Schnell / Bilke-Hentsch / Gouzoulis-Mayfrank | Verhaltenstherapie der Sucht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 205 Seiten

Schnell / Bilke-Hentsch / Gouzoulis-Mayfrank Verhaltenstherapie der Sucht

E-Book, Deutsch, 205 Seiten

ISBN: 978-3-17-033616-2
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Carrying out addiction treatment places high demands on therapists. This book provides practical solutions for therapeutic management of the typically ambivalent attitude of dependent individuals towards their own addictive behaviour and for ways of developing motivation for change. Evidence-based behavioural therapy interventions are clearly presented and combined with findings from effectiveness research to move towards a form of addiction therapy based on effect factors. The focus is also on the important aspect of quality of life and individualized life designs that meet their own needs for people who want to overcome their addiction.
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Ablenkende Tätigkeiten
Bei Suchtdruck kann jegliche ablenkende Tätigkeit ausgeführt werden, z. B. Sport oder gemeinsam mit Bekannten etwas unternehmen. Sucht-Skills Emotionen
Hier werden die Zusammenhänge zwischen Gefühlen, Craving und Rückfällen erarbeitet. Viele Suchtpatienten berichten, wie auch Thorsten in der Fallvignette ( Kap. 2), dass sie häufig unter Langeweile leiden, wenn sie auf Drogen verzichten. Langeweile wirkt dann als Triggerreiz für Suchtdruck und Konsumausrutscher. Zudem geht es um die Funktion der Sucht, d. h. die Klärung persönlicher Suchtmotive, die individuell unterschiedlich sein können. Es gibt Patienten, die auf negative Emotionen wie Angst oder Wut mit Suchtdruck reagieren. Bei anderen Patienten sind es auch/stattdessen positive Emotionen, indem sie sich beispielsweise mit Drogenkonsum belohnen, wenn sie sich über einen beruflichen Erfolg oder eine bestandene Klausur freuen. Eine sehr spezielle Dynamik in Bezug auf positive Emotionen ist vielen Borderlinepatienten eigen. Sie weisen eine Intoleranz gegenüber positiven Emotionen auf und reagieren mit starker Anspannung darauf. Bei komorbider Sucht ist davon auszugehen, dass zudem Craving entsteht. Erklärungen dafür sind spekulativ. Plausibel ist jedoch der Bezug zu einem desolaten Selbstwertgefühl, indem sich alles Positive fremd und unangemessen anfühlt, schlechtes Gewissen und Scham erzeugt. Es gibt aber auch Patienten, die sich durchaus über Positives freuen würden. Sie lassen die Freude jedoch von Beginn an nicht zu, da sie Angst davor haben, dass das Positive wieder enden wird und sie das dann nicht ertragen (Motto: »Freu dich nicht zu früh«). Ziel des Moduls ist es auch zu lernen, wie Patienten für einen ausgeglichenen emotionalen Haushalt sorgen und Gefühle funktional regulieren können. Dabei spielen ganz basale Kompetenzen eine Rolle, wie regelmäßige Ernährung, gesunde Schlafhygiene und ggf. regelmäßige Medikamenteneinnahme (vgl. Lüdecke et al. 2015). Entgegengesetzt Handeln
Ein Skill, der aus der Standard-DBT kommt, ist das »entgegengesetzte Handeln«, um Emotionen abzuschwächen, wenn sie nicht zur Situation passen oder zu intensiv sind. Aktuelle Situationen können Ähnlichkeiten mit früheren biografischen Situation aufweisen und dadurch wie ein Trigger wirken, der Affekte auslöst, die eher mit der biografischen als mit der aktuellen Situation assoziiert sind. In der DBT wird dann von einer Affektbrücke gesprochen. Entgegengesetzt Handeln bedeutet dann, sich beispielsweise bei Schamgefühlen nicht klein zu machen, sondern sich aufzurichten und die Arme wie bei stolzen Gefühlen anzuwinkeln. Das reduziert die Emotion zumindest um Nuancen. Bei traurigen Gefühlen hilft entsprechend ein leichtes Lächeln, um sich besser zu fühlen. Ablauf beim »entgegengesetzten Handeln«: •  Schritt 1: Prüfen, ob die Emotion zur Situation passt. –  Nein, dann wurde vermutlich über eine Affektbrücke eine »alte Emotion« aktiviert ? Emotion durch entgegengesetztes Handeln abschwächen –  Ja, Emotion passt zur Situation •  Schritt 2: Prüfen, ob die Emotion in ihrer Intensität angemessen ist –  Emotion ist zu intensiv ? entgegengesetztes Handeln, um Emotion abzuschwächen –  Emotion ist angemessen intensiv ? Emotion achtsam annehmen Sucht-Skills Soziale Interaktion
Im Modul werden Fertigkeiten der sozialen Interaktion vermittelt, die für Suchtpatienten wichtig sind. Das können sowohl allgemeine soziale Kompetenzen sein, wie sie beispielsweise in dem »Gruppentraining sozialer Kompetenzen« (GSK) von Hinsch und Pfingsten (2015) oder dem entsprechenden Modul der Standard-DBT (Linehan 1996) vermittelt werden. Es können aber auch spezifische Kompetenzen für Suchtpatienten sein. Dazu zählt der funktionale Umgang mit Drogenangeboten. Da viele Patienten im Verlauf der Sucht ihren gesamten Alltag auf den Konsum hin ausrichten, werden nicht selten alle Freundschaften irgendwann beendet, die nichts mit dem Suchtverhalten zu tun haben. Alle Freunde und Bekannte sind dann entweder Dealer oder selbst Konsumenten. Hier ist es wichtig, als Therapeut nicht pauschal zu insistieren, dass Patienten auf alle solche Freundschaften verzichten. Es sollte aber differenziert werden, wer ein echter Freund ist und wer mit dem Patienten nur Zeit verbringt, um Drogen zu verkaufen. Letztere sollten aufgegeben werden. Von Freunden kann jedoch erwartet werden, dass sie den Abstinenzwunsch des Patienten respektieren und sensibel damit umgehen. So können manche Freundschaften zu Konsumenten auch erhalten werden. Wichtig ist aber, dass sich Patienten der Risiken solcher Kontakte bewusst sind. Denn diese Freunde sind möglicherweise selbst suchtkrank und können ihr Konsumverhalten nicht steuern. Beispiel: Funktionaler Umgang mit Drogenangeboten bedeutet, zunächst die aktive Entscheidung zu treffen, den »neuen Weg« zu gehen, d. h., »Nein« zu sagen: •  Bei Freunden ist es sinnvoll, Nein zu sagen und ehrlich zu begründen, warum man nicht mehr konsumieren möchte. •  Bei Fremden reicht ein bestimmtes Nein ohne weitere Begründung. •  Es gibt Patienten, die Drogenangebote ablehnen und dabei eine Ausrede formulieren möchten (vgl. Körkel und Schindler 2003). Letztendlich ist es jedem selbst überlassen, ob und wie er seine Ablehnung begründet. Das Problem an Ausreden ist, dass bei sich wiederholenden Kontakten immer neue Ausreden genutzt werden müssen. Daher ist die Ausreden-Option vermutlich nur bei einmaligen Kontakten sinnvoll (z. B. in einem Urlaub, in dem man dem Gegenüber sein Drogenproblem nicht mitteilen will). Sucht-Skills Achtsamkeit
In diesem Modul lernen Patienten, ihre Aufmerksamkeit achtsam nach innen auf körperliche oder seelische Vorgänge zu lenken oder nach außen auf wahrnehmbare Geräusche, Düfte oder visuelle Reize. Sobald die Patienten in der Lage sind, ihre Aufmerksamkeit bewusst zu lenken, können sie sich gezielt von Suchtdruck auslösenden inneren Vorgängen distanzieren und ebenso von äußeren Triggerreizen. Zudem lernen Patienten, sich selbst im »Hier und Jetzt« intensiver wahrzunehmen und gleichzeitig eine achtsame und dadurch distanzierte Beobachterposition zu inneren und äußeren ablaufenden Vorgängen einzunehmen. Diese Kompetenzen werden später wieder aufgegriffen, wenn es in der dritten Therapiephase darum geht, die Lebensqualität zu erhöhen und Kongruenz zwischen dem realen Leben und eigenen Bedürfnissen herzustellen ( Kap. 3.10). Generell kann die Bewusstheit im Alltag durch Achtsamkeit gefördert werden, was dazu beiträgt, nicht vorschnell und impulsiv zu handeln, wie es für Suchtpatienten typisch ist, sondern besonnen und reflektiert vorzugehen. Somit ist Achtsamkeit für ehemalige Drogenkonsumenten eine wertvolle Strategie. Oftmals nehmen Menschen Drogen, um intensivierte Erfahrungen zu machen, die Horizonte der Wahrnehmung auszuloten. Achtsamkeitsübungen haben durchaus das Potenzial, vergleichbare Erfahrungen zu vermitteln, natürlich nicht in der gleichen Intensität und darüber hinaus nur mit viel Übung und Geduld. Geduld wiederum ist keine Stärke von Drogenkonsumenten, die es gewohnt sind, für maximale Effekte lediglich etwas zu rauchen oder zu schlucken. Das, was zuvor die Droge übernommen hat, muss sich der Mensch nun mit großer Anstrengung und Geduld erarbeiten. Diejenigen, denen das gelingt, berichten von einem intensiven Gefühl der Selbstwirksamkeit. Auch, dass sich der Zustand viel »ehrlicher« anfühlt als ein Drogenrausch. Von daher ist das Trainieren von Achtsamkeit ein sehr wichtiger Aspekt in der Therapie von Suchtpatienten. Abschließender Hinweis zur Anwendung des Skillstrainings
Skills müssen zunächst in Situationen erprobt werden, die ein geringes affektives Niveau aufweisen, entsprechend den Metaphern: »die Feuerwahr übt nicht erst, wenn es brennt« oder »Rettungsboote werden im ruhigen Fahrwasser montiert«. Das bedeutet, dass Patienten zu Beginn des Skillstrainings noch nicht über verlässliche Kompetenzen verfügen, schwierige Situationen abstinent zu überstehen. Die Gefahr besteht, dass der Suchtdruck stärker ist als die Fähigkeit, ihm zu entsagen. Daher werden die Abläufe der Verhaltensfertigkeiten zunächst in Situationen geübt, die keinen oder geringen Suchtdruck auslösen. Ebenso wie die Feuerwehr ihre Abläufe einübt, wenn es nicht akut brennt. Die »Rettungsboote«, d. h. die Skills,...


Prof. Thomas Schnell is a psychological psychotherapist and Professor of Clinical Psychology and Behavioural Therapy at Hamburg Medical School.


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