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E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Storl Der Bär - eBook

Krafttier der Schamanen und Heiler

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-03800-146-1
Verlag: AT Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Überall, wo der Bär lebt, galt er als Krafttier. Er war kein gewöhnliches Tier, sondern eine Art 'Waldmensch', unter dessen zotteligem Fell sich eine Menschen- oder gar Götterseele verbarg. Er konnte die Gedanken der Menschen verstehen und hatte Heilkräfte. Wolf-Dieter Storl, Kulturanthropologe und Ethnobotaniker, der selbst viele Jahre in Bärenbiotopen in den Rocky Mountains lebte, zeichnet in diesem Buch die Beziehung zwischen Mensch und Bär auf. Die Reise führt von den Bärenhöhlen der Neandertaler zu den Bärenkulturen sibirischer Stämme der Gegenwart, vom Höhlenbär bis zum Teddybär und nicht zuletzt auch in die Bärenstadt Bern. Wir erfahren von der Bärengöttin Artemis und dem Medizinbären der indianischen Schamanen und finden zahlreiche Bärenmärchen und - geschichten aus aller Welt. Eine faszinierende Beziehung zwischen Mensch und Bär - in Kulturgeschichte, Mythologie, Heilkunde und Biologie.
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Bärenschamanen und Pflanzenheiler
»Die Seelen! Sie sind ja gar nicht in den Körpern. Die Körper sind in den Seelen!« Christian Siry, Die Muschel und die Feder Wir haben es fast vergessen: Tiere sind unsere Helfer und Gefährten. Die Katzen sind nicht nur nützlich, weil sie Mäuse fangen, die Hunde, weil sie den Hof bewachen, die Kühe, weil sie Milch, Butter und Käse geben, oder die Pferde, weil sie Wagen ziehen oder uns tragen können. Das sind lediglich die auf den materiellen Nutzen bezogenen, utilitaristischen Erwägungen. Wenn man die Tiere mit dem Auge des Herzens sieht, dann erkennt man, dass ihr Wert weit über dem bloßen Ökonomischen liegt. Es stimmt zwar, dass Kinder, die mit Haustieren aufwachsen, seelisch ausgeglichener sind, oder dass der Spitz, die Schmusekatze oder der Goldfisch das Leben für Alte und Einsame erträglicher macht. Aber auch diese psychotherapeutischen Aspekte sind hier nicht unser Hauptanliegen. Wir wollen uns mit dem archetypischen Wesen der Tiere, in diesem Fall des Bären, befassen. Tiere haben feine Sinne, sie spüren, was auf die Haus- und Hofbewohner zukommt, lange ehe es der Mensch wahrnimmt. Sie spüren bis in die unsichtbare energetische und astrale Dimension hinein. Oft nehmen sie einen Fluch oder ein karmisch bedingtes Unglück auf sich, so dass sie krank werden oder gar sterben, damit es die Menschen, mit denen sie verbunden sind, nicht trifft. Tierverbündete können dem Menschen telepathische Botschaften zukommen lassen, ihn lehren und ihm helfen bei der Erfüllung seines Schicksals. Was für die Hof- und Haustiere zutrifft, das trifft noch mehr auf Wildtiere zu. Da diese nicht gezähmt und den unnatürlichen Zwängen der Domestikation nicht unterworfen sind, ist ihnen eine besondere Kraft eigen. Immer wieder gibt es Menschen, die in Resonanz mit einem Wildtier – dem Eber, dem Hirsch, dem Hasen, den Vögeln und sogar den Winzlingen, den Ameisen und Käfern – treten können. In unseren Schulen lernen wir diesen Zugang zu den Tierseelen nicht. Unsere Aufmerksamkeit wird auf andere, »wichtigere« Dinge gelenkt, auf leblose Mechanismen und rechnerisch abstrakte Daten. So kann man im »System« funktionieren. Aber die Seele braucht etwas anderes, um gesund zu sein. Etwa tierische Seelenverbündete. Diese lassen sich auch finden. Man kann in die Natur hineinlauschen, sich ihr gegenüber bewusst öffnen. Man braucht nur aufmerksam Acht zu geben, welche Tiere einem im eigenen Leben immer wieder erscheinen, zu welchen man sich unwillkürlich hingezogen fühlt und welche besonderes Interesse wecken. Vielleicht ziert eine bestimmte Tierart unser Familienwappen? Vielleicht erzählt die Familiengeschichte von einem Tier, das mit einem Urahn verbunden war? Das Wesen der Tiere verstehen
Tiere sind unseren Seelen näher als die schweigsamen Pflanzen oder Steine. Tiere sind, wie wir, verkörperte Seelen. Wie wir leben sie im Spannungsfeld der Gefühle und Emotionen, der Freude und des Leides, der Abneigungen und Zuneigungen. Pflanzen und Mineralien besitzen zwar auch so etwas wie eine empfindsame Seele und einen weisheitsvollen Geist, diese sind aber nicht – wie bei atmenden Tier- und Menschenwesen – an ihre Körperlichkeit gebunden: Ihre »Geist-Seelen« sind weiter entfernt, sie befinden sich außerhalb ihrer physischen Leiber, ausgebreitet in der makrokosmischen Natur. Diese mineralischen und pflanzlichen »Geist-Seelen« sind nicht dem alltäglichen Verstand zugänglich, deswegen kann eine Wissenschaft, die sich nur auf das Messbare, Wägbare und Logische beschränkt, sie nicht wahrnehmen. Schamanen aber haben die Fähigkeit, aus dem alltäglichen Bewusstsein herauszutreten. Wenn sie stark sind – und eventuell einen Bären als Schutzgeist haben –, können sie mit diesen »Geist-Seelen« kommunizieren. Tiere sind beseelte Wesen. Sie atmen. Ihre Seele fließt mit jedem Atemzug. Gefühle, Stimmungen und Emotionen sind innig mit dem Rhythmus des Ein- und Ausatmens verbunden. Das Wort Tier (altenglisch deor, niederländisch dier, schwedisch djor) entspringt dem Indogermanischen *dheusóm und bedeutet »atmendes, beseeltes Wesen«. Auch das Lateinische animal, animalis (Tier) ist mit dem Begriff anima, animus (Seele, Atem, Wind, Geist, beseeltes Wesen) verwandt. Wenn ein Mensch oder ein Tier aufhört zu atmen, verlässt die Anima den Körper und kehrt in die jenseitige Dimension zurück. Die Lebenswärme verflüchtigt sich, erstarrt liegt der Körper und löst sich in seine stofflichen Komponenten auf. Die Seelen der Tiere – das weiß jeder Schamane und jeder, der Tiere liebt – sind jedoch reiner, unverfälschter als die unseren. Keine Gedankenabstraktionen, kein »schöpferischer Intellekt«, keine »kulturellen Konstruktionen der Wirklichkeit«, keine Lebenslüge spaltet das Tier von seiner unmittelbaren natürlichen Umwelt ab. Das Tier ist unmittelbar in seine Um- und Mitwelt eingebunden. Nicht Worte und abstrakte Symbolsysteme, nicht die Gedanken, die an ein übergroßes stoffliches Hirn gebunden sind, bestimmen das Verhalten der Tiere, sondern die Gerüche, die Laute und Stimmungen der Umwelt, die Tages- und Mondrhythmen und der Wandel der Jahreszeiten steuern ihre Aktivitäten. Die Natur »denkt« in ihnen. Sie haben teil an der ordnenden Vernunft des makrokosmischen Geistes. Es ist nicht so, wie die heutige Schulwissenschaft behauptet, dass die zerebral-kognitiven Fähigkeiten des Tieres im Vergleich zum Menschen unterentwickelt oder weniger evolviert sind. Nein, es ist so, dass sich der »Geist« des Tierindividuums größtenteils auf einer anderen Ebene befindet, in einer nichtmateriellen Dimension. Dieser Geist ist nicht ein individualisierter, verkörperter Geist, sondern er hat teil an einem »Gruppengeist«, der – wie es bei den meisten Naturvölkern heißt – beim »Herrn der Tiere« in der »Anderswelt«, bei der »Tiermutter« in der Höhle, im Inneren eines Berges oder auf »unterirdischen grünen Wiesen« zu finden ist. Dieser »Gruppengeist« ist ein spirituelles Wesen; es ist eine Gottheit, ein Deva. Er ist es, der den Schwalben im Spätherbst den Weg in den sonnigen Süden weist, der den Tieren zeigt, wie sie ihre Nester zu bauen haben, sie vor einer Sturmflutwelle oder Erdbeben warnt oder ihnen sagt, welche Pflanzen fressbar sind, welche heilend, welche giftig. Heute nennt man das »Instinkt«. Das Wort, das im 17. Jahrhundert in die Wissenschaft eingeführt wurde, bedeutet lediglich »Antrieb« (vom lateinischen instinguere, »anstacheln«, »antreiben, so wie der Hirt die Herde mit seinem Stock antreibt«). Wer ist es aber, der die Tiere zu ihrem Verhalten antreibt? Heute glauben wir es zu wissen. Es sei die »genetische Programmierung«, die die angeborenen, stereotypen Verhaltensweisen, die nicht erlernt und kaum durch Lernprozesse abgeändert werden, steuert. Exogene Reize (Wärme, Licht, Düfte usw.) lösen endogene, genetisch verankerte Reaktionen aus – so die gegenwärtige, materialistisch-positivistische, auf genauen Laboruntersuchungen und Messungen basierende Lehrmeinung. Die Naturvölker haben weder Labore noch haben sie eine experimentelle Methode zur Wissensfindung entwickelt. Ihr Wissen über Tiere beruht auf einem engen, unmittelbaren Zusammenleben mit den wilden gefiederten oder felltragenden Bewohnern ihrer Umwelt. Ihre Gemeinschaft ist eine, die viele Generationen überspannt; Mensch und Tier wissen voneinander, verhalten sich mit-, für- und gegeneinander und bilden eine Lebenseinheit, eine Symbiose. Naturmenschen kennen jeden Laut der Wildnis, sie können auch die feinsten Spuren – Fressspuren im Laub, Abdrücke auf feuchten Böden, Haare, Federn – exakt deuten. Alles haben sie intensiv und genau beobachtet. Aber sie bleiben nicht bei der bloßen äußeren Beobachtung stehen. Sie gehen jenseits der alltäglichen Sinne. Traum, Vision und auch schamanische Techniken – Versenkung, langes Fasten und Wachen, Trance-Tanz und Trommeln und bei einigen Stämmen die Anwendung von Pflanzen, die das Bewusstsein erweitern – verbinden sie mit dem Deva der jeweiligen Tierart, mit dem Tierherrn oder der Tiermutter. Sie hüllen sich in die Haut des Büffels, des Hirschs oder des Bären, ahmen mit Tanzschritten seine Bewegungen nach und singen die Tierlieder, bis sie im Einklang mit ihm sind, bis sich die Grenze zwischen ihrer und der Tierseele auflöst. Sie fliegen dann als Rabe, Nachteule oder Milan, sie schwimmen als Delphin, laufen als Wolf mit der Meute durch Tundra oder Prärie, oder als Hirsch mit den Hinden (Hirschkühen) durch den Wald. Im Gegensatz zum positivistischen Wissenschaftler, der die Tiere nur von außen beobachtet und ihre Reaktionen misst, erleben sie das Tier von innen heraus.1 Dabei sind nicht unbedingt die Menschen die aktiven Initiatoren dieser intensiven Interaktionen. Wie mir der Cheyenne-Medizinmann Bill Hoher Büffelstier (Tallbull) zu erklären versuchte, sind es meistens die Tiere selber, die den Menschen aufsuchen, ihm Inspirationen, Träume, Hinweise oder Warnungen zukommen lassen. Nicht der Schamane sucht sich sein Schutztier aus, es ist das Tier, das ihn aussucht. Der Anthroposoph Karl König schreibt im ähnlichen Sinne (König 1988: 90): »Das Tier greift tief in das Leben der Menschen, der Mensch entscheidend ins Dasein der Tiere ein. Sie durchdringen einander, und es ist nicht nur Furcht und Aberglaube, welche die Tabus, die Feste, die Zauberhandlungen bedingen. Die Seelenwelt der Tiere selbst, ihre Handlungen, ihr Verhalten, ihre Phantasien und übersinnlichen Erfahrungen durchwirken das Vorstellen, Fühlen und Handeln der mit ihnen lebenden Wilden (Menschen).« Dass Tiere die Menschen telepathisch beeinflussen und steuern...


geboren 1942, Kulturanthropologe und Ethnobotaniker. Lehrte als Dozent an verschiedenen Universitäten und hat zahlreiche Bücher publiziert, die zu Longsellern wurden. Er lebt mit seiner Familie auf einem Einödhof im Allgäu.


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