Sahmel | Die praktische Pflegeausbildung auf dem Prüfstand | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Sahmel Die praktische Pflegeausbildung auf dem Prüfstand

Herausforderungen und Perspektiven

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-17-034304-7
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Im Rahmen der Pflegeausbildung nimmt die praktische Ausbildung einen größeren Raum ein als die theoretische. Während die theoretische Pflegeausbildung zunehmend strukturiert wird, gibt es zur praktischen Ausbildung sowie zum Qualifikationsprofil von Praxisanleiter/-innen nur wenige Vorgaben und Anforderungsbeschreibungen. Der praktischen Ausbildung fehlt es daher an Transparenz und Einheitlichkeit. Die Autoren stellen zentrale Probleme, Anforderungen und Best-Practice-Beispiele aus der Sicht von Pflegepädagogik, Praxisanleiter/-innen und Auszubildenden heraus und tragen somit zu einer konstruktiven Debatte über die Überarbeitung der praktischen Pflegeausbildung bei.
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1          Praktische Pflegeausbildung – Anspruch und Wirklichkeit
Karl-Heinz Sahmel
1.1       Normative Vorgaben zur praktischen Pflegeausbildung
Obgleich der praktische Teil traditioneller Weise einen deutlich größeren Anteil an der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege bzw. in der Altenpflege ausmacht als der theoretische Part, hat der Gesetzgeber die praktische Ausbildung eher stiefmütterlich behandelt. Die aktuellen Bestimmungen in den Gesetzen wie in den Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen sollen hier dargestellt und einer pflegepädagogischen Analyse unterzogen werden. Die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege dauert gemäß Gesetz von 2003 (in der Regel) drei Jahre und umfasst gemäß Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (KrPflAPrV) § 1 •  2.100 Stunden theoretischen und praktischen Unterricht sowie •  2.500 Stunden praktische Ausbildung. Für beide Teile der Ausbildung ist das in § 3 des Krankenpflegegesetzes (KrPflG) ausführlich bestimmte anspruchsvolle Ausbildungsziel verbindlich (Sahmel 2015, S. 106 ff.). Gemäß § 4 Abs. 2 Krankenpflegegesetz findet die praktische Ausbildung in der Regel an einem Krankenhaus statt »sowie weiteren an der Ausbildung beteiligten, geeigneten Einrichtungen«. In § 4 Abs. 5 wird der Schule die »Gesamtverantwortung für die Organisation und Koordination des theoretischen und praktischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung entsprechend dem Ausbildungsziel« übertragen. Dielmann warnt hier aber vor überzogenen Erwartungen: »Der vom Gesetzgeber gewählte Terminus ›Gesamtverantwortung‹ ist insofern missverständlich, als es sich ausdrücklich nicht um die Gesamtverantwortung für die Ausbildung handelt, sondern um die Verantwortung für die ›Organisation und Koordination‹ der einzelnen Ausbildungsbestandteile, orientiert an den Ausbildungszielen. Dabei geht es um die organisatorische und inhaltliche Planung der Ausbildungsabschnitte in einem sinnvollen Wechsel von theoretischen und praktischen Anteilen und um die zeitliche und inhaltliche Koordination des theoretischen und praktischen Unterrichts mit den Zielen und Inhalten der praktischen Ausbildung. […] Unbeschadet dieser Koordinierungs- und Organisationsaufgabe, die der Schule übertragen worden ist […], verbleibt die Gesamtverantwortung für die Ausbildung beim Ausbildungsträger.« (Dielmann 2013, S. 115) Damit das anspruchsvolle Ausbildungsziel erreicht werden kann, ist es notwendig, dass die Ausbildung »in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert« (KrPflG § 10 Abs. 1) durchgeführt wird; für die Einhaltung dieses Plans ist der Träger der Ausbildung verantwortlich. Dielmann weist darauf hin, dass diese Bestimmungen ein unplanmäßiges Versetzen von Auszubildenden auf andere als die vorgesehenen Stationen (etwa bei auftretenden Personalproblemen) nicht (oder nur in sehr begrenzten Ausnahmen) erlauben. »Das Erreichen des Ausbildungsziels hat […] Vorrang vor anderen Erwägungen.« (Dielmann 2013, S. 139) In § 10 (2) des Gesetzes findet sich die pflegepädagogisch wichtige Aussage, dass den Auszubildenden »nur Verrichtungen übertragen werden dürfen, die dem Ausbildungszweck und dem Ausbildungsstand entsprechen« und auch »ihren physischen und psychischen Kräften angemessen« sein sollten. Storsberg et al. betonen, dass damit (immerhin unter der Überschrift »Pflichten des Trägers der Ausbildung«) impliziert ist, dass alle dem Auszubildenden übertragenen Aufgaben in Beziehung zu setzen sind zu ihrem Beitrag zur Erreichung des Ausbildungsziels. Zugleich betonen sie jedoch, dass es sich lediglich um eine »Soll-Vorschrift« und nicht um eine »Muss-Vorschrift« handelt (Storsberg et al. 2006, S. 97). Dielmann zitiert hierzu ein interessantes Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe: »Dem Ausbildungszweck dienende Aufgaben liegen vor, wenn diese geeignet sind, den Ausbildungszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern. Der Kreis der zulässigen Verrichtungen darf nicht zu eng gezogen werden. Eine an sich zulässige Verrichtung kann danach von dem Zeitpunkt ab unzulässig werden, von dem ab sie keine weiteren beruflichen Fertigkeiten oder Kenntnisse mehr vermittelt. Die Grenze zwischen erlaubt und unerlaubt liegt dort, wo die berufsnotwendigen Fertigkeiten bereits hinreichend gegeben sind und der Einsatz bei bestimmten Verrichtungen dem Mangel entsprechend qualifizierter Arbeitnehmer/-innen abhelfen soll.« (Dielmann 2013, S. 143) Zugleich ist unter einer »sachlichen Gliederung« der Ausbildung sicherlich zu verstehen, dass praktische Einsätze in theoretischen Unterrichtsstunden vorbereitet werden sollten. Wünschenswert wäre, dass es neben dem Curriculum für die theoretische Ausbildung auch einen Lehrplan für die praktische Ausbildung gäbe. In § 2 Abs. 1 der KrPflAPrV wird betont, dass während der praktischen Ausbildungsphasen »Gelegenheit zu geben [ist], die im Unterricht erworbenen Kenntnisse zu vertiefen und zu lernen, sie bei der späteren beruflichen Tätigkeit anzuwenden«. Wieviel »Gelegenheit« zur Vertiefung und zum Lernen überhaupt gegeben werden sollte, ist eine pflegepädagogisch relevante Frage, auf die allerdings keine Antwort gegeben wird. Auch bleibt offen, wie die entsprechenden Lernphasen gestaltet werden sollten. Außerdem wird in § 2 Abs. 2 KrPflAPrV ausdrücklich auf das Prinzip der Praxisorientierung verwiesen. Insbesondere der praktische Unterricht, der in der Regel im Demonstrationsraum der Schule stattfindet, soll eine gründliche Vorbereitung auf die Einsätze im Rahmen der praktischen Ausbildung durch die Lehrenden der Schule erbringen. Sodann wird in Absatz 2 des § 2 KrPflAPrV die Forderung nach Praxisanleitung erhoben. In den Einrichtungen, in denen die praktische Ausbildung stattfindet, muss gewährleistet sein, dass es eine ausreichende Zahl geeigneter Fachkräfte gibt, welche die Auszubildenden »schrittweise an die eigenständige Wahrnehmung der beruflichen Aufgaben« heranführt und Kontakt zur Schule hält. Die Eignung wird an eine abgeschlossene Ausbildung plus Berufserfahrung und eine Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 200 Stunden gebunden. Storsberg et al. heben hervor, dass es bezüglich der Praxisorientierung eine deutliche Dominanz der Schule gibt, die im Rahmen der Praxisbegleitung die Mitarbeiter/-innen in der Praxis beraten soll. »Während des klinisch-praktischen Teils der Ausbildung sind die mit der Ausbildung befassten Pflegefachkräfte […] Organe der Krankenpflegeschule und in allen die klinisch-praktische Ausbildung betreffenden Fragen den Weisungen der Schule unterstellt.« (Storsberg et al. 2006, S. 96) Bezüglich der Quantität der Praxisanleitung gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Mehrere Bundesländer haben allerdings auf dem Verordnungsweg eine »10-Prozent-Regelung« verbindlich gemacht. »Demnach sind von den vorgeschriebenen mindestens 2.500 Stunden praktischer Ausbildung 10 Prozent als dezidierte Anleitungszeit zu gestalten und zu dokumentieren.« (Quernheim & Keller 2013, S. 292) Absatz 3 von § 2 der KrPflAPrV regelt schließlich die Praxisbegleitung der Auszubildenden in den Zeiten der praktischen Ausbildung durch die Lehrenden der Krankenpflegeschule. Ihre Aufgabe ist es, »die Schülerinnen und Schüler in den Einrichtungen zu betreuen und die für die Praxisanleitung zuständigen Fachkräfte zu beraten.« Und der Gesetzgeber fügt hinzu: »Dies ist auch durch regelmäßige persönliche Anwesenheit in den Einrichtungen zu gewährleisten.« Weitere pflegepädagogische Ansprüche (vgl. Radke 2008) werden nicht erhoben. Einen verbindlichen Ausbildungs-Rahmenplan gibt die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung nicht vor. In Anlage 1 Teil B der KrPflAPrV werden lediglich sehr allgemein die Bereiche genannt, in denen die praktische Ausbildung erfolgen soll ( Tab. 1.1). Tab. 1.1: Bereiche der praktischen Ausbildung nach Anlage 1 Teil B der KrPflAPrV In § 1 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege taucht (endlich) explizit die Kinderkrankenpflege auf, die ansonsten im Krankenpflegegesetz vernachlässigt wird. Hier gibt es allgemeine Regelungen bezüglich der Gestaltung eines Differenzierungsbereichs im Umfang von...


Prof. Dr. paed. habil. Karl-Heinz Sahmel, Dipl.-Päd., Professor für Medizinpädagogik an der SRH Hochschule für Gesundheit, Campus Stuttgart und apl. Professor am Institut für Pflegewissenschaft der UMIT in Hall in Tirol.


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