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Spinrad Kind des Glücks

Roman

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ISBN: 978-3-641-17559-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ein Jahr in Freiheit
In ferner Zukunft ist es üblich, dass junge Erwachsene nach ihrer Ausbildung ein Jahr auf Wanderschaft gehen, um die Galaxis und sich selbst besser kennenzulernen. Auch die junge Moussa beginnt ihre Bildungsreise. Ihre Eltern sind reich, doch sie glauben, dass es für ihre Tochter besser ist, wenn sie ohne finanzielle Unterstützung auskommen muss. Alles, was Moussa mitnimmt, ist ein Gutschein für ein Flugticket nach Hause. Ihre erste Station ist Edoku, die schillerndste Welt des Universums. Um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wird sie Geschichtenerzählerin - und sie lernt die Liebe ihres Lebens kennen ...

Norman Spinrad, geboren 1940 in New York, arbeitete als freier Schriftsteller und Literaturagent, bevor er in den Sechzigerjahren erstmals mit seinen Science-Fiction-Erzählungen und -Romanen auf sich aufmerksam machte. Er zählt zu den amerikanischen New-Wave-Autoren und trug immer wieder mit Stories zu Michael Moorcocks Magazin New Worlds bei. Daneben publizierte er Romane, die nicht nur ausgezeichnet unterhalten, sondern auch der amerikanischen Gesellschaft und Medienlandschaft den Spiegel vorhalten und zu politischen Debatten über den zivilisatorischen Stand der Dinge anregen. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet Spinrad in seiner Wahlheimat Frankreich.
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Einführung
  Und so wage ich es hiermit endlich, nach einem halben Lebensalter und einem guten Dutzend histoires, die die ewige Geschichte in allen ihren zeitgebundenen Inkarnationen erzählen, die Geschichte meines eigenen Wanderjahrs aus den Erinnerungen meines Herzens zu berichten. Wandernder Kesselflicker und herrenloser Samurai, Troubadour und Hippie, Zigeuner und Arkie, Zen-Einsiedler und Cowboy – unzählige Inkarnationen des archetypischen Wanderers sind der Zauberstraße gefolgt, die ewig durch Zeit und Raum führt – von den Dörfern und Wäldern der prähistorischen Erde zu den San Franciscos und Samarkands der Mythen und der Geschichte, mit den ersten Arkologien, die das Sternenmeer im Unterlichtflug meisterten, und weiter zu den himmlischen Städten der weitverstreuten Menschenwelten. Die Sänger und die Avatare vergehen, doch das Lied bleibt immer gleich, denn die Geschichte ist stets dieselbe: Sie erzählt vom Wanderjahr, von der ewigen Reise von der Kindheit zur Reife durch das wunderbare und schreckliche Chaos, das dazwischen liegt. Auch dies ist eine histoire dieses Archetyps, wie er sich in unserer eigenen Ära verkörpert: das Kind des Glücks, das wir alle waren oder sein werden. Im folgenden jedoch wird die distanzierte Beobachterin jede Vorspiegelung von Objektivität ablegen, denn dies ist meine Namensgeschichte, dies ist das Lied meines Wanderjahrs. In dieser modernen Version der zeitlosen histoire beginnt unsere naive Heldin die Geschichte als die kleine Moussa auf Glade, und die Zauberstraße, der sie folgt, wird von Planet zu Planet führen; und sie reist nicht mit Pferd oder Motorrad, sondern mit dem Sprungschiff. In dieser Geschichte – wie in allen meinen anderen – werden Sie den Inkarnationen der großen und ewigen Reise der Jugend zur Reife begegnen, des Geistes in die Kultur, des Gegenstücks zum Übergang vom Erträumten zu dem, was uns zu sein bestimmt ist. Aber hier werden Sie ihnen so begegnen, wie sie dieses Kind unseres Zweiten Raumfahrenden Zeitalters sah: als Freunde und Geliebte, als Freidiener und Geschichtenerzähler, als Ladersüchtige, Geehrte Passagiere, Domos und Wissenschaftler – und als die wandernden Kinder aller Menschenwelten, die wir waren. So ist diese Geschichte meines Wanderjahrs auch die Geschichte jener Reise, die über und unter die historischen Annalen hinausgeht. Im Zweiten Raumfahrenden Zeitalter nennen wir diese Reise wie in einer anderen Ära weit in der Vergangenheit das Wanderjahr, obwohl es für manche nur nach Wochen und für andere nach Lebensaltern zählt. Wie auch immer dieser Übergang genannt wurde – Wanderjahr, Liebessommer, die Suche nach dem Heiligen Gral, die voyage d'arc –, bis ich den Eigennamen Wendi annahm und meine histoires aufzuschreiben begann, war es eine Erzählung, die von dem, was wir »Geschichte« nennen, geflissentlich ignoriert worden war. Denn »Geschichte« ist die Geschichte von den Taten jener, die die Evolution der menschlichen Rasse geformt haben – von dem namenlosen Hominiden, der das erste Werkzeug schuf, zu den Erfindern des Feuers und des Rades, zu den Organisationen, die die ersten Menschen in den Weltraum und auf den Erdmond schickten, zu den Erbauern der Arkologien, die die Menschen zu den Sternen brachten, bis zu jenen, die den Sprungantrieb aus den geheimnisvollen Artefakten entwickelten, die von den »Vorgängern« hinterlassen wurden und auf diese Weise unser Zweites Raumfahrendes Zeitalter aus der Taufe hoben. Die, deren Namen der »Geschichte« bekannt sind, waren Wissenschaftler und Forscher und Politiker und Generäle und Künstler. Sie haben die Naturgesetze erhellt, wundervolle Geräte erfunden, Nationen aufgebaut, Kriege gewagt, neue bewohnbare Welten entdeckt, überdauernde Kunstwerke geschaffen, und in der Tat waren sie es selbst, die die »Geschichte« niederschrieben. Denn »Geschichte« ist die zeitgebundene Geschichte der Evolution bestimmter menschlicher Gesellschaften. Doch neben der »Geschichte« gibt es eine ebenso alte Geschichte – die Geschichte dessen, das immer draußen und drinnen existiert hat, das nicht selten im Gegensatz zur »Gesellschaft« steht und das dennoch in einem anderen und tieferen Sinn den wahren menschlichen Geist bis zum heutigen Tag getragen hat. Verschiedene Kulturen gaben ihm verschiedene Namen. Die Romany Road. Bohème. Subkultur. Die Kosmokultur. Der Underground. Der Funke der Arkies. Demimonde. Auch seine Angehörigen bekamen viele Namen; die meisten herabsetzend. Ronin. Zigeuner. Freaks. Glücksritter. Landstreicher. Arkies. Bis zum Zweiten Raumfahrenden Zeitalter konnte diese Halbwelt nur durch das definiert werden, was sie nicht war. Eine »Kultur« bestand im Grunde aus den sozialen, politischen, wirtschaftlichen, kulinarischen, linguistischen, technischen und ästhetischen Konventionen, an denen ihre Bürger teilhaben; auf einer tieferen Ebene war es die Übereinstimmung in Bezug auf die Realität, die Bewusstseinsart, die ein »Volk« definierte. Folglich war die Demimonde die psychische Heimat jener, die durch Wahl oder Zufall innerhalb der räumlichen Grenzen einer Kultur existierten, ohne jedoch mit deren Realitätsauffassung übereinzustimmen. So standen sie außerhalb von »Gesetz« und »Geschichte«. Hier konnten die Kriminellen und sozial Ausgestoßenen gefunden werden, die Verrückten und Abartigen, die Betreiber sozial geächteter Laster und die Anhänger von Göttern, die nicht vom jeweiligen Hauptstamm angebetet wurden. Doch hier gab es auch die Visionäre, die außerhalb ihrer eigenen Zeit geboren wurden, die Künstler, die neue Bewusstseinsebenen erschufen, die Sucher und die Träumer – im Grunde alle, deren Geist nicht von den Parametern der vereinbarten Realität ihres gegebenen sozialen Gefüges umfasst werden konnte. Hier war die Heimat des Chaos in seiner ewigen Dialektik mit der Ordnung, des Chaos, aus dem alle neue Kultur und somit die Geschichte selbst immer wieder hervorgegangen ist. Hier war, mit anderen Worten, die innere Heimat des Abenteuergeistes der Jugend. Zur demimonde fühlten sich gleichermaßen die Besten und die Schlechtesten der Jugend einer Kultur hingezogen – die Träumer und die Rebellen, die Idealisten und die Psychopathen, die Künstler und die Arbeitsscheuen, die Sucher des Lasters und die Sucher der Erleuchtung. Einige reisten eine Weile im Reich des Chaos und tauchten wieder auf als Former und Gestalter der Geschichte. Einige durchlebten ihr Wanderjahr und wurden nur alt. Einige blieben für immer verschollen. Ein paar blieben ewig jung, bis zum Tag, an dem sie starben. Doch sehr viele Heranwachsende in sehr vielen Kulturen gingen nie durchs Chaos. Sie wurden geboren, wurden akkulturiert, wurden beschult, durchliefen die Stationen des Erwachsenenlebens, erlebten eine schlecht definierte Spanne der Angst im mittleren Lebensabschnitt, erklärten sich resigniert für alt und starben, ohne je einen Fuß auf die Zauberstraße gesetzt zu haben, ohne überhaupt zu verstehen, was es war, das sie in ihrem Leben verpasst hatten. So blieb es ungeschrieben, bis ich begann, meine histoires zu erschaffen, und nun ist auch dies eine neue Art von Geschichte, in dem Sinne, dass es eine Geschichte der menschlichen Vergangenheit ist. Heute, im Zweiten Raumfahrenden Zeitalter, ist dieses alte Konzept der »Kultur« als Gefängnis des individuellen Bewusstseins selig verschieden. Denn wie jeder seinen eigenen Lingo-Dialekt spricht, so ist auch jedes menschliche Bewusstsein seine eigene, selbst erschaffene Realität, einzigartig und doch Teil der unendlich komplexen vie humaine. Denn jeder von uns durchlebt als Kind des Glücks ein Wanderjahr; und es ist selten, dass ein Kind unseres Zeitalters zum Mann oder zur Frau wird, ohne den Zwischenbereich erfahren zu haben. Was ist der größte Ruhm und die größte Errungenschaft des Zweiten Raumfahrenden Zeitalters? Der Sprungantrieb, der unsere Sprungschiffe in die Lage versetzt, die großen, leeren Räume zwischen den Sternen zu durchmessen, so dass sich unsere Art über Hunderte von Welten ausbreiten kann? Die Tatsache, dass die Menschheit endlich den Krieg und den Chauvinismus hinter sich gelassen hat? Unser umfassendes Wissen um die Zusammenhänge zwischen Masse und Energie? Ich behaupte, dass die größte Errungenschaft des Zweiten Raumfahrenden Zeitalters, die uns von allen früheren Zivilisationen abhebt und uns über sie stellt – nicht nur im Gegenständlichen, sondern im Bewusstsein –, die Tatsache ist, dass unsere Zivilisation als einzige die Weisheit hatte, für alle das Wanderjahr zur Pflicht zu machen. Denn es mögen zwar einige von uns Geschichten erschaffen und einige von uns Raumkapitäne oder Wissenschaftler oder politische Führer und so weiter sein, aber alle von uns waren einmal Kinder des Glücks. Ist denn nicht die Wahl des Eigennamens zugleich die Erklärung des kommenden Lebenswerks, und wird der Eigenname nicht am Ende des Wanderjahrs gewählt, und ist das Wanderjahr nicht genau der Prozess, durch den wir Kinder des Glücks unsere Bestimmung und uns selbst finden? Außerdem – da jeder von uns die Freiheit und die Gefahren eines Kinds des Glücks geschmeckt hat, da jeder von uns ein Kind des Glücks bleibt, bis er sich am Leben sattgegessen hat, suchen wir im Gegensatz zu den Eltern früherer Zeiten nicht das Kind an die Wiege, den kleinen Adler ans Nest zu ketten, beneiden wir nicht unsere Kinder um den goldenen Sommer, den wir doch selbst erfahren haben und freiwillig erst aufgaben, als...


Spinrad, Norman
Norman Spinrad, geboren 1940 in New York, arbeitete als freier Schriftsteller und Literaturagent, bevor er in den Sechzigerjahren erstmals mit seinen Science-Fiction-Erzählungen und –Romanen auf sich aufmerksam machte. Er zählt zu den amerikanischen New-Wave-Autoren und trug immer wieder mit Stories zu Michael Moorcocks Magazin New Worlds bei. Daneben publizierte er Romane, die nicht nur ausgezeichnet unterhalten, sondern auch der amerikanischen Gesellschaft und Medienlandschaft den Spiegel vorhalten und zu politischen Debatten über den zivilisatorischen Stand der Dinge anregen. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet Spinrad in seiner Wahlheimat Frankreich.


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