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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 19, 100 Seiten

Reihe: Die Instrumentalität der Menschheit

Smith Die klainen Katsen von Mutter Hudson

Erzählung

E-Book, Deutsch, Band 19, 100 Seiten

Reihe: Die Instrumentalität der Menschheit

ISBN: 978-3-641-19251-8
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Sie wartet schon auf ihn
Benjacomin Bozart, der Zunftmeister der Gilde der Diebe, hat sich geschworen, Altnordaustralien zu berauben oder bei dem Versuch zu sterben. Doch Altnordaustralien wird von der Waffenmeisterin Mutter Hudson bewacht. Sie lebt auf einem Mond, dessen Oberfläche am Äquator zu einundzwanzig Facetten geschliffen worden ist, und ist für die schrecklichsten Waffen im ganzen Universum verantwortlich. Und sie ist darauf vorbereitet, den Tod speziell für Benjacomin Bozart zu wecken ... Die Erzählung 'Die klainen Katsen von Mutter Hudson' erscheint als exklusives eBook Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories von Cordwainer Smith auch in dem Sammelband 'Was aus den Menschen wurde' enthalten. Sie umfasst ca. 32 Buchseiten.

Cordwainer Smith war das Pseudonym von Paul Linebarger. 1913 in Milwaukee, Wisconsin geboren, verbrachte Linebarger seine Kindheit in den unterschiedlichsten Ländern. Sein Vater war pensionierter Richter und politisch aktiv; unter anderem pflegte er Beziehungen zu dem chinesischen Politiker Sun Yat-sen, der Pauls Taufpate war. Linebarger studierte Politikwissenschaft und wurde später Professor für Internationale Politik. Er arbeitete für den militärischen Geheimdienst der USA als Asien-Experte und gehörte dem Beraterstab von Präsident John F. Kennedy an. Er verfasste ein Handbuch über psychologische Kriegsführung, das bis heute als Standardwerk gilt. Daneben schrieb er unter verschiedenen Pseudonymen Kurzgeschichten und Romane; für seine SF-Erzählungen wählte er Cordwainer Smith. 'Cordwainer' ist eine veraltete Bezeichnung für Schuster, Smith bedeutet Schmied. Wie ein Handwerker baute Linebarger nach und nach sein Universum von der 'Instrumentalität der Menschheit' auf, mit dem er in den Fünfziger- und Sechzigerjahren bekannt wurde. Paul Linebarger starb im August 1966 und ist auf dem Nationalfriedhof in Arlington beerdigt.
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Schlechte Kommunikation fordert Diebe heraus; gute Kommunikation schreckt Diebe ab; perfekte Kommunikation setzt Diebe matt. – Van Braam     I   Der Mond drehte sich. Die Frau wachte. Einundzwanzig Facetten waren am Mondäquator poliert worden. Aufgabe der Frau war es, ihn zu bewaffnen. Sie war Mutter Hudson, die Waffenmeisterin von Altnordaustralien. Sie war eine rotgesichtige, frohgelaunte Blondine unbestimmten Alters. Ihre Augen waren blau, ihr Busen schwer, ihre Arme stark. Sie sah aus wie eine Mutter, aber das einzige Kind, das sie zur Welt gebracht hatte, war schon vor vielen Generationen gestorben. Nun war sie die Mutter eines Planeten, nicht die eines Menschen; die Norstrilier schliefen tief und fest, denn sie wussten, dass Mutter Hudson wachte. Die Waffen schliefen ihren langen, sehnsuchtsvollen Schlaf. Zum zweihundertsten Mal in dieser Nacht blickte Mutter Hudson zu der Warntafel hinüber. Die Tafel war ruhig. Keine der Gefahrenlampen leuchtete. Trotzdem spürte sie irgendwo dort draußen im Universum die Gegenwart eines Feindes – eines Feindes, der darauf wartete, sie und ihre Welt anzugreifen und nach dem unermesslichen Reichtum der Norstrilier zu greifen –, und sie schnaubte vor Ungeduld. Komm schon, kleiner Mensch, dachte sie. Komm schon, kleiner Mensch, und stirb. Lass mich nicht warten. Sie lächelte, als ihr die Absurdität ihrer Gedanken bewusst wurde. Sie wartete auf ihn. Und er wusste es nicht. Er, der Räuber, war ganz entspannt. Er hieß Benjacomin Bozart, und er war hervorragend geübt in der Kunst der Entspannung. Niemand in Sunvale, hier auf Ttiollé, würde ahnen, dass er der Zunftmeister der Gilde der Diebe war, aufgewachsen unter dem Licht des hellvioletten Sterns. Niemand würde an ihm den Geruch von Viola Siderea wahrnehmen. »Viola Siderea«, hatte Lady Ru gesagt, »war einst die schönste aller Welten, und nun ist sie die verkommenste. Ihre Menschen waren einst Vorbilder für die Menschheit, und nun sind sie Diebe, Lügner und Mörder. Man kann ihre Seelen am helllichten Tage riechen.« Lady Ru war vor langer Zeit gestorben, und man brachte ihr großen Respekt entgegen, aber sie hatte sich geirrt: Die anderen Leute konnten den Räuber in ihm nicht im Geringsten riechen. Und er wusste das. Er verriet sich ebenso wenig wie ein Hai, der sich einem Kabeljauschwarm nähert. Die Natur des Lebens ist es, zu leben, und er lebte, wie er leben musste – vom Beutefang. Wie sollte er sonst leben? Viola Siderea war schon vor langer Zeit Bankrott gegangen, als die Photonensegel aus dem Weltraum verschwunden waren und die Planoformschiffe begannen, ihren Weg zu den Sternen zu flüstern. Seine Vorfahren waren auf einem abgelegenen Planeten zum Sterben zurückgelassen worden. Sie hatten sich geweigert zu sterben. Ihre Ökologie wandelte sich, und sie wurden zu Raubtieren unter den Menschen, von der Zeit und durch genetische Veränderungen ihrer tödlichen Aufgabe angepasst. Und er, der Räuber, war der Beste seines Volkes – der Beste der Besten. Er war Benjacomin Bozart. Er hatte geschworen, Altnordaustralien zu berauben oder bei dem Versuch zu sterben, und er hatte noch nicht vor, sein Leben zu beenden. Der Strand von Sunvale war warm und lieblich. Ttiollé war ein freier, offener Transitplanet. Bozarts Waffen und er selbst waren sein Glück; er plante, beides gut einzusetzen. Die Norstrilier konnten töten. Wie er auch. In diesem Augenblick, an diesem Ort war er ein fröhlicher Tourist an einem lieblichen Strand. An anderen Orten, zu anderen Zeiten konnte er zum Frettchen unter den Kaninchen, zum Falken unter den Tauben werden. Benjacomin Bozart, Dieb und Zunftmeister. Er wusste nicht, dass jemand auf ihn wartete. Jemand, der seinen Namen nicht kannte, war vorbereitet, den Tod speziell für ihn zu wecken. Er war noch gelassen. Mutter Hudson war nicht gelassen. Sie spürte ihn schwach, konnte ihn aber noch nicht genau orten. Eine ihrer Waffen schnarchte. Sie drehte sie um. Tausend Sterne weiter lächelte Benjacomin Bozart, als er am Strand entlangging.     II   Benjacomin fühlte sich wie ein Tourist. Sein gebräuntes Gesicht war ruhig. Seine stolzen Augen blickten unter schweren Lidern gleichmütig hervor. Sein hübscher Mund behielt auch ohne sein charmantes Lächeln eine Spur Freundlichkeit in den Winkeln. Er wirkte attraktiv, aber ohne besonders aufzufallen. Er ging mit federnden, entspannten Schritten am Strand von Sunvale entlang. Die Wellen rollten heran, mit gischtweißen Kronen, wie die Brecher auf der Mutter Erde. Die Einwohner Sunvales waren stolz darauf, wie sehr ihre Welt der Menschenheimat ähnelte. Nur wenige von ihnen hatten die Menschenheimat selbst kennengelernt, aber sie kannten sich ein wenig in der Geschichte aus, und die meisten von ihnen verspürten eine vorübergehende Nervosität, wenn sie an die alte Regierung dachten, die noch immer die Tiefen des Weltraums mit ihrer politischen Macht bestimmte. Sie liebten die alte Instrumentalität der Erde nicht, aber sie respektierten und fürchteten sie. Die Wellen mochten vielleicht an die schöne Seite der Erde erinnern; an die weitaus weniger schöne Seite wollten sie lieber gar nicht denken. Dieser Mann gehörte zur schönen Seite der Alten Erde; niemand konnte die Macht spüren, die in ihm verborgen lag. Die Einwohner Sunvales lächelten ihn flüchtig an, wenn sie ihm begegneten. Die Atmosphäre war ruhig und alles um ihn herum heiter. Er wandte das Gesicht der Sonne zu. Er schloss die Augen. Er ließ das warme Sonnenlicht durch seine Lider tropfen, ließ sich mit seiner tröstenden und beruhigenden Berührung erleuchten. Benjacomin träumte von dem größten Diebstahl, den je ein Mensch geplant hatte. Er träumte davon, einen großen Teil des Wohlstandes zu rauben, den die Menschen des reichsten aller Planeten angesammelt hatten. Er stellte sich vor, wie es sein würde, wenn er dann mit den Reichtümern nach Viola Siderea zurückkehren würde, dem Planeten, von dem er stammte. Benjacomin wandte sein Gesicht von der Sonne ab und musterte nacheinander die am Strand befindlichen Menschen. Noch waren keine Norstrilier zu sehen. Sie waren leicht zu erkennen: große Menschen mit rötlicher Hautfarbe; hervorragende Athleten und trotzdem auf ihre eigene Art unschuldig, jung und sehr zäh. Für diesen Diebstahl hatte er zweihundert Jahre lang geübt, sein Leben war eigens zu diesem Zweck von der Gilde der Diebe auf Viola Siderea verlängert worden. Er selbst war der Traum seines eigenen Planeten, eines armen Planeten, der einst ein Zentrum des Handels gewesen und nun zu einem unbedeutenden Stützpunkt für Raub und Plünderung herabgesunken war. Er sah eine norstrilische Frau aus einem Hotel herauskommen und zum Strand hinuntergehen. Er wartete und beobachtete und träumte. Er hatte eine Frage, doch kein erwachsener Australier würde sie ihm beantworten. Das ist lustig, dachte er, selbst jetzt noch nenne ich sie ›Australier‹. So lautet auch ihre alte, alte irdische Bezeichnung – reiche, mutige, zähe Menschen. Kämpfende Kinder, die die halbe Welt beherrschten … Und nun sind sie die Tyrannen der ganzen Menschheit. Ihnen gehört aller Reichtum. Sie haben Santaclara, Leben und Tod anderer Menschen hängen von dem Handel ab, den sie mit den Norstriliern treiben. Aber ich nicht. Auch meine Leute nicht. Wir sind Menschen, die die Wölfe unter der Menschheit sind. Benjacomin wartete geduldig. Gebräunt von den Strahlen vieler Sonnen sah er aus wie vierzig, obwohl er hundert war. Er war bequem gekleidet, nach Art der Urlauber. Er hätte ein interkultureller Handelsreisender, ein erfahrener Spieler, ein stellvertretender Raumhafendirektor sein können. Ja, er hätte sogar ein Wirtschaftsdetektiv sein können. Er war es nicht. Er war ein Dieb. Und er war ein so guter Dieb, dass sich die Menschen an ihn wandten und ihm ihr Eigentum anvertrauten, denn er war sympathisch, freundlich, grauäugig, blond. Benjacomin wartete. Die Frau musterte ihn, und ihr Blick verriet offenes Misstrauen. Was sie sah, musste sie jedoch beruhigt haben. Sie ging weiter und kam an ihm vorbei. Sie rief über die Düne zurück: »Komm her, Johnny, hier können wir hinausschwimmen.« Ein kleiner Junge, der acht oder zehn Jahre alt zu sein schien, lief auf seine Mutter zu. Benjacomin spannte sich wie eine Kobra. Seine Augen wurden scharf, sie verengten sich zu Schlitzen. Dies war die Beute. Nicht zu jung und nicht zu alt. War das Opfer zu jung, kannte es die Antwort nicht; war das Opfer zu alt, hatte es keinen Zweck, sich mit ihm einzulassen. Norstrilier waren gefürchtete Kämpfer; Erwachsene waren geistig und körperlich so stark, dass ein Angriff keine Aussicht auf Erfolg hatte. Benjacomin wusste, dass jeder Dieb, der den Planeten der Norstrilier besuchte – der einen Raubzug in die Traumwelt von Altnordaustralien unternommen hatte –, jegliche Verbindung zu seinem Volk verlor und starb. Von keinem hatte man jemals wieder etwas gehört. Aber er wusste auch, dass Hunderte oder Tausende Norstrilier das Geheimnis kennen mussten. Dann und wann machten sie Witze darüber. Als junger Mann hatte er diese Witze gehört, und nun war er mehr als ein alter Mann, ohne der Antwort näher gekommen zu sein. Das Leben war teuer. Er befand sich weit in seiner dritten Lebensperiode, und die Lebensjahre waren von seinem Volk redlich erworben worden. Sie alle waren gute Diebe und hatten ihr mühsam zusammengestohlenes Geld ausgegeben, um die Medizin zu kaufen, die ihren...


Smith, Cordwainer
Cordwainer Smith war das Pseudonym von Paul Linebarger. 1913 in Milwaukee, Wisconsin geboren, verbrachte Linebarger seine Kindheit in den unterschiedlichsten Ländern. Sein Vater war pensionierter Richter und politisch aktiv; unter anderem pflegte er Beziehungen zu dem chinesischen Politiker Sun Yat-sen, der Pauls Taufpate war. Linebarger studierte Politikwissenschaft und wurde später Professor für Internationale Politik. Er arbeitete für den militärischen Geheimdienst der USA als Asien-Experte und gehörte dem Beraterstab von Präsident John F. Kennedy an. Er verfasste ein Handbuch über psychologische Kriegsführung, das bis heute als Standardwerk gilt. Daneben schrieb er unter verschiedenen Pseudonymen Kurzgeschichten und Romane; für seine SF-Erzählungen wählte er Cordwainer Smith. „Cordwainer“ ist eine veraltete Bezeichnung für Schuster, Smith bedeutet Schmied. Wie ein Handwerker baute Linebarger nach und nach sein Universum von der „Instrumentalität der Menschheit“ auf, mit dem er in den Fünfziger- und Sechzigerjahren bekannt wurde. Paul Linebarger starb im August 1966 und ist auf dem Nationalfriedhof in Arlington beerdigt.


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