E-Book, Deutsch, 57 Seiten
E-Book, Deutsch, 57 Seiten
ISBN: 978-3-95684-673-1
Verlag: Bachelor + Master Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Textprobe: Kapitel 2.1.3, Wohlfahrtsstaaten nach Gøsta Esping-Andersen: Der Terminus 'Wohlfahrtsstaat' (welfare state) charakterisiert eine bestimmte Art der Tätigkeit des Staates. Dieser spielt hierbei in entsprechenden Ländern eine aktive Rolle in der Steuerung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Prozesse. Des Weiteren widmet der Staat einen großen Teil seiner Ressourcen, auf Grund des Wunsches nach Gleichheit der Lebenschancen in den Dimensionen der Einkommenssicherung, Gesundheit, des Wohnens und der Bildung, sozialpolitischen Zwecken (Nohlen, 2001). Die wohlfahrtsstaatlichen Voraussetzungen können je nach Nation verschieden sein. Deutschland und Finnland repräsentieren zwei der bedeutendsten Wohlfahrtsstaatsmodelle in Europa. Die Unterscheidung in die drei idealtypischen wohlfahrtstaatlichen Modelle ist auf den Dänen Gøsta Esping-Andersen zurückzuführen. Er unterscheidet in: liberale Wohlfahrtsstaaten, korporatistische bzw. konservative Wohlfahrtsstaaten und sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten (Esping-Andersen, 1990.). Diese Unterscheidungen basieren u. a. auf den drei grundlegenden Wohlfahrtsproduzenten Staat, Markt und Familie. Zentrale Aspekte für diese Typologie sind der Stratifizierungsgrad und der De-kommodifizierungsgrad (ebd.) Die Stratifizierung bezeichnet die Strukturierung der sozialen Differenzen einer Gesellschaft. Sie stellt heraus, ob eine Schichtung der Gesellschaft durch den Sozialstaat gefördert wird, beispielsweise ob es eine Beschränkung der fördernden Sozialleistungen auf bestimmte Gruppen gibt, oder ob alle Bürger in vergleichbarer Weise von den Leistungen profitieren können (Dommermuth, 2008). Die Dekommodifizierung misst die Entkoppelung des Lebensunterhaltes eines Individuums vom Arbeitsmarkt bzw. misst Höhe und rechtliche Verankerung der Sozialleistungen (ebd.). Esping-Andersen wendet sich somit von dem Grundgedanken ab, das Wohlfahrtsniveau eines Staates allein aus der Höhe der jeweiligen Sozialausgaben abzuleiten. Sein Konzept richtet den Fokus auf die qualitative Wertigkeit der wohlfahrtsstaatlichen Leistungen (Esping-Andersen, 1990). Besonderes Augenmerk liegt auf den drei größten Risiken, bei denen der Wohlfahrtsstaat Schutz gebieten soll: Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter. Esping-Andersen berechnete Indizes, die in diesen Bereichen den Grad der Dekommodifizierung messen sollen. In Tabelle 1 ist eine Auswahl dieser Indizes ersichtlich. Grundsätzlich gilt: Je höher der Wert des Gesamtindexes ist, desto höher ist der Grad der Dekommodifizierung in diesem Land (Esping-Andersen, 1990). Der erste Typus ist der liberale Wohlfahrtsstaat. Er zeichnet sich durch eine minimale Dekommodifizierung aus. Diese wird indiziert durch eine starke Stellung des Marktes, welche private Absicherungen vorherrschend macht. Die Sozialfürsorge ist bedarfsgeprüft und bietet lediglich bescheidene Sozialleistungen. Die Abhängigkeit vom Staat wird in diesem Typus der Wohlfahrtsstaaten als äußerst negativ ausgefasst (Esping-Andersen, 1990). Ein Beispiel für liberale Wohlfahrtsstaaten sind die USA, welche einen Gesamtindex von 13,8 aufweisen.