Stevenson | Morgen ist heute gestern | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Stevenson Morgen ist heute gestern

Eine optimistische Reise in die Zukunft

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-492-95606-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Wie die Welt in 1000 Jahren aussehen wird, können wir nur vermuten. Wie dramatisch aber Technik, Wissenschaft und Forschung unser Leben in den kommenden zehn Jahren verändern werden, das hat Mark Stevenson herausgefunden. Und er nimmt uns mit auf eine atemberaubende Tour in die nächste Zukunft: Dort begegnen wir sozial agierenden Robotern (die gleichwohl unter Stimmungsschwankungen leiden), lernen Transhumanisten kennen (die eifrig auf das tausendjährige Leben hinarbeiten), touren mit Spaceshuttles durch die Wüste und entschlüsseln die Geheimnisse der Nanotechnologie. Dabei propagiert Stevenson keineswegs einen blinden Optimismus, sondern öffnet uns die Augen für die unfassbaren Möglichkeiten, die wir haben. Sein Fazit: Die besten Jahre liegen noch vor uns, freuen wir uns drauf!
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Kapitel 1
Die gefährlichste Idee der Welt
Alter ist kein besonders interessantes Thema. Jeder kann alt werden. Man muss nur lang genug leben. GROUCHO MARX Ich sitze im Zug nach Oxford und denke darüber nach, wie lange ich wohl noch leben werde. Das hat nichts damit zu tun, dass ich einen Untergang der menschlichen Zivilisation erwarten würde, und es ist auch keine Reaktion auf das Sandwich, das man mir gerade im Zug verkauft hat. Es hängt vielmehr damit zusammen, dass vor einigen Wochen unvermutet plötzlich Gevatter Tod an meine Tür pochte und fragte: »Was willst du mit dem Rest deines Lebens eigentlich anfangen?« (Wie sich herausstellte, klang der Sensenmann ganz ähnlich wie mein Vater.) Wie immer die Antwort ausfallen mag, eines weiß ich sicher, nämlich dass sich meine Zukunft in einer völlig veränderten Welt abspielen wird. Denn wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass gerade eine Revolution vonstattengeht. Die Bevölkerung nimmt sprunghaft zu, die Verstädterung der Erde schreitet unaufhaltsam voran (mehr als die Hälfte der Menschen leben schon heute in Städten), die Medizin heilt Krankheiten, die lange als unheilbar galten, 90-Jährige unternehmen Fallschirmsprünge, Geschäftsleute schicken Raumschiffe ins All, das Klima verändert sich, und das Wissen der Welt wird für jedermann zugänglich, der über einen Internetanschluss verfügt. Deshalb begebe ich mich auf eine Reise, die mir, so hoffe ich, Aufschluss darüber bringen wird, wie meine Zukunft aussehen wird. Wird Krebs heilbar werden? Worin besteht die »Revolution der Biotechnologie«? Kommen nun endlich die Roboter? Worum geht es eigentlich bei der Nanotechnologie? Wie wird das Internet die Gesellschaft formen? Wie werden wir mit dem Bevölkerungswachstum zurechtkommen? Wenn sich das Klima verändert, wie wird sich dies auf uns auswirken und können wir etwas dagegen tun? Wird uns die Technologie ein Freund sein oder in weite Ferne enteilen und uns benommen und verwirrt zurücklassen? Und wie werden die Antworten auf all diese Fragen sich miteinander verflechten und unsere Lebensweise, unsere Arbeitswelt und unser Freizeitverhalten beeinflussen? Ich möchte eine Antwort finden auf die persönlichste und bedeutendste aller Fragen, eine Frage, die wir alle uns stellen: »Was kommt demnächst auf uns zu?« Doch zunächst muss ich ermitteln, was unter »demnächst« zu verstehen ist. Oder anders ausgedrückt, wie viel Zeit mir noch bleibt. Wie weit muss ich in die Zukunft blicken? Laut der amtlichen Statistikbehörde konnte in Großbritannien ein Mann, der im Jahr 1971 geboren wurde (wie ich), mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von etwas mehr als 69 Jahren rechnen. Derselben Quelle entnehme ich, dass ich im Jahr 2010, als 39-Jähriger, durchschnittlich weitere zehn Jahre zu erwarten habe. Allein der Tatsache, dass ich bis heute am Leben geblieben bin, habe ich anscheinend zusätzliche Lebenszeit zu verdanken. Der Anstieg der Lebenserwartung ist gut dokumentiert. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist stetig um ungefähr ein Vierteljahr pro Kalenderjahr gestiegen, seit es einigermaßen verlässliche Aufzeichnungen darüber gibt (etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts). Manche meinen, dieser Trend werde sich im Gefolge des medizinischen Fortschritts weiter fortsetzen, vielleicht gar beschleunigen, und bald werde es Scharen von Hundertjährigen geben. Andere dagegen verweisen darauf, dass die statistische Zunahme der Lebenserwartung eher mit dem starken Rückgang der Kindersterblichkeit (insbesondere durch die erfolgreiche Bekämpfung der Tuberkulose) zusammenhänge. Mit Blick auf die natürlichen Grenzen unserer Langlebigkeit bemerkte Stuart Jay Olshansky von der School of Public Health an der Universität von Illinois: »Man kann die Jungen nicht zweimal retten.« Abgesehen von wenigen bemerkenswerten Ausnahmen – Ozzy Osbourne, Keith Richards und sämtliche Mitglieder von Aerosmith – gibt es einen fundierten Zusammenhang zwischen der Lebensweise eines Menschen und seiner Lebenserwartung. Daher habe ich bei mehreren Lebenserwartungsrechnern im Internet eine Vielzahl von Fragen zu Lebensstil und Familiengeschichte beantwortet. Meine bevorzugte »Death Clock« ermittelt mir ein persönliches »Sterbedatum«, das auf »normalen«, »optimistischen«, »pessimistischen« oder »sadistischen« Berechnungen beruht (Letzteres besagt, dass man eigentlich bereits tot sein müsste), und zeigt anschließend die Sekunden an, die mir noch verbleiben … und beginnt dann mit dem Countdown. Es ist auf eigenartige Weise faszinierend zu beobachten, wie das eigene Leben verrinnt. Ich möchte gern wissen, ob vielleicht jemand tatsächlich dabei gestorben ist. Aus den Berechnungen ergibt sich, dass ich, wenn ich meine gegenwärtige Lebensweise beibehalte, älter als 80 Jahre werden, aber nicht das 85. Lebensjahr erreichen werde (was sich also einigermaßen mit den amtlichen Statistiken deckt). Doch wenn ich meine Ernährung verbessere, mehr Sport treibe, weiter arbeite (was gemäß einigen Studien eine Grundvoraussetzung ist, um den düsteren Sensenmann auf Abstand zu halten) und weniger Alkohol trinke, habe ich eine gute Chance, älter als 90 Jahre zu werden. Und wenn sich die durchschnittliche Lebenserwartung auch in Zukunft stetig erhöht, könnte ich in 50 Jahren möglicherweise mit weiteren zwölf Jahren Lebenszeit rechnen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass ich die Hundert überschreite. Das finde ich ermutigend: Ich bin noch immer Single und habe keine Kinder, aber anscheinend bleibt mir noch genügend Zeit, um eine Familie zu gründen und vielleicht sogar die Regeln des Kricketspiels zu begreifen. Nick Bostrom, der Gründer des Future of Humanity Institute an der Universität Oxford, bestärkt mich in dieser Auffassung. Er glaubt tatsächlich, dass ich nicht nur 100 Jahre leben könnte, sondern Tausende. Und das meint er durchaus ernst. Bostrom ist ein Anhänger des Transhumanismus. Der Name dieser Denkrichtung, die von Kritikern auch als »eine der gefährlichsten Ideen der Welt« bezeichnet wurde, ist dem Werk Religion Without Revelation entlehnt, das Julian Huxley 1927 schrieb. Julian Huxley, der Bruder von Aldous, war ein renommierter Biologe, erster Generalsekretär der UNESCO und Begründer des World Wildlife Fund. Ein umtriebiger Mann. Er schrieb: Die menschliche Gattung kann, sofern sie dies wünscht, über sich selbst hinauswachsen – nicht nur sporadisch, also ein einzelner Mensch auf eine bestimmte Weise, ein anderer auf eine andere Weise, sondern in ihrer Gesamtheit, als Menschheit insgesamt. Wir benötigen noch einen Namen für dieses neue Denken. Huxley schlug schließlich den Begriff »Transhumanismus« vor – dahinter steht die Vorstellung, dass der Mensch im Kern menschlich bleiben, aber über die Grenzen dessen hinauswachsen kann, was ihm von der Natur in die Wiege gelegt wurde. Machen wir nun einen Zeitsprung um 77 Jahre, in das Jahr 2004, und lauschen dem Biogerontologen Aubrey de Grey, der verkündet: »Ich glaube, der erste Mensch, der 1000 Jahre alt werden wird, ist jetzt wahrscheinlich bereits 60.« Ich bin unterwegs, um mich mit Nick Bostrom zu unterhalten, weil in der Debatte über den Transhumanismus Wissenschaft, Ethik und Sozialpolitik ungebremst aufeinanderprallen. Sie verlangt von uns, neu darüber nachzudenken, was die Medizin leisten soll, wie die Gesellschaft der Zukunft aussehen soll und wie weit wir die Möglichkeiten der Technologie vorantreiben sollten. Ich stürze mich gewissermaßen Hals über Kopf ins kalte Wasser. Einen Teil der Fahrt nutze ich dazu, um über eine instabile drahtlose Internetverbindung noch einmal den Vortrag nachzulesen, den de Grey 2004 auf der Konferenz »Technology, Entertainment and Design« (TED) in Kalifornien gehalten hat. Darin stellt er die Frage, ob jemand im Publikum »Malaria für eine gute Sache« halte. Als sich niemand meldet, fährt er fort: »Ich glaube, der Hauptgrund, warum wir Malaria als etwas Schlechtes betrachten, liegt darin, dass sie ein gemeinsames Merkmal mit dem Altern besitzt – und das ist folgendes …« An dieser Stelle zeigt er eine Folie, auf der die Worte stehen: »Weil sie Menschen tötet!!!« Dann setzt er hinzu: »Der einzige echte Unterschied besteht darin, dass der Alterungsprozess wesentlich mehr Menschen tötet.« Anschließend vergleicht de Grey das Altern mit der Fuchsjagd und erklärt, beides habe eine »lange Tradition«, trage dazu bei, die »Bestände gering zu halten«, und sei, das ist seine Pointe, »im Grundsatz barbarisch«. Auf derselben Konferenz erklärt Nick Bostrom später: »Der Tod ist ein großes Problem. Wenn man sich die Statistik ansieht, stehen die Chancen nicht sehr gut. Bislang sind die allermeisten Menschen, die gelebt haben, auch gestorben.« Doch die Bekämpfung des Alterns stellt nur die eine Hälfte der wahrhaft radikalen Agenda der Transhumanisten dar. Sie setzen sich auch für eine neue Sicht des Menschen ein: Sie streben nach dem Transhumanen – einem Menschen, der nicht nur vor dem Altern bewahrt, sondern auch über seine gegenwärtigen »biologischen Begrenzungen« hinaus weiterentwickelt und verbessert wurde. Als Kind spielte ich mit einem Transhumanen namens Steve Austin. Steve war eine Spielzeugpuppe aus The Six Million Dollar Man, ein Merchandising-Ableger der gleichnamigen Fernsehserie. Wie der Steve im Fernsehen besaß auch meiner »bionische« Körperteile, die ihm halfen, weiter zu sehen, schneller zu laufen und härter zuzuschlagen als seine (häufig einen Schnurrbart tragenden) Gegner. Seine...


Stevenson, Mark
Mark Stevenson, geboren 1971 in den Midlands in England, führt als Naturwissenschaftler und Stand-up-Comedian gewissermaßen zwei Leben: Tagsüber erarbeitet er Lernkonzepte für Museen und schreibt als Wissenschaftsjournalist u. a. für The Times und The Economist. Abends steht er auf der Bühne und erklärt dem staunenden Publikum, was für unglaubliche Optionen wir in Zukunft haben werden. Mark Stevenson lebt und arbeitet in London.

Roller, Werner
Werner Roller, geboren 1954, ist seit der Jahrtausendwende Übersetzer mit den Schwerpunkten Politik und (Zeit-)Geschichte, Sport und Musik.


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