Sauer | Die Buchmalerin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 537 Seiten

Sauer Die Buchmalerin

Historischer Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 537 Seiten

ISBN: 978-3-89425-843-6
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Im Westen des Deutschen Reiches, zu Beginn des Jahres 1235 n. Chr.: Der Machtkampf zwischen Papst Gregor IX. und Kaiser Friedrich II. bestimmt das Schicksal Donatas, einer jungen Buchmalerin. Seit vier Jahren vor der Inquisition auf der Flucht, beobachtet sie einen Mord und wird damit zur Schlüsselfigur in dem perfiden Ränkespiel des Kardinals Enzio von Trient. Ein intriganter Kardinal, eine junge Buchmalerin und ein kaiserlicher Kundschafter liefern sich ein packendes Katz-und-Maus-Spiel.

Beate Sauer wurde 1966 in Aschaffenburg geboren. Sie studierte Philosophie und katholische Theologie in Würzburg und Frankfurt/Main. Sie lebt und arbeitet als Autorin in Bonn. Schon für ihr Krimidebüt ?Der Heilige in deiner Mitte? wurde Beate Sauer mit dem ersten Preis in der Sparte Krimi beim 10. Nordrhein-Westfälischen Autorentreffen ausgezeichnet. ?Die Buchmalerin?, ihr erster historischer Roman, konnte sich auf Anhieb auf der Bestsellerliste platzieren und war für den ?Friedrich-Glauser-Preis?, den höchstdotierten deutschen Krimipreis, nominiert. www.beate-sauer.de
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Donata beugte sich über die Holzschüssel, in der eine dicke, fettige Lauchsuppe schwamm, die mit Fleischbrocken angereichert war, und begann, hastig zu essen. Sie war so ausgehungert, dass ihr bei den ersten Schlucken beinahe übel wurde. Wie immer, wenn sie unter Menschen war, hielt sie sich ein wenig abseits, saß ganz am Ende einer Holzbank in der Gaststube des Klosters Mayenfeld an der Mosel. Der Rauch des Holzfeuers, die Ausdünstungen ungewaschener Körper und der Dampf der Suppe, die auf dem gemauerten Herd vor sich hin köchelte, hingen schwer in dem niedrigen Raum. Trotz ihres Hungers beobachtete sie die Leute um sie herum genau. Sie suchte die Herbergen der Klöster nicht gerne auf. Wenn sie in dem nahen Dorf einen Schlafplatz gefunden hätte, wäre sie gewiss nicht hierher gekommen. Etwa zwei Dutzend Menschen hatten sich auf den Holzbänken niedergelassen, die meisten von ihnen in der Nähe des Feuers. In Reichweite des Kessels, der die Suppe enthielt, saß auch der Mönch, der für die Reisenden verantwortlich war. Ein schmächtiger Mann, der ein Pferdchen aus einem Holzstück schnitzte. Der Mönch war freundlich zu ihr gewesen, hatte ihr die Schale bis fast an den Rand gefüllt und noch nach einigen Fleischstücken gefischt, um sie hineinzutun. Aber vielleicht hat der Mönch auch nur damit gerechnet, dass er die Suppe an diesem Tag ohnehin nicht aufbrauchen würde, dachte Donata, während sie weiter unter gesenkten Lidern die anderen Gäste betrachtete. Wegen des eisigen Wetters waren nicht sehr viele Leute unterwegs. Nur solche, die dringende Geschäfte zu erledigen hatten, und da der Tag schon recht weit vorangeschritten war, würden wohl auch nicht mehr viele in die Herberge kommen. Einige Männer, die nicht weit entfernt von ihr hockten, waren Kaufleute, wie sie ihrem Gespräch entnahm. Sie hatten Geschäfte in den flandrischen Städten getätigt, waren jetzt auf dem Heimweg und stammten vom Mittel- oder Niederrhein. Ihre Geschäfte schienen gut zu gehen, denn ihre Kleidung bestand aus feinem, teurem Tuch. Ein älterer Mann aß schweigend und in sich gekehrt, als seien seine Gedanken völlig auf ein fernes Ziel ausgerichtet. Die Kalebasse und der breitkrempige Hut, die neben ihm auf der Bank lagen, wiesen ihn als Pilger auf dem Jakobsweg aus. Dass jemand mitten im Winter eine Pilgerreise nach Santiago de Compostella begann, war ungewöhnlich. Vielleicht hatte der Mann eine schwere Sünde begangen, für die er auf diese Weise Buße leisten wollte. Für einen Augenblick empfand Donata fast so etwas wie Neid. Ihr war dieser Ausweg verwehrt. Einige junge Männer, die einen südlichen Dialekt sprachen, waren Handwerker; Zimmerleute und Steinmetze, wie Donata aus den Werkzeugen schloss, die aus ihren Bündeln ragten. Drei andere junge Männer, die in der Nähe der Tür saßen, aber nicht so, dass der Luftzug sie treffen konnte, waren Schreiber. Donata war erschrocken, als sie dies ihrer lauten Rede entnommen hatte, und sie hatte sich noch einmal vergewissert, dass sie ihnen noch nie zuvor begegnet war. Ein fuchsgesichtiger Mann, der rötliches, lockiges Haar und einen drahtigen Körper hatte, führte das große Wort. Die anderen beiden bestätigten das, was er sagte, oder versuchten, ihn zu übertrumpfen, was ihnen aber nicht gelang. Eben brachen sie in schallendes Gelächter aus und der Mönch warf ihnen einen missbilligenden Blick zu. Vorhin schon hatte er sie ermahnt, als sie Spielkarten hervorgezogen hatten. Donata bemerkte, dass ihre Schale schon fast zur Hälfte geleert war, und zwang sich, langsamer zu essen. Sie besaß kaum noch Geld und wusste nicht, wann sie sich wieder eine solche Mahlzeit leisten konnte. Während der letzten Tage hatte sie nur einmal Glück gehabt. Nachdem sie vor dem Diener des Mörders geflohen war und sich blindlings einen Weg durch den Wald gebahnt hatte, war sie auf einen Weiler gestoßen. Die Leute hatten ihr etwas zu essen gegeben und sie in einer Scheune schlafen lassen. Von ihnen erfuhr sie, wie weit sie vom Weg nach Köln abgekommen und dass sie nur ein, zwei Tage Fußweg vom Rand der südlichen Eifel entfernt war. Da sie befürchtete, den Weg noch einmal zu verlieren, hatte sie sich entschlossen, nach Süden, bis zur Mosel, zu gehen. Dort, so hoffte sie, würde sie vielleicht ein Lastschiff oder ein Floß finden, auf dem sie bis nach Köln fahren konnte. Drei Tage war sie an dem gewundenen, von steilen Ufern begrenzten Fluss entlanggewandert. Doch in den Orten, durch die sie kam, hatte weder ein Schiff noch ein Floß am Ufer festgemacht. Arbeit für einen Schreiber hatte auch niemand. Am Morgen dieses Tages hatte sie das Gerücht gehört, dass in dem Dorf nahe dem Kloster ein Lastkahn ankere. Aber als sie an den kleinen natürlichen Hafen gelangt war, standen dort nur einige Ruderboote kieloben am Ufer und ein bäuerlich gekleideter, stämmiger Mann erneuerte die Sitzbank eines anderen Kahns. Da Donata nicht wollte, dass er auf sie aufmerksam wurde, entfernte sie sich rasch wieder. Doch ehe sie den Ort verließ, den Bäume und Strauchwerk in einem Halbrund umgaben, hatte sie in dem bläulich grün schimmernden Wasser – eine Farbe kalt wie das Grün des Malachits – kleine Eisstücke treiben sehen. Mit einem Rest des Brotstücks wischte Donata die Schale aus, wobei sie darauf achtete, dass ihr nichts von der Flüssigkeit und kein noch so winziger Fleisch- oder Gemüserest entging. Sie war kaum satt und wünschte sich, sich noch eine Schale Suppe leisten zu können. Aber sei es, dass sie ein Schiff finden würde, das sie mit nach Köln nahm, oder dass sie den Weg am Fluss zu Fuß zurücklegen musste – sie würde das wenige Geld, das sie noch besaß, dringend brauchen. Donata griff nach ihrem Bündel und wollte den Raum verlassen, denn sie hielt sich nie gern in der Gegenwart vieler Menschen auf. Doch bevor sie aufstehen konnte, betrat ein großer, dicklicher Mönch, dessen Hängebacken ihm das Aussehen eines traurigen Hundes verliehen, die Gaststube. Er ging auf den Benediktiner zu, der neben dem Feuer saß, und wechselte einige Worte mit ihm. Da Donata keine Aufmerksamkeit erregen wollte, blieb sie sitzen und beobachtete die Männer verstohlen. Schließlich trat der dickliche Mönch einige Schritte vor, vollführte mit den Armen eine Geste, als müsse er sich antreiben, um zu sprechen, und sagte: »Falls unter euch ein Schreiber ist, der keine Verpflichtungen hat … Ich stehe der Schreibstube dieses Klosters vor. Mein Name ist Berengar. Ähm … Ein Fürst hat einen Psalter bei uns in Auftrag gegeben. Die Arbeit muss bis Pfingsten abgeschlossen sein. Und nun … Einige unserer Schreiber sind erkrankt oder auf andere Weise verhindert. Also, falls unter euch ein Schreiber ist … Wir würden ihn angemessen bezahlen und verköstigen und er könnte während der nächsten Wochen im Kloster unterkommen.« Der Mönch sank ein wenig in sich zusammen, als wäre er froh, seine Rede beendet zu haben. Noch während der Mönch sprach, hatten die Schreiber, die in der Nähe des Eingangs saßen, sich zugenickt und miteinander getuschelt. Nun standen sie eilig auf. Der Rothaarige deutete eine Verbeugung an. »Herr, hier sind drei Schreiber, die nach Arbeit suchen. Wir sind weit herumgekommen, haben viele Fähigkeiten gesammelt und unsere Kenntnisse werden allgemein geschätzt. Wir sind in unterschiedlichen Schriften bewandert und …« »Oh, das Kloster benötigt nur einen Schreiber«, unterbrach der Mönch den Rothaarigen nervös. Der Wortführer lächelte. »Nun, so wählt den Besten von uns aus.« Donata rang mit sich. Der katzengleiche Dämon flüsterte ihr zu, dass sie sich um die Stelle als Schreiber bemühen könnte. Sie hätte zu essen und einen warmen und trockenen Schlafplatz … Sie könnte sich wieder in einem Skriptorium aufhalten und sie würde Farben und Bilder sehen. Bilder auf Buchseiten. Sie hielt dagegen, dass es viel zu gefährlich war, wenn sie in einem Kloster als Schreiber arbeitete. Denn die Verbindungen unter den Klöstern waren weit verzweigt. Der Dämon redete leise weiter, dass sie nicht lange bleiben müsste. Nur ein paar Tage, bis sie die Mönche um einen kleinen Teil ihres Lohns bitten konnte. Außerdem hatte nie jemand aus diesem Kloster die Benediktinerinnen bei Bayeux aufgesucht. Zumindest nicht, solange sie dort aufgewachsen war und im Skriptorium gearbeitet hatte. So deutlich, als läge sie vor ihr auf dem groben Herbergstisch, vermeinte Donata, die Initiale eines Psalters zu sehen, die sie einmal gemalt hatte. König David, der im Bogen eines Cs lehnte und in die Saiten einer Harfe griff. Sie hatte seinem Antlitz einen verträumten Ausdruck verliehen, so als ob er der Musik nachlauschte, und seinem Mantel eine ultramarinblaue Farbe gegeben. Für diese Farbwahl war sie getadelt worden. Denn dieses Blau war die Farbe der Gottesmutter. Aber sie hatte sich gerechtfertigt, dass die Königin der Farben sehr wohl dem Ahnen des Herrn und dem König unter den Dichtern zustehe. Und da die Farbe teuer war, hatten die Nonnen das Blatt in dem Psalter belassen. Diese Erinnerung gab den Ausschlag. »Herr, ich bin auch ein Schreiber«, hörte sie sich sagen. Die Männer blieben stehen und starrten sie an. Ein Grinsen zog über das Gesicht des Rothaarigen. »Ach, tatsächlich, Bürschlein? Bist du denn überhaupt schon im Stande, ein A von einem O zu unterscheiden?« Er und die anderen beiden Schreiber lachten. Der Benediktiner betrachtete sie zweifelnd. »Junge, wer hat dir das Schreiben beigebracht?« »Mein Vater war ein Priester«, Donata stockte nach diesem Eingeständnis. Sie tat dies immer, wenn sie Leuten eine Erklärung dafür geben musste, wie sie in der Kunst des Schreibens unterwiesen worden war. Dass Priester Kinder hatten, wurde...


Beate Sauer wurde 1966 in Aschaffenburg geboren. Sie studierte Philosophie und katholische Theologie in Würzburg und Frankfurt/Main. Sie lebt und arbeitet als Autorin in Bonn. Schon für ihr Krimidebüt ›Der Heilige in deiner Mitte‹ wurde Beate Sauer mit dem ersten Preis in der Sparte Krimi beim 10. Nordrhein-Westfälischen Autorentreffen ausgezeichnet. ›Die Buchmalerin‹, ihr erster historischer Roman, konnte sich auf Anhieb auf der Bestsellerliste platzieren und war für den ›Friedrich-Glauser-Preis‹, den höchstdotierten deutschen Krimipreis, nominiert.

www.beate-sauer.de


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