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E-Book, Deutsch, 184 Seiten

Schmidt Praxisleitfaden Montageplanung

Grundlagen und Methoden der effizienten Gestaltung von Montagearbeitsplätzen

E-Book, Deutsch, 184 Seiten

ISBN: 978-3-446-47359-1
Verlag: Carl Hanser
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Grundlagen und Methoden der effizienten Montageplanung


Dieser Praxisleitfaden richtet sich an Produktionsplaner, die mit der Gestaltung von Montagearbeitsplätzen in der industriellen Fertigung betraut sind. Er vermittelt grundlegende Kenntnisse und Methoden zur effizienten und wertsteigernden Planung von Montagesystemen.


Folgende Themen werden behandelt:

- Übersicht und Einsatzgebiete der manuellen, mechanisierten und (teil)automatisierten Montage
- Identifikation der wertschöpfenden Anteile im Montageprozess auf Basis des Toyota-Produktionssystems (TPS)
- Einführung des neuen Begriffs „Wertprozess“ (wertsteigernder Prozess) als Kennzahl für die Auslegung von Montagearbeitsplätzen
- Verfahren zur Analyse von Arbeitsabläufen und zur Ermittlung von Plan- und Vorgabezeiten: Systeme vorbestimmter Zeiten (SvZ), Methods-Time Measurement (MTM)
- Praktische Handlungsempfehlungen für die Erfüllung technischer und betriebswirtschaftlicher Anforderungen der Montageplanung gemäß der REFA-Methodenlehre
- Ergonomische Arbeitsgestaltung im Montageprozess
- Methoden des fertigungs- und montagegerechten Konstruierens


Zahlreiche praktische Anwendungsfälle der Montage in der industriellen Produktion runden den Inhalt ab.
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3 Wertprozesse (WP) 3.1 Wertschöpfung im Toyota-Produktionssystem (TPS) Weit ab vom Taylorismus der Massenproduktion und den innovativen Arbeitsformen entwickelte sich in Japan um 1949 ein Produktionsmodell, das sich seit 1990 schlanke Produktion (Lean Production) nennt. Es handelt sich um das weltweit am meisten kopierte Produktionssystem – das Toyota-Produktionssystem (TPS) (Womack et al. 1991). Das oberste Ziel Toyotas ist es, konkurrenzfähige und qualitativ hochwertige Fahrzeuge kundenorientiert zu fertigen. Dazu bilden sie sehr leistungsfähige und eigenverantwortliche Arbeitsgruppen und konzentrieren sich auf die Fehlervermeidung durch jeden einzelnen Mitarbeiter. Schnellere Werkzeugwechsel sorgen für einen flexibleren Einsatz der Maschinen. Zulieferunternehmen werden vollständig in den Produktionsablauf integriert. Aus all diesen Komponenten entwickelt sich ein System höchster Prozessbeherrschung, Problemlösungskompetenz und enormer Flexibilität (Bösenberg/Metzen 1995). Toyota hat damit den Grundstein für ein Produktionssystem geschaffen, das die Herstellung vieler Modelle in kleinen Stückzahlen möglich macht (Sekine 1995). Hierbei wendet Toyota verschiedene Methoden und Werkzeuge an, die letztlich alle der Vermeidung von Verschwendung, der Kostenreduzierung im Produktionsablauf und der Wertschöpfungsoptimierung der Arbeit dienen. Der Begriff „Arbeit mit Wertschöpfung“ findet im TPS dabei die in Bild 3.1 dargestellte Definition: Sie umfasst eine sogenannte Netto-Arbeit und einen weit größeren Bereich von „nicht direkt wertschöpfenden Arbeiten“. Im Begriff „Arbeit mit Wertschöpfung“ sind demnach auch logistische Prozesse enthalten, um Teile zu holen und umzusetzen oder auch um beispielsweise Bedienungselemente zu betätigen. Bild 3.1 Wertschöpfung im Toyota-Produktionssystem (in Anlehnung an Ohno 1993) Toyota verfolgt den Weg, den Anteil von Arbeit mit Wertschöpfung an den Bewegungen der Arbeiter möglichst hoch zu gestalten. Verschwendung wie Leer- oder Wartezeiten, sinnlose Tätigkeiten, doppelte Handhabung oder Zwischenlagerungen sind zu vermeiden. Um den Anteil der wertschöpfenden Arbeit an den Bewegungen der Menschen in einem Montagesystem genauer zu analysieren, wird die Toyota-Logik in dem in Abschnitt 3.2 dargelegten Beispiel angewendet. Ziel ist es, die Verschwendungsanteile zu messen. 3.2 Analyse der Wertschöpfungsanteile einer manuellen Montage nach dem Toyota-Produktionssystem Als Beispielprodukt dient eine Lüfterbaugruppe der Klimaanlage des Porsche Panamera. Sie besteht aus den in Bild 3.2 abgebildeten Bauteilen und zwei Schrauben. Die Produktion wird, bei einer Montage- oder Zykluszeit von ca. 70 Sekunden, manuell im Einschichtbetrieb vollzogen. Grundlage der Analyse bildet eine Videoaufnahme der Montage am Originalmontageplatz. Bild 3.2 Lüfterbauteile ohne Schrauben und manueller Montagearbeitsplatz (© Maximilian Schmidt 2003) Das Ziel ist es, den Anteil der nicht wertschöpfenden Verschwendung an der Montagezeit zu berechnen. In der Analyse wird diese Aufnahme mit dem Programm ORTIMzeitTM 1 bearbeitet. Im ersten Schritt teilt der Planer den gesamten Montageablauf des Films durch das Definieren einzelner Messpunkte in Ablaufabschnitte ein. Ein Messpunkt kennzeichnet den Beginn oder das Ende eines Abschnitts. Der zweite Schritt weist den Ablaufabschnitten eine Zeitart zu und unterscheidet dabei wertschöpfend (= wert) oder nicht wertschöpfend. Anschließend wertet der Planer die wertschöpfenden und nicht wertschöpfenden Ablaufabschnitte aus und bestimmt deren Zeitanteile an der gesamten Montagezeit. Die so vorgenommene Analyse der Wertschöpfung dieser Montagetätigkeit ergibt einen Anteil an der Zykluszeit von über 80 %. Das Ergebnis lässt die Interpretation zu, dass der Arbeitsplatz als gut gestaltet angesehen werden kann. Der Verschwendungsanteil liegt unter 20 %. Bild 3.3 Auszug aus der Videoanalyse der Lüfterbaugruppe nach TPS mit Wertzuordnung 3.3 Der Begriff Wertprozess Der von Toyota geschaffene Begriff der wertschöpfenden Arbeit soll im Folgenden näher untersucht werden. In Bild 3.1 gliedert sich die Arbeit mit Wertschöpfung in folgende Bereiche:        Netto-Arbeit        nicht direkt wertschöpfende Arbeit Mit der Bezeichnung Netto-Arbeit bezeichnet das Toyota-Produktionssystem alle Prozesse, die den Wert eines Produkts steigern, während die „nicht direkt wertschöpfenden Arbeiten“ zum Großteil logistische Prozesse beinhalten, die mit Wertschöpfung oder Wertsteigerung nichts zu tun haben. Nur die Netto-Arbeit steigert den Wert eines Produkts. Die weiterführende Betrachtung setzt den Begriff Netto-Arbeit mit dem Begriff Wertsteigerung gleich. Um die Frage zu klären, welche Produktionsschritte diese Wertsteigerung herbeiführen, zeigt Bild 3.4 einen typischen Montagezyklus – das Kleben eines Etiketts: Der Werker muss bei diesem Vorgang zum Bauteil hinlangen, das zu fügende Etikett greifen oder aufnehmen, zur Fügestelle bewegen, es dort positionieren, befestigen und danach loslassen. Bild 3.4 Etikettenmontage: Prozesse im Montagezyklus und am Montagearbeitsplatz (© Maximilian Schmidt 2003) Bei der gezeigten Etikettenmontage steigt der Wert des in der Vorrichtung befindlichen Produkts erst, wenn das Bauteil positioniert und gefügt ist. Die Wertsteigerung am Produkt findet nur im Prozess des Fügens auf die Baugruppe statt. Wertschöpfung in der Produktion bedeutet, dass ein Prozess den Wert des Produkts steigert. Diese Prozesse sollen im weiteren Verlauf Wertprozesse (WP) genannt werden. Wertprozesse finden nur statt, wenn        sich das Produkt wertmäßig positiv verändert oder        das Produkt wertsteigernd lagert. Betrachtet man die Prozesse in der Produktion nach DIN 8580, lassen sich Wertprozesse, die Lagerung ausgenommen, nach Bild 3.5 und Bild 3.6 einteilen:        formgebende Prozesse in der Fertigung        Verbindungsprozesse in der Montage: In der Montage kommen lösbare und nicht lösbare Verbindungsverfahren zum Einsatz. Außerdem kann der Wertprozess Fügen oder Verbinden direkt, also ohne zusätzliches Verbindungselement, oder indirekt ablaufen. Im letzteren Fall verbinden Elemente wie Schrauben, Stifte oder Niete die beiden Fügepartner. Bild 3.5 Veränderungsprozesse nach DIN 8580 (in Anlehnung an DIN 8580, 1985) Bild 3.6 Montageprozesse (in Anlehnung an Schmidt 1992) Die Verantwortung für die Wahl und Ausgestaltung von Wertprozessen trägt die Konstruktion. Dort wird entschieden, ob z. B. ein Verbindungsprozess durch Schrauben oder Klipsen vollzogen wird. Die Montageplanung hat damit keinen Einfluss auf die Gestaltung und nur eingeschränkt auf die Kosten der Wertschöpfung. Wertprozesse beziehen sich einzig und allein auf die Formgebung eines Teils oder die Verbindung mehrerer Teile. Wertprozesse kann man an einem einfachen optischen Merkmal erkennen:        In der Fertigung ist das Werkzeug im Eingriff und berührt das Material.        In der Montage berührt der Werker das Produkt beim Verbindungsprozess. In Bild 3.7 links hat der Werker das zu fügende Teil in beiden Händen. In Bild 3.7 rechts greift er zu einem neuen Bauteil, ohne dass eine Wertsteigerung stattfindet. Bild 3.7 Optisches Erkennen von Wertschöpfung (© Maximilian Schmidt 2003) Ein Montagezyklus besteht laut Bild 3.4 auch daraus, Teile zu den Fertigungsprozessen zu bringen, in der Produktion zu lagern und gegebenenfalls zu prüfen. Diese Prozesse sind neben den Wertprozessen nötig, um die Montage zu vollziehen, und sollen im weiteren Verlauf als unterstützende Prozesse bezeichnet werden. 3.4 Analyse der Wertprozessanteile einer manuellen Montage von Lüfterbaugruppen In Abschnitt 3.2 wurde der Montagevorgang einer Lüfterbaugruppe nach der TPS-Logik auf ihren Wertschöpfungsanteil hin analysiert. Als Ergebnis erhält man einen Wert > 80 %. Dies...


Schmidt, Maximilian
Prof. Dr.- Ing. Maximilian Schmidt hat von 2001 bis 2019 die Fachgebiete Fertigungstechnik und Arbeitsvorbereitung an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) betreut. Zuvor war er viele Jahre in der Wirtschaft, unter anderem als Unternehmensberater sowie als Hauptgeschäftsführer des Deutschen Gewerbeverbandes, Landesverband Bayern e. V., tätig. Seit 2019 ist er stellvertretender Vorstand der REFA-Gliederung Ingolstadt – Regenburg – Landshut.

Prof. Dr.- Ing. Maximilian Schmidt hat von 2001 bis 2019 die Fachgebiete Fertigungstechnik und Arbeitsvorbereitung an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) betreut. Zuvor war er viele Jahre in der Wirtschaft, unter anderem als Unternehmensberater sowie als Hauptgeschäftsführer des Deutschen Gewerbeverbandes, Landesverband Bayern e. V., tätig. Seit 2019 ist er stellvertretender Vorstand der REFA-Gliederung Ingolstadt – Regenburg – Landshut.


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