Sachse / Kiszkenow-Bäker | Komorbiditäten bei Persönlichkeitsstörungen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 11, 115 Seiten

Reihe: Praxis der Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen

Sachse / Kiszkenow-Bäker Komorbiditäten bei Persönlichkeitsstörungen

E-Book, Deutsch, Band 11, 115 Seiten

Reihe: Praxis der Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen

ISBN: 978-3-8444-2995-4
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Diagnostik und Therapie von Persönlichkeitsstörungen stellen Therapeuten stets vor besondere Herausforderungen. Liegt darüber hinaus eine Komorbidität mit einer anderen Persönlichkeitsstörung oder einer weiteren psychischen Störung vor, gilt dies umso mehr.
Daher werden zu Beginn des Buches die besonderen Probleme bei der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen dargestellt und Lösungen erörtert. Anschließend wird ausführlich auf das Problem der Komorbiditäten eingegangen: Was Komorbiditäten psychologisch, diagnostisch und therapeutisch bedeuten und wie Therapeuten konstruktiv damit umgehen können. Es werden die speziellen Probleme bei besonders häufig auftretenden Komorbiditäten ausführlich behandelt: Wie Therapeuten schwierige Interaktionen bewältigen können und was sie therapeutisch besonders beachten sollten.
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|38|3 Das Komorbiditätsproblem
Rainer Sachse und Stefanie Kiszkenow-Bäker 3.1 Was sind und was bewirken Komorbiditäten?
Komorbidität bedeutet zunächst einmal nur, dass zwei (oder mehrere) psychische Störungen bei einer Person gleichzeitig vorhanden sind: Oder, besser gesagt, dass sie gleichzeitig diagnostiziert werden. Die Person hat damit nicht nur eine, sondern zwei (oder mehr) Störungen gleichzeitig. Wie wir sehen werden, ist dieser Zustand in der Psychotherapie nicht nur häufig, sondern auch noch relevant (Cramer et?al., 2006; Habermeyer & Herpertz, 2009; Torgersen et?al., 2001). Mit „Komorbidität“ ist noch nichts darüber ausgesagt, ob oder wie die Störungen in Wechselwirkung stehen, sondern erst einmal nur, dass sie gemeinsam existieren. Psychologisch gesehen erscheint es aber sehr unwahrscheinlich, dass zwei (oder mehrere) Störungen einfach nur parallel existieren, ohne aufeinander einzuwirken: Man muss vielmehr davon ausgehen, dass sie in einer Wechselwirkung stehen. Denn sie werden ein System bilden, in dem die Einzelstörungen wesentliche Komponenten sind (Haken & Schiepek, 2010; Schiepek, 1991; Schiepek et?al., 1992; Schiepek & Strunk, 1994; Schiepek & Tschacher, 1997; Strunk & Schiepek, 2014). Und in dem Fall ist die Frage, die man beantworten muss, nicht einfach nur die Frage, ob es zwei (oder mehr) Störungen gibt; die eigentlich interessante Frage ist, wie diese Störungen aufeinander oder auf andere Prozesse einwirken: Also die Frage, wie genau die Störungen in einer Wechselwirkung stehen. Dies ist, wie man sofort erkennen kann, eine äußerst komplexe Frage, und es gibt dazu noch kaum Forschungen. Man kann aber durchaus versuchen, aufgrund therapeutischer Erfahrungen und aufgrund theoretischer Überlegungen einige (vorläufige) Antworten darauf zu geben. Was aber natürlich sofort einleuchtet: Ob sich die Störungen nun gegenseitig beeinflussen oder nicht, das Vorliegen von Komorbiditäten kompliziert auf alle Fälle das Problem (vgl. Crawford et?al., 2008; Hansen et?al., 2003; Holt et?al., 1992; Johnson et?al., 1999, 2005, 2006a, 2006b; Kasen et?al., 2001; Newton-Howes et?al., 2006; Skodol et?al., 2005): Es kompliziert schon die Diagnostik, da man eben mehrere Störungen erfassen muss und weil die Störungen, wenn es sich um Persönlichkeitsstörungen handelt, auch noch ähnlich sein können. Es kompliziert aber vor allem die Therapie: Denn man muss nun entscheiden, mit welcher Störung man die Therapie beginnt, ob die Therapiemaßnahmen mit beiden Störungen kompatibel sind etc. |39|Richtig kompliziert wird es aber bei Wechselwirkungen: Denn dann beeinflussen sich die Störungen gegenseitig, und damit kann die therapeutische Bearbeitung der einen Störung positive wie negative (!) Auswirkungen auf die andere Störung haben! Für Therapeuten ist es daher wichtig zu wissen, welche Störungen häufig komorbide sind: dies ist eine wichtige Heuristik, um keine zu übersehen; welche psychologischen Konsequenzen diese Komorbidität im System des Klienten hat, also vor allem, ob und wenn ja, wie die Störungen wechselwirken; dies ist äußerst wichtig für die Bildung eines Klienten-Modells; welche therapeutischen Konsequenzen aus einer Komorbidität resultieren: mit welcher Störung man warum beginnen sollte, was sich daraus für die Beziehungsgestaltung, Bearbeitung etc. ergibt. 3.2 Der empirische Nachweis von Komorbiditäten
Seit einiger Zeit ist in der Forschung und Praxis klar, dass Klienten in aller Regel nicht nur einzelne, isolierte Störungen haben, sondern dass sie mehrere Störungen gleichzeitig aufweisen: Diese Tatsache wird „Komorbidität“ genannt (was wegen des Begriffs „morbid“ sehr unschön, aber gängig ist). Die Tatsache, dass Störungen „parallel“, gleichzeitig auftreten können, ist empirisch gut abgesichert. Es ist sogar deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein gegebener Klient mehr als eine Störung aufweist, höher ist. als dass er eine isolierte Störung aufweist. Daher ist es von großer therapeutischer Bedeutung, komorbide Störungen nicht zu übersehen und nicht zu ignorieren: Welche Konsequenzen man dann daraus zieht, ist eine zweite Entscheidung. Zunächst einmal muss man erkennen, dass es eine gibt. Supervisionserfahrungen zeigen aber, dass Therapeuten in hohem Maße dazu neigen, sich mit der ersten Diagnose zufriedenzugeben und dann die Diagnostik abzubrechen: Das kann, wie wir sehen werden, fatale Konsequenzen für die Therapie haben! Empirische Forschung zum Komorbiditätsproblem ist keineswegs ausgereift: Die Untersuchungen sind auch stark abhängig von den verwendeten Diagnostik-Instrumenten, der Stichprobe etc., sodass die Ergebnisse nur schwer generalisierbar sind. Dennoch stellen die Forschungsergebnisse wichtige Heuristiken dar, also Wissensbasen und „Sachmodelle“, mit deren Hilfe Therapeuten Hypothesen darüber bilden können, welche anderen Störungen beim Vorliegen einer bestimmten Störung noch vorliegen könnten: Das hilft dabei, relevante Störungen nicht zu übersehen. Dann müssen die Therapeuten aber in jedem Fall noch genau diagnostizieren, ob die erwartete Störung auch tatsächlich vorliegt oder ob noch eine andere Störung vorliegt. Heuristiken bringen Therapeuten auf Ideen, Spuren und Hypothesen: Erst dann beginnt die eigentlich diagnostische Arbeit! |40|3.3 Komorbiditäten von Persönlichkeitsstörungen untereinander
Die Wahrscheinlichkeit von Komorbiditäten von Persönlichkeitsstörungen untereinander ist sehr hoch: Erhalten Klienten die Diagnose einer PD, besteht eine 80?% Wahrscheinlichkeit (!) dafür, dass sie auch eine zweite Diagnose erhalten (Fiedler & Herpertz, 2016). In einer Untersuchung von Stuart et?al. (1998) wurde erfasst, welche Komorbiditäten es von verschiedenen PD untereinander gibt. (Man muss bedenken, dass es bei epidemiologischen Studien immer große Schwankungen gibt: Die Ergebnisse sind daher eher als „grobe Schätzungen“ zu betrachten.) Tabelle 1 gibt die Ergebnisse wieder. (Die Ergebnisse geben die Daten für Psychiatrie-Patienten wieder. Sie sind jedoch an unserer Institutsambulanz sehr ähnlich.) Man erkennt, dass es relativ hohe Komorbiditätsraten gibt. Besonders hohe Komorbiditäten treten auf zwischen: NAR und HIS:?73,1 SU und STYP: 72,2 PAR und STYP: 66,7 SU und SCH: 62,5 SU und DEP: 59,2 SU und ZWA: 53,0 SU und PAS:?51,6 BOR und ANT: 51,1 HIS und BOR: 50,9 DEP und BOR: 49,1 SU und PAR: 47,7 HIS und PAS:?46,0 Sehr niedrige Komorbiditäten bestehen dagegen zwischen: SCH und HIS:?3,4 SCH und ANT: 4,3 SCH und BOR: 4,7 SCH und NAR: 5,4 STYP und HIS:?5,0 ANT und DEP: 5,0 SCH und PAR: 6,2 ANT und SCH:...


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