Scheibelreiter / Jenal / Nonn | Höhepunkte des Mittelalters | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Scheibelreiter / Jenal / Nonn Höhepunkte des Mittelalters

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-89678-965-5
Verlag: Primus in Wissenschaftliche Buchgesellschaft (wbg)
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Herausragende Ereignisse in der Geschichte stehen oft für einen Bruch oder einen sich vollziehenden Wandel. Manchmal vereinen sie auch wie in einem Brennglas typische Elemente einer Epoche und bezeichen so deren Höhepunkt.
Wie sieht es damit im (europäischen) Mittelalter aus? Was sind in diesen rund 1000 Jahren die wichtigen, die historisch folgenreichen und entscheidenden Ereignisse? An welchen Stellen befinden sich die Brüche, die Wendepunkte? Inwieweit wurden damals Weichen für Entwicklungen gestellt, die bis heute nachwirken?
Diesen Fragen gehen in dem Band 15 namhafte Historiker nach: Sie nehmen sich jeweils ein bedeutendes Ereignis (z.B. die Kaiserkrönung Karls des Großen) oder eine einschneidende Entwicklung (z.B. die Entstehung der Stadt) vor und beleuchten es in seiner Wirkungsmächtigkeit. Nach einer quellenkritischen Beschreibung folgt eine Bewertung und eine Einordnung in den Gang der Geschichte. Dabei werden nicht nur die politische Geschichte, sondern auch Beispiele aus der Sozial- und Kulturgeschichte angemessen berücksichtigt.
Diese Beispiele zeigen, welche Elemente die mittelalterliche Welt geformt und welche Ereignisse sie verändert haben. So werden auch die Voraussetzungen und Grundlagen der neuzeitlichen Kultur im weiteren Sinne viel besser verständlich.
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[Menü] Vorwort
Der Mensch der Gegenwart wird im Allgemeinen mehr und mehr von der Zahl beherrscht, sodass man von einer Verzifferung des Lebens sprechen kann. Warum sollte nicht auch die Vergangenheit durch Zahlen ausgedrückt werden? Tatsächlich aber haben Jahreszahlen bei der Mehrzahl der Schüler und Studierenden einen schlechten Ruf. Und das gern weitergegebene Klischee, dass der Geschichtsunterricht in der Schule nur aus dem Eintrichtern von Jahreszahlen bestanden habe, soll die besondere Oberflächlichkeit und Leere des Gebotenen illustrieren. Selbst unter Historikern wird die exakte Kenntnis dieser Zahlen oft als überflüssiger Ballast angesehen, die ein scheinbares Wissen vorgaukelt, zum wahren Geschichtsverständnis aber nichts beiträgt, ja ihm sogar hinderlich ist. Wer Jahreszahlen weiß, sie vielleicht sogar abschnurren kann, wird ipso facto verdächtigt, von Geschichte im eigentlichen Sinne nichts zu verstehen, so wie jemand, der numerisch gut rechnet, kaum als begnadeter Mathematiker angesehen, sondern eher als bloßer ,Zahlenschaufler‘ und ,Ziffernbolzer‘ abgetan wird. Die Ablehnung der Jahreszahl hat gewiss ihre Berechtigung, wenn sie isoliert ein Faktum vermittelt, das nicht in einen größeren Zusammenhang historischen Geschehens gebettet ist. Das vorausgesetzt, wird man auf den Vorteil, den die Jahreszahlen für den historischen Überblick bieten, nicht leicht verzichten können: nämlich eine leicht verständliche Abfolge, die das zeitliche Nacheinander unvergleichlich knapp veranschaulicht. Vergangenes Geschehen wird durch Zahlen in seinem Ablauf fixiert und erst dadurch in der Zeit lokalisiert oder, wie man heute sagt, verortet. Dies scheint aber notwendig zu sein, um die innere und äußere Distanz zu den jeweiligen Ereignissen festzulegen, was die erste Stufe einer versuchten Sinnstiftung der Geschichte darstellt. Auch der Gedanke einer historischen Entwicklung lässt sich am einfachsten durch Zahlen und ihre Abfolge ausdrücken. Freilich basieren diese Überlegungen auf der stillschweigenden Voraussetzung eines linearen Geschichtsverständnisses, wie es die abendländische Kultur auszeichnet. Man sieht also, wie leicht man vom Streit um die Bedeutung der Jahreszahlen zu grundlegenden Fragen geschichtsphilosophischer Art gelangen kann. So weit führen unsere Überlegungen hier nicht. Die historische Jahreszahl soll vielmehr als Mittel der Assoziation verstanden werden: als mnemotechnisches Zeichen, das bestimmte Vorstellungen auslöst, vergleichbar einem Eisberg, dessen kleineren Teil man sieht, während sechs Siebtel seiner Masse unsichtbar unter dem Meeresspiegel ruhen! Der gezielte Einsatz von Jahreszahlen setzt also ein gediegenes historisches Wissen voraus und verleiht erst dann der einzelnen Zahl symbolische Bedeutung. So sind die Jahreszahlen als Gerüst für den äußeren Bau, den wir aus dem vergangenen Geschehen errichten, ebenso brauchbar wie als Sinnelement für dessen Verständnis. In noch höherem Maße gilt das für solche, die man als Epochenzahlen bezeichnen kann. Epoche bedeutet ursprünglich eine Hemmung, ein Anhalten, einen unterbrechenden Einschnitt. Darunter versteht man den Moment, in dem ein bestimmter geschichtlicher Verlauf zu einem Abschluss gekommen scheint und neue Triebkräfte den historischen Weg in eine andere Richtung lenken. Erst später ist man von diesem punktuellen Begriff abgegangen und hat ihn auf den von diesem Zeitpunkt abhängigen Zeitraum übertragen und damit aus der Epoche eine Periode gemacht. Der Ausdruck Epochenzahlen jedoch hat die frühere und richtigere Auffassung bewahrt. Sie verziffern diesen Augenblick des scheinbaren Innehaltens der Geschichte und erzeugen damit die entsprechende Assoziation für den hinter der kargen Jahreszahl befindlichen Neuansatz des geschichtlichen Ablaufs. Niemand kann den Sinnbildcharakter eines solchen Vorgehens verkennen. Die reale Geschichte ändert sich nicht von einem Tag zum anderen und lässt zwei völlig verschiedene Perioden durch den Alltag des Menschen hindurchgehen! Epochenzahlen symbolisieren also einen historischen Einschnitt, der durch ein besonderes Ereignis hervorgerufen wird. Manchmal haben das schon die Zeitgenossen vermutet und dem an sich nicht ungewöhnlichen Geschehen in einer ganz bestimmten Situation oder unter ganz bestimmten Voraussetzungen solch eine hohe Bedeutung zuerkannt. Waren mit dieser Einschätzung überwiegend persönliche Motive verbunden, so ist das durch die spätere historische Wertung selten bestätigt worden. Wurde das Geschehen jedoch von Menschen beurteilt, deren Horizont über das eigene Umfeld hinausreichte und die den ,Zeitgeist‘ hinter dem oberflächlichen Ereignis erfassten, so gehen die Historiker tatsächlich oft mit deren Ansicht konform. In den hier gesammelten Beiträgen wird eine Reihe von Jahreszahlen herausgegriffen: Sie sind mit Ereignissen der mittelalterlichen Geschichte verbunden, welche für die historische Entwicklung Europas zweifellos von großer Bedeutung waren. Die dadurch symbolisierten Geschehnisse schließen eine Periode ab und zeigen in Ansätzen, wohin der geschichtliche Weg führen wird. In diesem Sinne sind es echte Epochenzahlen. Andere Ereignisse stellen hingegen den Höhepunkt eines politischen oder kulturellen Phänomens dar, das danach im Abklingen war, ohne sofort Neues anzukündigen. Es handelt sich also um die Darstellung von Höhepunkten, von historischen Wenden und von zukunftsträchtigem Geschehen. Manches, was hier zum Gegenstand der Betrachtung wird, bedingte sofort einen Wandel, manches war nur wie ein erstes Auf blitzen des Kommenden und entfaltete seine Wirkung erst später. Bei einigen Ereignissen fällt dieser Moment in eins zusammen; man erkennt den Untergang des Alten und das Herauf kommen des Neuen, das freilich nicht abgeklärt oder fertig erscheint, sondern als Phänomen, das genug des Fragwürdigen und Unsicheren in sich birgt. Hier ist die Position des rückblickenden Historikers zweifellos günstiger als diejenige des Zeitgenossen. Er kann – unabhängig von seiner individuellen Sichtweise – das komplexe Geschehen, das sich um ein Ereignis schließt und diesem seine einzigartige Bedeutung verleiht, in umfassender und nüchterner Interpretation werten und somit auch den Epochencharakter des singulären Faktums kritisch beurteilen. Dabei muss er sich der sinnbildlichen Funktion von Geschehen und Jahreszahl immer bewusst sein. Ein Problem mag das Wort „Höhepunkte“ darstellen. Es ist allgemein semantisch mit etwas Positivem verbunden. Das wird auch hier wiederholt zum Ausdruck kommen, bei aller Vorsicht und wertenden Zurückhaltung, die dem Gelehrten aus guten Gründen eigen ist. Dennoch wird das Wort nicht ausschließlich in diesem Sinne verstanden, sondern grundsätzlich viel buchstäblicher. „Höhepunkt“ meint in diesem Zusammenhang dasjenige, das sich über das gewöhnliche, voraussehbare Geschehen erhebt, was als oft ungeheurer Einbruch in die vertraute Wirklichkeit erfahren wird; und das kann nach menschlichen Maßstäben durchaus auch negativ sein. Voraussetzung für die Auswahl der Ereignisse war allein ihr epochaler Charakter, ihre Bedeutung für den weiteren Verlauf der Geschichte (nicht nur der mittelalterlichen). Dass die historische Betrachtung der einzelnen Ereignisse und ihre Wertung stark vom jeweils zeitgenössischen Denken abhängig sind, wird niemanden verwundern. Die Autoren der einzelnen Beiträge haben das in Rechnung gestellt, sind sich aber auch klar darüber, selbst unserer Gegenwart in dieser Hinsicht Tribut zu zollen. Die hier vorgestellten Ereignisse wurden subjektiv, aber nicht grundlos ausgewählt. Sie sind nicht das Ergebnis einer Grundsatzdiskussion. Sie sind nach dem Prinzip herangezogen worden, die zehn Jahrhunderte des europäischen Mittelalters einigermaßen gleich zu berücksichtigen und verschiedene Aspekte der Geschichte zugänglich zu machen. Dass es sich um die 15 wichtigsten Ereignisse handelt, wird niemand behaupten. Dass der Schwerpunkt auf die deutsche Geschichte gelegt wurde, kann nicht überraschen, doch ist die Wirkung des epochalen Geschehens stets von europäischer Bedeutung. Obwohl der Begriff „Höhepunkte“ primär Augenblickscharakter hat und hier davon auch bewusst ausgegangen wird, sollten doch einige sehr wichtige, nachhaltig wirkende Phänomene der mittelalterlichen Geschichte nicht ausgeklammert werden, die das Ergebnis der Entwicklung über einen kürzeren oder längeren Zeitraum hin darstellen und sich nicht von einem einzigen Datum her assoziativ erfassen lassen. So kann man die Entstehung der Stadt nicht symbolisch mit einer bestimmten Jahreszahl und dem damit verbundenen Ereignis in Zusammenhang bringen. Für die...


Althoff, Gerd
Gerd Althoff, geb. 1943, ist Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Münster. Bei der WBG erschienen von ihm zahlreiche Bücher; u.a. "Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter" (2. Aufl. 2014), die Biographie "Heinrich IV." (2. Aufl. 2008) sowie "'Selig sind, die Verfolgung ausüben'. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter" (2013).

Scheibelreiter, Georg
Georg Scheibelreiter, Jg. 1943, war Professor für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien.

Nonn, Ulrich
Ulrich Nonn, geb. 1942, ist Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Koblenz-Landau. Zahlreiche Veröffentlichungen vorrangig zur politischen Geschichte, zur Verfassungs- und Kulturgeschichte des Frühmittelalters. Diese von Ulrich Nonn herausgegebene WBG-Publikation wird durch den zweiten Teil der ›Quellen zur Alltagsgeschichte im Früh- und Hochmittelalter‹ (2007) zu einem Gesamtwerk ergänzt.

Scheibelreiter, Georg
Georg Scheibelreiter, Jg. 1943, war Professor für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien.

Füssel, Stephan
Prof. Dr. Stephan Füssel lehrt Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Bergdolt, Klaus
Klaus Bergdolt, Jg. 1947, lehrt als Professor am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität zu Köln. Der Medizin- und Kunsthistoriker war fünf Jahre lang Direktor des Deutschen Studienzentrums in Venedig. Seit 2005 ist er Vorsitzender des Trägervereins.

Georg Scheibelreiter, Georg Jenal, Ulrich Nonn, Anton Scharer, Gerd Althoff, Hans-Henning Kortüm, Marie-Luise Favreau-Lilie, Ferdinand Opll, Andrea Sommerlechner, Karl-Friedrich Krieger, Klaus Bergdolt, Karl Ubl, Armin Wolf, Karel Hruza, Stephan Füssel


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