. Fabel runzelte die Stirn.   Es hatte aufgehört zu regnen, als Fabel und Susanne sich der Stelle näherten, wo er sein BMW-Cabriolet geparkt hatte, aber der Himmel, der die Farbe von Schiffsstahl hatte, war finster und schwer. »Noch ein beschissener Tag«, sagte Susanne düster. Sie schloss die Autotür und fluchte, als Regenwasser vom Dach in ihr Haar tröpfelte. »Diese Kiste hat ein Leck, weißt du das?« »Das ist nie ein Problem gewesen«, murrte Fabel. »Bei meiner alten Wohnung hatte ich einen überdachten Parkplatz.« Susanne ignorierte seine Bemerkung. »Du solltest wirklich daran denken, den Wagen gegen einen neuen in Zahlung zu geben. Er ist bestimmt schon zehn Jahre alt. Du lässt dich dauernd über die Umwelt aus, aber dieses Auto kann nicht so benzinsparend oder umweltfreundlich sein wie die heutigen Modelle.« »Es erfüllt seinen Zweck«, erwiderte Fabel und manövrierte den Wagen aus der Parklücke hinaus. »Außerdem sehe ich nicht ein, weshalb es umweltfreundlich sein soll, sich ständig neue Autos zu kaufen. Aber wenn du so grün bist, weshalb fliegst du dann nach Frankfurt? Du hättest mit dem Zug fahren können.« »Du bist der Baumliebhaber, nicht ich.« Sie grinste boshaft. »Wahrscheinlich weil du kaum einen Baum gesehen hast, als du auf den guten alten Ebenen von Ostfriesland groß geworden bist. Der Wind muss sie alle umgeblasen haben.« »Wir hatten Bäume. Vielleicht nicht so viele wie bei euch im finstersten Bayern, aber wir hatten Bäume.« »Wir erst recht«, sagte Susanne. »Ganze Wälder voll. Und Berge. Du weißt doch, was ein Berg ist, Friesenjunge? Ein wirklich, wirklich, wirklich großer Deich.« »Sehr komisch.« »Es überrascht mich, dass du nach Hamburg gezogen bist. Hier sind wir doch mindestens zwei Meter über dem Meeresspiegel. Blutet dir nicht die Nase?« Fabel lachte. »Wenn Leute wie du dauernd Inlandflüge machen, werden wir schon früh genug unter dem Meeresspiegel sein.« »Und ich werde mit dem Schiff reisen. Oder mit einem U-Boot.« Susanne stimmte die Melodie von Yellow Submarine an und lächelte vergnügt. Fabel wollte sich nicht durch die Stadt kämpfen und schlug den Weg über die Behringstraße und die A7 ein. Während sie sich der Abfahrt näherten, bemerkte er ein riesiges Plakat am Straßenrand: das Bild einer turbulenten See unter einem stürmischen Himmel. Ein kleiner, ferner Leuchtturm warf einen Lichtstrahl über das Wasser. Darunter war eine Art Logo zu sehen: die Worte THE PHAROS ENVIRONMENTAL PROJECT, auf Englisch, daneben ein, wie es schien, stilisiertes Auge. Die Parole unter der Überschrift verhieß in deutscher Sprache: Der Sturm kommt. »Glaubst du, dass die Sache ernst zu nehmen ist?«, fragte Susanne unvermittelt, während ein mächtiger Mercedes-Geländewagen an ihnen vorbeidonnerte. »Welche denn?« »Der anthropogene Klimawandel«, ergänzte Susanne und bog den Rückspiegel in ihre Richtung, um sich Lippenstift aufzutragen. »Meinst du,...


Russell, Craig

Craig Russell, Jahrgang 1956, wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, seine Bücher wurden in 23 Sprachen übersetzt. Er hat sich schon als Student für deutsche Kultur interessiert und lebt in der Nähe von Edinburgh.

Im Aufbau Taschenbuch sind die Romane um den Hamburger Ermittler Jan Fabel lieferbar: »Blutadler«, »Wolfsfährte« und »Auferstehung« sowie sein Roman über das Prag der dreißiger Jahre »Wo der Teufel ruht«.
Die Romane »Brandmal«, »Carneval«, »Walküre« und »Tiefenangst« sind als E-Books bei Aufbau Digital erhältlich.


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