Sachse / Batra / Philipsen | Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 174 Seiten

Sachse / Batra / Philipsen Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen

Eine verhaltenstherapeutisch-klärungsorientierte Anleitung

E-Book, Deutsch, 174 Seiten

ISBN: 978-3-17-039764-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Menschen mit Persönlichkeitsstörungen stellen Therapeuten oft vor schwierige Aufgaben, da sie zumeist kaum Änderungsmotivation oder Problembewusstsein aufweisen, Therapeuten in problematische Interaktionen und Manipulationen verwickeln sowie diese testen. Das Buch zeigt auf, wie mit diesen speziellen Herausforderungen umgegangen werden kann, indem aus einem allgemeinen Störungsmodell der Persönlichkeitsstörungen therapeutische Prinzipien und Strategien für einen erfolgreichen Therapieprozess abgeleitet werden. Ein Schwerpunkt liegt auf der Beobachtung und dem gezielten Einsatz non- und paraverbaler Signale. Die praktischen Hilfestellungen werden mit zahlreichen Beispielen untermalt.
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3          Therapie von Persönlichkeitsstörungen
      3.1       Grundsätzliche Aspekte
Aus den geschilderten Gründen unterscheidet sich die Therapie von PD sehr stark von der Therapie sogenannter »Achse-I-Störungen« wie Ängsten oder Depressionen, vor allem in den ersten zwei Phasen der Therapie. Daher sollte ein Therapeut eine PD auch möglichst früh und möglichst sicher erkennen, um seine Therapie so schnell wie möglich darauf abzustimmen. D. h. der Therapeut sollte schnell eine Hypothese entwickeln, diese dann systematisch prüfen, elaborieren usw. Wichtig ist dabei: Eine diagnostische Hypothese dient nicht der »Kategorisierung« oder gar Pathologisierung von Klienten, sondern nur dazu, therapeutische Strategien valide abzuleiten! Gravierende Unterschiede zwischen PD und sogenannte »Achse-I-Störungen« sind: •  Ein PD-Klient will in hohem Maß eine bestimmte Art von Beziehung vom Therapeuten, d. h. er erwartet eine bestimmte Art von Beziehungsgestaltung vom Therapeuten. •  Aufgrund seiner negativen Selbst- und Beziehungsschemata weist der Klient ein bestimmtes Ausmaß von Misstrauen dem Therapeuten gegenüber auf: Er nimmt an, dass das, was die Schemata besagen, auch in der Therapie passieren wird. •  Damit hat er zunächst nur geringes Vertrauen in die Person und Kompetenz des Therapeuten. •  Ein PD-Klient zeigt zu Therapiebeginn so gut wie keine Änderungsmotivation; stattdessen zeigt er eine Kosten-Reduktionsmotivation oder sogar eine Stabilisierungsmotivation. •  Ein PD-Klient realisiert dem Therapeuten gegenüber praktisch sofort manipulatives Handeln. Vor allem realisiert der Klient bestimmte Images und Appelle. •  Ein PD-Klient realisiert unter Umständen Interaktionstests oder erzeugt schwierige Interaktionssituationen. •  Ein PD-Klient reagiert aufgrund seiner Schemata auf bestimmte Arten von Interventionen hoch empfindlich. Ein Therapeut benötigt deshalb bei Klienten mit PD von Therapiebeginn an spezifische therapeutische Strategien. Diese sind aufwendig, schwierig und deren Wirkung braucht meist Zeit. Aus diesen Gründen sollte ein Therapeut, sobald er die Hypothese PD hat, seine Therapie systematisch darauf ausrichten! Natürlich muss er sich immer der Tatsache bewusst bleiben, dass die Diagnose eine Hypothese ist und bleibt und nie zur »Wahrheit« wird: Dennoch muss er sich an solchen Hypothesen orientieren, um handlungsfähig zu sein. 3.2       Therapie-Phasen
Es wird davon ausgegangen, dass sich die Therapie von Klienten mit Persönlichkeitsstörungen in Phasen vollziehen sollte. Jede Therapiephase ist dabei durch bestimmte therapeutische Schwerpunkte gekennzeichnet: In jeder Phase verfolgt der Therapeut bestimmte therapeutische Prozess-Ziele mit bestimmten Strategien. Sind diese Ziele erreicht, dann geht der Therapeut zur nächsten Phase über, in der er neue therapeutische Ziele mit neuen, anderen therapeutischen Strategien verfolgt. Es ist unserer Erfahrung nach wichtig, sich als Therapeut an die Reihenfolge der Prozessziele zu halten, um therapeutische Effekte zu erzielen; Therapeuten, die dies nicht tun, scheitern unserer Erfahrung nach immer, da sie die Voraussetzungen zur Durchführung bestimmter Strategien nicht geschaffen haben und Klienten mit ungenügender Compliance reagieren. In jeder der Phasen realisiert der Therapeut therapeutische Strategien auf der Beziehungs-, Inhalts- und Bearbeitungsebene; allerdings wechseln die Schwerpunkte: Während in Phase 1 Strategien auf der Beziehungsebene dominieren, ist die 2. Phase durch Inhalts- und Bearbeitungsstrategien geprägt und in der 3. und 4. Phase stehen Inhaltsstrategien im Vordergrund. Die Phasen sind im Überblick: •  Phase 1: Komplementäre Beziehungsgestaltung •  Phase 2: Entwicklung eines Arbeitsauftrages •  Phase 3: Klärung •  Phase 4: Bearbeitung von Schemata •  Phase 5: Transfer 3.2.1     Phase 1: Beziehungsgestaltung
In der ersten Phase der Therapie geht es primär, aber natürlich nicht nur, um eine Beziehungsgestaltung; nämlich zunächst einmal um eine allgemeine und, sobald das möglich ist, um eine komplementäre Beziehungsgestaltung. Verhalten sich Therapeuten zu diesen Beziehungswünschen komplementär, dann schaffen sie ein hohes Ausmaß von Beziehungskredit (vor allem im Sinne von personalem Vertrauen, aber auch im Sinne von Kompetenzvertrauen): Der Klient geht davon aus, dass der Therapeut »ihm nichts will«, dass der Therapeut »nicht bedrohlich« ist, dass der Therapeut »auf seiner Seite ist« und ihm »wirklich helfen will«. Dies ist die Voraussetzung für jede Art von therapeutischer Mitarbeit, von Compliance: Klienten lassen sich nur dann auf Klärung, auf therapeutische Strategien, auf Veränderungsprozesse und vor allem auf Konfrontationen ein, wenn sie diese Art von personalem Vertrauen zum Therapeuten entwickelt haben. Der Therapeut schafft auch so viel Beziehungskredit, dass er sich schließlich »konfrontative Interventionen leisten« kann. Ein Therapeut sollte in der ersten Phase (als Vorbereitung für Phase 3) auch immer wieder versuchen, die Perspektive des Klienten zu internalisieren, also auf innere Prozesse des Klienten zu lenken. Dabei regt ein Therapeut den Klienten dazu an, seine Perspektive nach innen zu lenken, auf das, was er denkt, fühlt, möchte, will. Dies kann er durch Fragen tun wie: •  Was löst die Situation in Ihnen aus? •  Was geht Ihnen in Situation X durch den Kopf? •  Was empfinden Sie in Situation X? •  Was hätten Sie in Situation X gerne getan? usw. Auch hier regt der Therapeut Internalisierungen als Angebote wieder und wieder an, bis der Klient irgendwann darauf eingeht und der Therapeut dann einen Klärungsprozess initiieren kann. Internalisierungen verwendet der Therapeut somit auch als Marker: Mit ihnen markiert der Therapeut (auch dann, wenn der Klient nicht auf diese Fragen eingeht), •  dass der Klient sich mit internalen Prozessen beschäftigen sollte; •  dass der Therapeut die Beachtung dieser Prozesse für wichtig hält und auch •  dass der Klient bemerkt, dass er auf diese Fragen keine Antwort weiß und dass das ein Hinweis auf unklare Probleme sein könnte. Ein Marker ist damit eine Intervention, von der ein Therapeut annehmen kann, dass ihre Wirkung kumulativ entsteht, d. h. dass sie langfristig wirkt, wenn und falls sie vom Therapeuten immer wieder angewandt wird!   Marker wirken in aller Regel nicht sofort: Der Therapeut muss sie sehr oft verwenden, bevor sie Wirkung zeigen. Aber sie zeigen Wirkung! Sie zeigen allerdings auch nur dann Wirkung, wenn man sie realisiert! Interaktionelle Tests werden von Klienten meist zu Beginn der Therapie realisiert. Daher treten die meisten Tests während der Therapiephase 1 auf. Deshalb gehört es auch zu den Aufgaben von Therapeuten in dieser Phase, Tests zu bestehen. 3.2.2     Phase 2: Entwicklung eines Arbeitsauftrages
Persönlichkeitsstörungen müssen, wie ausgeführt, als ich-syntone Störungen aufgefasst werden. Damit sind die Klienten, die mit Persönlichkeitsstörungen in Therapie kommen, aber im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsstörung nicht änderungsmotiviert und haben infolgedessen im Hinblick auf diese Störung auch keinen Arbeitsauftrag: Sie wollen nicht an der Veränderung der Persönlichkeitsstörung arbeiten und sie weisen bei entsprechenden Interventionen des Therapeuten auch keine Compliance auf. Ohne Arbeitsauftrag kann ein Therapeut aber gar nicht an der Veränderung einer Störung arbeiten: Ohne Arbeitsauftrag gibt es keine sinnvolle Therapie. Daher gilt: Soll an einer Veränderung der Persönlichkeitsstörung gearbeitet werden, muss zunächst ein Arbeitsauftrag (eine Änderungsmotivation) geschaffen werden. Wenn Klienten sich der Mühe unterziehen wollen und sollen, ihr System zu klären und zu modifizieren, dann...


Prof. Dr. phil. Rainer Sachse, Psychologischer Psychotherapeut, Supervisor und Dozent, ist Leiter des Instituts für Psychologische Psychotherapie (IPP) in Bochum.


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