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E-Book, Deutsch, 257 Seiten

Stoffel Funktionelle Neuroanatomie für die Tiermedizin

E-Book, Deutsch, 257 Seiten

ISBN: 978-3-13-244456-0
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



10 000 000 000 Nervenzellen bilden das ZNS. Über unzählige Vernetzungen steuern sie sowohl die Körperfunktionen als auch die Reaktionen auf die Außenwelt. Behalten Sie hier den Überblick!
Die "Funktionelle Neuroanatomie für die Tiermedizin" betrachtet die Funktionsweise des Nervensystems als Ganzes. Hervorragende Zeichnungen verdeutlichen die komplexen Zusammenhänge; eine anschauliche Sprache erleichtert das Verständnis zusätzlich. So bietet das Werk effektive Hilfe für Anatomietestate und die Prüfung. Im klinischen Alltag erleichtert die übersichtliche Darstellung der Reflexbögen die neurologische Untersuchung. Nicht zuletzt erfordern moderne Verfahren wie CT und MRT die genaue Kenntnis der Neuroanatomie. Nur so können sichtbare Läsionen von Gehirn und Rückenmark mit klinischen Funktionsausfällen in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden. Auch hierfür ist das vorliegende Buch ein unverzichtbares Nachschlagewerk.
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2 Aufgaben des Nervensystems
Die Aufgabe des Nervensystems lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Reizbeantwortung. Grundlage dieses Prozesses ist der Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Elementen, also Kommunikation. Das Ziel der Reizbeantwortung liegt in der Steuerung der Lebensprozesse sowie der Sicherung der äußeren Existenz. Mit zahlreichen Sensoren (Rezeptoren) überwacht das Nervensystem sowohl die Außenwelt als auch die Innenwelt des betreffenden Organismus. Es sammelt ständig eine Fülle von Informationen, filtert diese und setzt sie in Beziehung zueinander. Die Verarbeitung dieser Daten erfolgt mit dem Ziel der Auslösung angemessener Reaktionen. Der Prozess der Reizbeantwortung lässt sich somit auch als Regelkreis begreifen. Die Messglieder (Rezeptoren) stellen laufend Ist-Werte fest (Datenerhebung). Der Regler vergleicht die Ist-Werte mit den Soll-Werten und ermittelt davon ausgehend eine Stellgröße (Datenverarbeitung). Über die Ansteuerung von Stellgliedern (Erfolgsorgane) wird für eine geeignete Korrektur gesorgt (Reaktion). Über das Prinzip des Regelkreises sorgt das Nervensystem damit für die Einhaltung von äußeren und inneren Grundbedingungen, die mit dem Leben vereinbar sind. Die drei Grundelemente der Reizbeantwortung sind: Datenerhebung = Input Datenverarbeitung = neuronale Verarbeitung Reaktion = Output Die Informationsverarbeitung erfolgt größtenteils im Zentralnervensystem (ZNS), also in Gehirn und Rückenmark. Für die Übermittlung von Input und Output sind demgegenüber die Gehirn- und die Spinalnerven des peripheren Nervensystems (PNS) zuständig. Auf zytologischer Ebene beruht die Funktion des Nervensystems auf besonderen Eigenschaften der beteiligten Zellen. So stellt die Ansprechbarkeit von Rezeptoren und Nervenzellen auf entsprechende Reize die Voraussetzung für jede Form von Datenerhebung dar (Erregbarkeit). Die elektrische Leitfähigkeit der Nervenzellfortsätze ihrerseits ist Vorbedingung für Signalübermittlung und ? Informationsverarbeitung. Die Funktionsweise des Nervensystems lässt sich damit mit einem Gefäß mit Zu- und Abflüssen vergleichen. Wasser aus zahlreichen Quellen wird über entsprechende Leitungen herangeführt (In-put), sie sind die „Informationsträger“. Bei der Verarbeitung kommt es naturgemäß zu einer Vermengung der Informationen, sodass deren Herkunft und der weitere Datenfluss nicht mehr eindeutig verfolgt werden können. Aus der Fülle dieses Informationseintrags resultiert der Abfluss (Output), der wiederum über verschiedene Wege erfolgen kann. Ein direkter, eindeutiger Kausalzusammenhang zwischen einem spezifischen Zufluss und einem daraus resultierenden Abfluss kann daher nur unter besonderen Voraussetzungen hergestellt werden. Unter günstigen Umständen lässt sich der Datenfluss in diesem Sammelgefäß aber zumindest streckenweise nachvoll-ziehen, wenn der Wassereintrag durch spezifische Merkmale gekennzeichnet ist und einen Abflussweg findet, bevor eine vollständige Durchmischung stattgefunden hat. Ein wesentlicher Teil der Erkenntnisse zum Informationsfluss im Zentralnervensystem wurde durch Axon-Tracing gewonnen. Es dient der Beantwortung von zwei Fragen: Woher kommen die Neuriten, die in einem Bereich grauer Substanz enden? Wohin ziehen die Neuriten, die von einem Bezirk grauer Substanz ausgehen? Das Verfolgen der Neuriten entgegen dem Informationsfluss wird als retrogrades Tracing, jenes in Richtung der Datenübermittlung als anterogrades Tracing bezeichnet. Bei jeder Durchtrennung oder Quetschung eines Neuriten kommt es zum Absterben des distalen, von seiner Verbindung zum Zellleib beraubten Teils mitsamt seiner Myelinscheide. Dieses Phänomen wird zu Ehren des englischen Physiologen Augustus Volney Waller (1816–1870) als Waller- oder anterograde Degeneration bezeichnet. Nach Läsion eines Neuriten kann aber auch der Zellleib von Rückbildungsvorgängen betroffen sein. Der zur Membran verlagerte Zellkern schwillt an und die Nissl-Substanz wird größtenteils abgebaut. Das Phänomen der Chromatolyse kann somit für ein retrogrades Tracing genutzt werden. In beiden Fällen können vor- oder nachgeschaltete, mit der geschädigten Zelle synaptisch verbundene Neurone in Mitleidenschaft gezogen werden. Man spricht von anterograder oder retrograder transneuronaler Degeneration. Die Folgen all dieser degenerativen Prozesse lassen sich lichtmikroskopisch erkennen. Durch experimentell gesetzte Läsionen können somit neuronale Verbindungen aufgespürt werden. Zusätzlich zu diesen seit dem 19. Jahrhundert entwickelten Methoden gibt es eine Vielzahl neuerer Techniken, die sich die axonalen Transportprozesse zunutze machen. So lässt sich der zurückgelegte Weg entsprechend markierter Substanzen verfolgen. Meerrettich-Peroxidase wird von axonalen Endigungen aufgenommen und mit einer Geschwindigkeit von 200–300 mm/Tag zum Zellleib befördert. Aufgrund seiner enzymatischen Aktivität lässt sich die Peroxidase nach Anbieten geeigneter Substrate anhand des Reaktionsprodukts im Gewebe lokalisieren. Auch gewisse Toxine und Amidine wurden erfolgreich für das retrograde Tracing eingesetzt. Umgekehrt eignen sich markierte Aminosäuren wie Leucin oder Prolin sowie Dextranamine oder Lektine für ein anterogrades Tracing. Sie werden vom Zellkörper aufgenommen und über den axonalen Transport zu den Nervenendigungen befördert. All diese Techniken verfolgen ein einziges Ziel: den Informationsfluss im Nervensystem vom Input über die Verarbeitung bis zum Output nachzuvollziehen. Die Leitungslehre stellt damit die Quintessenz unzähliger Untersuchungen zu neuronalen Verbindungen dar. 2.1 Input
Der gesammelte Input besteht aus Informationen über den Status innerer Organe (wie z. B. die Körpertemperatur, die Blutosmolarität oder die Dehnung von Hohlorganen) sowie aus Informationen über die Umwelt (so z. B. über die Außentemperatur, das Nahrungsangebot oder das Verhalten von Artgenossen). Dementsprechend sind Rezeptoren in den inneren Organen sowie an der Körperoberfläche zu finden. Sind Rezeptoren zu einer übergeordneten Struktur zusammengefasst, so spricht man von Sinnesorganen. Dabei gilt es, sich vor Augen zu halten, dass vom Organismus nur jene Reize erfasst werden können, für welche entsprechende Rezeptoren (Sensoren, Messfühler) ausgebildet sind. Die Ausstattung mit Rezeptoren ist den jeweiligen Lebensbedingungen angepasst und kann deshalb zwischen verschiedenen Spezies erheblich variieren. So vermag ein Hund Schallfrequenzen bis zu 50 000 Hz zu hören, die für den Menschen bereits im Ultraschallbereich liegen. Der Erlebnishorizont ist von vornherein durch die Palette möglicher Reizwahrnehmungen gegeben und eingeschränkt. Die Wahrnehmung ist somit immer eine selektive. So können sogar gewisse schädigende Einwirkungen – wie z. B. ionisierende Strahlung – mangels geeigneter Rezeptoren überhaupt nicht wahrgenommen werden. Rezeptoren sind eigentliche Signalwandler, transformieren sie doch einen für sie adäquaten Reiz in chemo-elektrische ? Impulse. Die so gesammelten Daten werden über periphere Nerven an das Zentralnervensystem herangeführt. Die Informationsübermittlung von den peripheren Rezeptoren zum ZNS wird als Afferenz bezeichnet und erfolgt dementsprechend über afferente Bahnen. Die morphologische Grundlage des Inputs besteht somit aus den folgenden zwei Elementen: Rezeptor afferente Leitung über das periphere Nervensystem (PNS) 2.2 Verarbeitung
Der weitaus überwiegende Teil der rund 1010 Nervenzellen des ZNS wird von Binnenneuronen gestellt, welche für Integration, Koordination und Assoziation sowie die höheren kognitiven Leistungen zuständig sind. Im Schnitt ist jedes Neuron mit 10 000 anderen Zellen vernetzt. Daraus ergibt sich eine unüberschaubare Vielfalt an gegenseitigen Beeinflussungsmöglichkeiten und Kombinationen zur Verarbeitung gesammelter Informationen. Wie mit dem Bild des Gefäßes mit seinen zahlreichen Zu- und Abflüssen illustriert, ist die Datenverarbeitung im ZNS damit ein höchst komplexes Geschehen, welches sich nur schlecht in einzelne Teilelemente zerlegen lässt. Die enorme Fülle an Informationen, die ein Organismus permanent sammelt, wird zusammengeführt, analysiert und ausgewertet. Untereinheiten sind funktionell wie morphologisch nur bedingt isolierbar und entsprechend schwierig gestaltet sich die Erfassung der Integrationsleistungen, also der kognitiven Leistungen des ? ZNS. Über die spezifischen Aufgaben und die Verflechtungen bestimmter Rindenareale ist jedoch vieles bekannt und Kenntnisse der...


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