Schneider / Harapat | Bewusstlosensprechstunde | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 292 Seiten

Schneider / Harapat Bewusstlosensprechstunde

Wissenswertes über den Weltuntergang

E-Book, Deutsch, 292 Seiten

ISBN: 978-3-946922-87-2
Verlag: Schreibstark-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



SATWir leben in absurden Zeiten – und das nicht erst seit einem sich auf Welttournee befindenden Virus. Denn während demagogische Hasseinpeitscher ihre grölende Abendlandsermeute mit völkischen Blödoyers bei der Brechstange halten und ein vierundsiebzigjähriger Fünfjähriger jeden Tag aufs Neue seine nahezu beschreibungsresistente Universaldummheit vom eigenen Kindertellerrand in den Äther pöbelt, hobeln wir alle uns mit der Zerstörung des globalen Ökosystems gemeinsam die einzige nachhaltige Sitzgelegenheit unter unseren Ärschen weg. Alles in allem kein allzu glänzendes Zeugnis für unsere evolutionäre Unentbehrlichkeit. Der Satiriker Jörg Schneider und der Politiker Dominic Harapat haben sich daher einmal umgehört und „die Menschen im Land" zu deren Sicht der Dinge befragt. Herausgekommen ist dabei eine subtile Bestandsaufnahme des bereits lange vor der aktuellen Pandemie in der Welt grassierenden Wahnsinns … und ein schonungsloses Protokoll des Scheiterns. Jörg Schneider ist Autor zahlreicher Bücher. Er schrieb zudem u.a. für Frankfurter Rundschau, taz, Titanic, Eulenspiegel und die Harald Schmidt Show. Der Rockstar a.D. ist unbekannt aus Funk und Fernsehen und seit vielen Jahren auf großen und kleinen Bühnen unterwegs. Dominic Harapat ist hessischer Landesvorsitzender der Partei Die PARTEI und gilt aufgrund seiner schmierigen Rhetorik und juvenilen Redlichkeit vor allem unter älteren Mitbürgern als die perfekte Verkörperung des politischen Enkeltricks. Eben ein echter Profi.
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Einleitung: Über Politik, Satire und wie man lebend da rauskommt
Von Dominic Harapat Als Jörg mich fragte, ob ich nicht Lust hätte, mit ihm gemeinsam ein Buch zu schreiben, war ich sofort überaus dionysisch. Wie alle großen gescheiterten Geister (Dostojewski, Bukowski, Hitler) erstrebe auch ich naturgemäß ein Dasein in der Autorenschaft, um das Publikum mit den Lehren meines Misserfolgs zu drangsalieren. Es ist außerdem die letzte Disziplin öffentlicher Existenz, in der sich auch der allerletzte Vollidiot (Handke, Ulfkotte, Hitler) verwirklichen kann. Entsprechend musste ich nicht überlegen und willigte sofort ein. Dass ich bereits einen Vollzeitjob mit diversen Ehrenämtern verbinden musste, ignorierte ich geflissentlich. Wird schon, ich bin ja belastbar, flexibel, kundenorientiert und was man sonst so alles in eine nichtssagende Bewerbung hineinlügt. Nach einigem Hin und Her, wie denn der Inhalt gestaltet werden sollte, machte ich mich mit der Leichtigkeit eines Kindersoldaten ans Schreiben. Und da begannen auch schon die unüberwindbaren Probleme. Wo ich anfangs noch der Idee verfallen war, dass es verminderter Arbeitsaufwand sei, wenn man nur der Co-Autor ist, da man schließlich nur ein halbes Buch schreiben muss, um ein ganzes zu veröffentlichen, trat nun Verzweiflung auf den Plan: Was soll ich denn noch erzählen, das Jörg nicht bereits mannigfaltig zu Papier gebracht hat? Nun, lange später, ist das Werk so gut wie fertig und prall gefüllt mit vorher nicht absehbaren und leider auch viel zu seriösen Inhalten. Einzig diese Einleitung ist die letzte offene Baustelle, um nicht sogar von einer offenen Wunde zu sprechen, die die Gesamtheit des ansonsten geradezu meisterlich anmutenden Schrift­stücks mit sich in die [Fragment] Am besten beginne ich vielleicht damit, mich vorzustellen. Das könnte auch zum Verständnis beitragen, warum Jörg ausgerechnet mich in die erbarmungslose Welt derjenigen Satzbauer mit runterreißt, die bei einem Bier über den Niedergang der Gesellschaft grübeln und sich nur drei Bier und zwei Korn später bereitwillig und grölend selbst daran beteiligen. Wer also dieses Buch in Händen hält, mich bislang nicht kannte und sich die Mühe macht, meinen Namen durch das Internet zu jagen (so wie Gauland seinerzeit ankündigte, Merkel zu jagen), wird mich wohl in einer eher unseriös anmutenden politischen Herrenwitzvereinigung, auch Die PARTEI genannt, verorten. Wenn man mir nun die ernsthafte Absicht andichtet, mir in Sachen satirischer Schriftstellerei einen Namen machen zu wollen, dann erscheint der Weg aus den Reihen eines als Partei auftretenden Titanic-Gags mit Ethanolhintergrund doch weniger als ein Sprungbrett, sondern eher als ein Stolperdraht, der vor eine Fallgrube voller Schlangen, Skorpione und der Twitter-Blocklist von Jutta Ditfurth gespannt wurde. Doch frei nach Clint Eastwood gibt es immer zwei Wege: den harten und den falschen. Entsprechend möchte ich an dieser Stelle gern von dem falschen Weg erzählen, den ich bisher gegangen bin und der mich in diese missliche Lage gebracht hat. Obwohl mich der geschätzte Kollege Schneider auch gern mal als Jungpolitiker bezeichnet, ist das schon etwas an der Realität vorbei. Sicher erfüllt mich, verglichen mit Altkanzler Kohl, noch eine erfrischende Jugendlichkeit, um nicht zu sagen: Lebendigkeit. Aber selbst die Junge Union hätte mich mittlerweile aus ihren Reihen verbannt und würde mich fortan der Altherrenmannschaft zusprechen, selbst wenn man beim Anblick Tilman Kubans nicht gerade von dem Gefühl ereilt wird, dass die Altersobergrenze der CDU-Kaderschmiede wirklich unter 50 Jahren liegt. Es trifft jedoch zu, dass ich noch nicht lange in der Politik beheimatet bin. Aufgewachsen im sozialen Brennpunkt Wetzlars, war ich früher SPD-Wähler, auch wenn mir das heute etwas peinlich ist. Machte man aber so, wir waren ja Arbeiter. Mein Leben drehte sich auch mehr um Musik als um feiste, alte Männer mit fahlen Gesichtern und gleichfarbigen Gedanken in langweiligen Anzügen. Mein politisches Interesse dümpelte eher an der Oberfläche und doch war ich in meinem persönlichen Umfeld noch mit am ehesten am alltäglichen Ge- und Misslingen der Parlamentarier dieser Welt interessiert. Als Kneipenrockstar, der ich zu jener Zeit war oder gerne gewesen wäre, ist das aber auch kein Kunststück. Bei meiner ersten Bundestagswahl als Wahlberechtigter half ich noch dem Currywurst- und Flaschenbierkanzler Gerhard Schröder in eine weitere Amtszeit, was ich auch immer wieder tun würde, allerdings nicht wegen seiner Politik, sondern wegen seines Lifestyles. Der Elitenfreund aus Niedersachsen hatte mich jedenfalls damals mit dem Versprechen gelockt, Deutschland würde sich unter der Führung der Sozialdemokraten nicht am amerikanischen Angriffskrieg gegen den Irak beteiligen. Ein paar Sozialgesetze später war ich dann schon nicht mehr ganz so überzeugt und gab meine Zweitstimme gelegentlich der Linken oder den Grünen, was mir heute ebenso peinlich ist. Jede Wahlentscheidung war immerzu mit dem Gefühl verbunden, dass es ohnehin nicht wirklich besser kommen würde, sondern nur unterschiedlich schnell schlechter wird, je nachdem, wer die Macht bekommt. Peer Steinbrücks SPD erhielt am Wahlsonntag noch eine Mitleidsstimme von mir. Ich sah die Sozen derartig im Sinkflug, meine Stimme kam einer 10€-Spende an den WWF gleich, um das Aussterben des Säbelzahntigers und des Pterodaktylus doch noch zu verhindern. Bei der Kommunalwahl im März 2016 sollte zum vorerst letzten Mal die SPD von meiner Gutmütigkeit profitieren, seither sorge ich höchstpersönlich für meine Wahlentscheidungen und wähle mich einfach selbst. Am Ende war es wohl Jan Böhmermann und der Aufschrei um das Erdogan-Schmähgedicht, was mich in Die PARTEI getrieben hat. Bis dahin hatte ich sogar mit dem Eintritt in die SPD geliebäugelt. Nicht etwa, weil ich die sonderlich überzeugend fand, sondern weil ich den tollkühnen Versuch wagen wollte, den muffigen Lobbyisten-Ramschladen von innen heraus wieder sozialdemokratisch zu machen. Einzig ein utopisch hoher Monatsbeitrag und die Gewissheit, aufgrund meines Vorhabens über kurz oder lang depressiv zu werden, oder besserenfalls nur völlig zu verblöden, hatten mich bisher davon abgehalten. Als Fan von Blues-Musik und Eintracht Frankfurt konnte ich auch wirklich nicht noch mehr alltägliche Stimmungshemmer ertragen. Das Schmähgedicht schlug jedenfalls hohe Wellen. Was man jedoch völlig vermisste, war die Bundesregierung, die sich schützend vor ihre Künstler stellt und der Türkei die einzig richtige Antwort entgegenschmettert, nämlich eine totale Kriegserklärung oder wenigstens eine Belehrung über Kunst- und Meinungsfreiheit. Damit hatten die etablierten Spaßparteien ihren kümmerlichen Rest an Glaubwürdigkeit bei mir verspielt. Die Bundesregierung stellte sich stattdessen auf die Seite eines irren Despoten. Ein Verrat an der Freiheit und für mich eine deutliche Entscheidungshilfe, meine politische Heimat genau dahin zu verlegen, wo der in Salz gewendete, rostige Löffel in die offene Wunde der Demokratie gebohrt wird. Ich beantragte die Mitgliedschaft in der PARTEI, selbst wenn das bedeuten sollte, dass ich auf ewig unbezahlt und von den übrigen Angehörigen des Politikbetriebes, nicht ganz zu Unrecht, geächtet in der außerparlamentarischen Opposition mein Dasein fristen würde. Es folgte eine steile Karriere des Scheiterns. Ich scheiterte erstmals, nur wenige Tage nachdem ich Mitglied geworden war, mit meiner Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle des Bürgermeisters von Wetzlar. Natürlich durch Schiebung und Korruption. Ich scheiterte als Direktkandidat zur Bundestagswahl 2017 und als Kandidat für das pharaonengleiche Amt des Landrates des Lahn-Dill-Kreises, auch wenn ich bei der Wahl 100 % mehr Stimmen als die CDU erringen konnte. Schließlich scheiterte ich als Listenplatz-Dritter unter dem Spitzenkandidaten Bouffier (Mario) bei der Landtagswahl in Hessen. Auch mit meiner Bewerbung als Vize-Landrat kam ich nicht durch und zuletzt versuchte ich erfolgreich den Einzug ins Europaparlament zu verpassen. Aber um in der Sprache unserer Großeltern zu bleiben: Es war nicht alles schlecht. Denn schließlich kann ich selbstsicher von mir behaupten, für alle meine Wähler bis heute immerzu eine offene Tür, ein offenes Ohr und eine offene Hose zu haben. Martin Sonneborn wird das Zitat zugesprochen „Es gibt eben nur vier, fünf Arten auf den alltäglichen Irrsinn des kapitalistischen Systems zu reagieren: Alkoholismus, der bewaffnete Widerstand, Politik, Satire.“ Ich würde vielleicht noch „uner­messlicher Reichtum“ ergänzen, denke aber, das erklärt meinen Ansatz ganz gut, warum ich versuche, ausgerechnet mit Satire Politik zu machen (oder auch andersrum), auch wenn ich zugeben muss, dass die CSU unter Markus Söder gegenwärtig mehr Satire zu bieten hat als Die PARTEI. Jede Minute, die ich mich nicht dem Rausch hingebe, ist eine gewonnene Schlacht gegen mich selbst, gleichzeitig ein Sieg des Establishments, das mich nüchtern und klar für meine tägliche, niedere Lohnarbeit braucht, um sich noch einen auf meinem Rücken erwirtschafteten 1950er Macallan einzuschenken. Ich fürchte den Kapitalismus nicht und ich kann auch nicht behaupten, dass ich ihn verachte, persönlich habe ich es mir darin nämlich relativ kommod gemacht. Ich bezweifle allerdings stark, dass sich weltweiter Wohlstand durch ein ressourcenverschlingendes, aus­beu­terisches System erreichen lässt, das auf Wachstum ausgelegt ist und bei Nichterreichen seiner Ziele sofort zu Lasten der weniger Etablierten und der Abgehängten ins Schwanken gerät. Da sich das Ganze eigentlich sowieso nicht aufhalten lässt – schon gar nicht von einem herablassenden...


Jörg Schneider ist Autor zahlreicher Bücher. Er schrieb zudem u.a. für Frankfurter Rundschau, taz, Titanic, Eulenspiegel und die Harald Schmidt Show. Der Rockstar a.D. ist unbekannt aus Funk und Fernsehen und seit vielen Jahren auf großen und kleinen Bühnen unterwegs.


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