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E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Sautter Sklaverei in Amerika

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

ISBN: 978-3-8062-0009-6
Verlag: wbg Theiss in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (wbg)
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Ab dem 16. Jahrhundert wurden schwarze Sklaven aus Afrika von den europäischen Kolonialmächten in der Karibik eingesetzt. Von dort kam die Institution auch nach Nordamerika. Udo Sautter schildert die Entwicklung der Sklaverei auf dem Gebiet der heutigen Vereinigten Staaten vom Beginn der Kolonisierung im frühen 17. Jahrhundert bis zu ihrem Ende im Bürgerkrieg 250 Jahre später. Dabei geht es ihm in seiner faktenreichen und überaus lesbaren Darstellung vor allem um die Lebensumstände der Sklaven und um die wirtschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit. Darüber hinaus beschreibt er den Reformprozess, der schließlich zum Ende der Sklaverei in Amerika führte.
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I. Sklaverei in Amerika
Die ersten schwarzen Afrikaner, insgesamt um die 20, betraten 1619 das Gebiet der späteren Vereinigten Staaten von Amerika. Mit einem holländischen Kaperbrief segelnde britische Seeräuber hatten sie auf einem portugiesischen Schiff erbeutet, das Sklaven von der angolanischen Küste Südwestafrikas nach Mexiko transportierte, und der Piratenkapitän tauschte sie in der 1607 gegründeten britischen Kolonie Virginia gegen Schiffsproviant ein. Eine kleinere Anzahl weiterer schwarzer Ankömmlinge folgte in den nächsten Jahren. Es scheint einigermaßen sicher, dass diese ersten Afroamerikaner in der britischen Kolonie als Sklaven behandelt wurden, wenn es auch offensichtlich zumindest einigen von ihnen glückte, nach einer Reihe von Jahren die Freiheit zu erlangen. Sklaverei ist ein System, unter dem Menschen als Eigentum behandelt werden, das gekauft und veräußert werden kann, und unter dem sie zur Arbeit gezwungen werden. Die Form der Sklaverei, von der dieses Buch handelt und die sich in Virginia und dann in den anderen nordamerikanischen Kolonien etablierte, hatte ihre direkten Vorläufer in den westlichen Mittelmeerländern. Jahrhundertelang war dort Zuckerrohr angebaut worden. Von der Region um Malaga und der Algarve, wo bereits schwarze Sklaven eingesetzt wurden, sprang sie im 15. Jahrhundert auf Madeira und von dort nach der Entdeckung Amerikas in die westliche Hemisphäre über. Konzentrierten sich die Portugiesen auf Brasilien, zeitweilig unterstützt durch die Niederländer, so setzten sich andere europäische Mächte auf den Inseln Westindiens fest. Die Zuckerplantagen der Neuen Welt brachten Pflanzern, Kaufleuten und Regierungen immense Profite. Bemühungen, Arbeitskräfte aus der indianischen Bevölkerung zu gewinnen, hatten nicht den erhofften Erfolg, weil die Indianer leicht europäischen Krankheiten erlagen. So begannen die westindischen Zuckerpflanzer, in großer Zahl Sklaven aus Afrika einzuführen. Englische Siedler etablierten ursprünglich Kolonien mit gemischter Wirtschaft. Anfangs herrschten kleine Farmen vor, die mit Hilfe von Dienstverpflichteten betrieben wurden. Die Letzteren (indentured servants) waren weiße Arbeiter, deren Atlantikpassage von ihrem Arbeitgeber vorgestreckt worden war und die sich zur Ablösung dieser Schuld für eine bestimmte Frist – etwa sieben Jahre – in ein festes Dienstverhältnis verpflichtet hatten. Als große Zuckerplantagen jedoch nach und nach das beste Land mit Beschlag belegten, verließen immer mehr weiße Farmer die Inseln und fanden den Weg auf das nordamerikanische Festland. In den frühen Kolonien Virginia und Maryland in der Chesapeake-Region wuchs zwar kein Zuckerrohr, aber der sich dort entwickelnde Tabakanbau war ebenfalls arbeitsintensiv. Für eine Weile versuchte man hier, mithilfe von Dienstverpflichteten zurechtzukommen, doch standen diese auf die Dauer nicht in genügender Zahl zur Verfügung. Einen Ausweg könnte, so dachte man anfangs, die Beschäftigung von Indianern bieten. Es zeigte sich freilich – wie das auch in Westindien der Fall war –, dass diese sich freiwillig nur sehr ungern einem geregelten Arbeitsregime unterwarfen. Und so schritt man auch auf dem Festland zur Versklavung. Sklaverei war in der indianischen Gesellschaft kein unbekanntes Phänomen. Die meisten indianischen Stämme kannten sie, wenn sie dort auch keine große Rolle spielte; in der Regel handelte es sich bei diesen Sklaven um Kriegsgefangene, die zu Arbeiten herangezogen oder in Kulthandlungen geopfert wurden. Die Intervention der Europäer änderte den Charakter der indianischen Sklaverei. Die Engländer kauften bald begierig Indianer oder brachten sie auch selbst in ihre Gewalt für die Arbeit auf den Feldern des Festlandes, vor allem aber zur Befriedigung des unersättlichen Arbeiterbedarfs in Westindien. Es ist nicht bekannt, wie viele Indianer von Europäern versklavt wurden, doch waren es gewiss Zehntausende. Man schätzt, dass aus Charles Town (Charleston) zwischen 1670 und 1715 wohl 30.000 bis 50.000 indianische Sklaven in die Zuckerpflanzungen der Karibik verschifft wurden. Viele Käufer dort zogen Indianer den afrikanischen Sklaven vor, weil Letztere wegen der höheren Transportkosten teurer waren. Afrikanische Sklaven
In den britischen Festlandkolonien bevorzugten allerdings die meisten Siedler bald afrikanische Sklaven. Zum einen war es Indianern leichter, in die Wildnis zu entfliehen. Zum anderen erwiesen sich besonders die indianischen Männer, traditionsgemäß eher der Jagd zugeneigt, als nur sehr bedingt für die Feldarbeit verwendbar. Jedenfalls überstieg der Arbeiterbedarf der Tabak- und Reisplantagen mit der Zeit die Zahl der verfügbaren Indianer, zumal europäische Krankheiten auch hier allmählich deren Völker dezimierten. So schrumpfte der Handel mit indianischen Sklaven nach 1730 rapide und kam um 1750 vollends zum Erliegen. Umgekehrt besaßen verschiedene indianische Stämme ihrerseits noch bis zum amerikanischen Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert schwarze Sklaven, darunter insbesondere die den Lebensstil der Weißen imitierenden „zivilisierten Stämme“ (Civilized Tribes) der Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Creek und Seminolen. Somit waren es die Schwarzen, welche auf Dauer die Hauptlast der Arbeit auf den Feldern vor allem der südlichen britischen Festlandkolonien trugen. Diese Rolle fiel ihnen freilich erst mit der Zeit zu. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts lebten etwa 300 Schwarze in Virginia, und auch 1680 waren es nur 4500, lediglich fünf Prozent der Gesamtbevölkerung. Die wichtigste soziale Trennlinie in der Region war damals nicht die zwischen Weiß und Schwarz, sondern diejenige zwischen den weißen Plantagenbesitzern, welche in Politik und Gesellschaft dominierten, und allen anderen – kleinen Farmern, Dienstverpflichteten und Sklaven. Dies änderte sich, als die Engländer allmählich die Idee der Verwendung von Sklaven in Nordamerika aus der Karibik übernahmen. Allerdings unterschied sich die Gestalt der Institution auf dem Festland in Wesentlichem von den spanischen Verhältnissen. Schon lange vor den Reisen des Kolumbus hatte man in Spanien die sogenannten Partidas eingeführt, ein Gesetzbuch, in dem Sklaven gewisse Rechte gewährt wurden in bezug auf Ehe, Eigentum und Freiheitserwerb. Diese Bestimmungen regelten auch die Realität im mittelamerikanischen Herrschaftsgebiet Spaniens. Überdies ermutigte die katholische Kirche dort oft Sklavenbesitzer, ihr menschliches Eigentum freizugeben. Das Sklavereirecht im britischen Nordamerika gestaltete sich auf die Dauer weit repressiver als diese spanische Praxis, und dies insbesondere hinsichtlich der Frage eines möglichen Übergangs von der Leibeigenschaft zur Freiheit. Allerdings blieb anfangs die gesetzliche Stellung von Sklaven im Chesapeake-Gebiet ungeklärt, und die Grenze zwischen Sklavenstatus und Freiheit bot sich vorerst durchlässiger dar als später. Die Sklaverei etabliert sich
Während der ersten Jahrzehnte konnten sowohl in Virginia als auch in Maryland freie Schwarze vor Gericht ebenso wie Weiße klagen, und einige von ihnen vermochten sogar Land zu erwerben und weiße Dienstverpflichtete oder auch afrikanische Sklaven zu kaufen. Bekannt ist das Beispiel des Schwarzen Anthony Johnson, der während der 1620er-Jahre in Virginia als Sklave ankam; man weiß nicht, wie er seine Freiheit erhielt, doch in den 1640er-Jahren besaß er mehrere Sklaven und einige Hundert acres Land an der Ostküste der Kolonie. In den Tabakfeldern arbeiteten Schwarze und Weiße Seite an Seite; sie entflohen gelegentlich in gleicher Weise aus der Dienstbarkeit; und sie hatten miteinander intime Beziehungen. Andererseits erhielten schon früh einige auf Rasse basierende Unterschiede gesetzliche oder administrative Festlegung. Bereits in den 1620er-Jahren wurde bestimmt, dass Schwarze nicht in der virginischen Miliz dienen dürften. Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe zwischen Afrikanern und Europäern wurde strenger geahndet als der zwischen zwei Weißen. 1639 verbot Virginia Schwarzen, frei oder leibeigen, Feuerwaffen zu tragen. Schwarze durften keine weißen Dienstverpflichteten mehr beschäftigen; und sie konnten bestraft werden ohne Ansehen der Ursache, wenn sie eine weiße Person schlugen. 1640 wurde der entlaufene und wieder eingefangene Schwarze John Punch zu lebenslanger Dienstbarkeit verurteilt, während zwei weißen Mitgefangenen ihre Dienstverpflichtung lediglich verlängert wurde. Aber erst in den 1660er-Jahren sprachen Gesetze in den beiden Kolonien ausführlich von Sklaverei. Als sich der Tabakanbau ausweitete und die Nachfrage nach Arbeitskräften größer wurde, strebten die Bedingungen für schwarze und weiße Beschäftigte stärker auseinander. Die Behörden gingen daran, den Status weißer Dienstverpflichteter zu verbessern. Sie wollten auf diese Weise der in England weit verbreiteten Meinung entgegenwirken, dass die Kolonie Virginia eine Falle war, in welcher der Tod lauerte. Im Zusammenhang damit schwand die Freiheit der Schwarzen immer mehr dahin. Heiraten zwischen weißen Frauen und schwarzen Bediensteten wurden als „beschämende Verbindungen“ hingestellt und als „Schande der Nation“. Ein...


Sautter, Udo
Udo Sautter (1934-2019), war bis zu seiner Emeritierung 2003 Professor für nordamerikanische Geschichte an der Universität Tübingen. Zahlreiche Publikationen zur Geschichte Amerikas und Kanadas.

Udo Sautter (1934-2019), war bis zu seiner Emeritierung 2003 Professor für nordamerikanische Geschichte an der Universität Tübingen. Zahlreiche Publikationen zur Geschichte Amerikas und Kanadas.


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