Storl / Grosser | Unsere Wurzeln entdecken | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 181 Seiten

Storl / Grosser Unsere Wurzeln entdecken

Ursprung und Weg des Menschen

E-Book, Deutsch, 181 Seiten

ISBN: 978-3-89901-675-8
Verlag: Aurum in Kamphausen Media GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was können wir von alten Wegen lernen? Wie kann unsere Spiritualität aussehen, wenn wir die Botschaften aus der Frühzeit der Menschen hören und ihnen in unserem Leben Raum geben? Wolf-Dieter Storl antwortet auf die großen Fragen unseres Lebens, verknüpft sie mit seinen Erfahrungen bei indigenen Völkern - besonders den amerikanischen Indianern - und stellt sie in den Kontext unserer modernen Welt. Ein sehr persönlicher Interviewband, der uns zurück zu unseren Wurzeln führt.

Wolf-Dieter Storl ist Kulturanthropologe und Ethnobotaniker. Er war Dozent an verschiedenen Universitäten in den USA, Österreich, der Schweiz und Indien. Reisen in viele Länder der Erde und Kontakt zu indigenen Völkern sowie zu einheimischen Bauern und Kräuterkundlern prägten sein Weltbild. Dirk Grosser schreibt für verschiedene spirituelle Magazine, ist Co-Autor diverser Bücher (u.a. mit Wolf-Dieter Storl) und seit einigen Jahren im Verlagswesen tätig, wobei er vorrangig Bücher zu Naturspiritualität und den mystischen Zweigen der Weltreligionen lektoriert, bearbeitet und herausgibt.
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Kapitel 1:
Wann ist der Mensch ein Mensch?
Wann kann man zum ersten Mal von einem Menschen sprechen? Es scheint, dass der Mensch sich zum ersten Mal als Mensch zeigte, als er das Feuer entdeckte und die Sprache entwickelte. Denn das unterscheidet ihn von anderen Tieren. Alle Tiere haben Angst vor dem Feuer, und Tiere sprechen nicht wie wir, wenigstens nicht auf dieser Ebene, auf der wir uns befinden. Tiere geben einander Signale, Zeichen, die immer auf das Hier und Jetzt und auf die Gegenwart bezogen sind. Aber wir können heraustreten aus dem Hier und Jetzt und können Bezug nehmen auf Vergangenheit und Zukunft. Wie unterscheidet sich der Mensch von anderen Hominiden? Ich denke, es ist ein gradueller Unterschied. Die frühen Hominiden werden Steine oder Stöcke aufgehoben und als Werkzeug benutzt haben, so wie es Schimpansen und andere Primaten auch tun. Sie werden auch ein kompliziertes System von Signalen gehabt und zum Teil auch über Gestik und Mimik kommuniziert haben. Aber es muss irgendwann ein Zeitpunkt gekommen sein, an dem irgendeiner der Hominiden, vielleicht ein Australopithecus oder Homo erectus, das Feuer nutzen, z.B. einen brennenden Ast greifen und sich selbst herausnehmen konnte aus dem direkten Bezug zu seiner Umwelt. Mein Eindruck ist, dass das damit zu tun hat, dass bei den Menschen der kindliche Spieltrieb vorhanden war. Sie konnten spielerisch mit einem Feuer umgehen. Bei Tieren ist es auch so, dass die Jungtiere oft sehr verspielt sind, bis sie dann älter werden und ihr Verhalten zum großen Teil durch Instinkte geführt wird. Aber beim Menschen wird der Spieltrieb beibehalten. Überhaupt ist der Mensch, oder sind die Hominiden, ein Leben lang wie Jungtiere. Wir haben ja auch keine nennenswerte Körperbehaarung – und wenn man Affen beobachtet, sehen die Jungaffen viel menschlicher aus als die Altaffen. Und wir haben nicht nur physisch die Charakteristika von Jungtieren behalten, sondern auch in unserem Verhalten. In uns ist eine ständige Neugierde. Und irgendwann – für mich ist das so wie ein Blitzschlag des Bewusstseins – hat irgendein Primat die Furcht überwunden und das Feuer greifen können. Das ist wie das Überschreiten einer Schwelle, ein Übergang zu einer neuen Seins-Weise. Ich stelle mir das so vor wie die Annäherung an ein seltsames Tier. Das Feuer erschien vielleicht wie ein Tier, das auch beißt, wenn man ihm zu nahe kommt. Und dem sich vorsichtig aber mit Neugierde angenähert wird. Und dann merkt man, dass man etwas damit tun kann. Ja, genauso muss man sich das vorstellen. Warum sind die Hominiden überhaupt von den Bäumen herabgestiegen? Die anatomische Umstellung vom Klettern auf Bäumen zum aufrechten Gang ist doch enorm. Wie ist das vonstatten gegangen und was hat die Hominiden dazu gebracht, das zu tun? Die Wälder im Miozän, die ausgedehnten tropischen Wälder, in denen diese Primaten lebten, schrumpften, und es kam zu einer Art Konkurrenz, wer in den schönen Bäumen bleiben konnte und wer nicht. Die Schwächeren mussten ihre Plätze räumen und sich mehr oder weniger auf die Erde begeben. Es gibt ja Übergangsformen in den Fossilien: Man sieht, dass bei den ganz frühen Prähominiden die Zehen noch viel beweglicher waren, noch viel besser greifen konnten. Die sind zwar immer wieder in die Bäume geklettert, waren aber mehr am Erdboden, denn sie waren eigentlich die Verlierer des Wettbewerbs um die Bäume. Nun muss man sehen, dass die Hominiden, oder die Vorfahren von Menschen und Menschenaffen, eine Voranpassung, eine Präadaption zum aufrechten Gang hatten. Denn sie sind ja nicht wie Eichhörnchen kopfüber geklettert, sondern sie sind aufrecht durch die Bäume geklettert, in einer senkrechten Körperposition. Dann waren sie noch nicht so weit entwickelt wie die Ponginae und die Gorillas und Orang-Utans, dass sie diese überlangen Arme für das Hangeln hatten. Das Aufrechte war also schon ein bisschen vorgegeben. Und das hat ihnen natürlich auch gewisse Vorteile gebracht. Sie konnten besser über die Savanne blicken und mit ihren frei gewordenen Händen konnten die Jungen getragen und Stöcke, Steine oder Nahrungsmittel aufgehoben werden. Das gab ihnen einen Überlebensvorteil. Diese frühen Hominiden haben sich nicht zu dieser Lebensweise entschieden, sie wurden aus dem Urparadies, den Früchte tragenden Bäumen, herausgedrängt. Es hängt sehr viel von unseren fünf Fingern ab, unserem Greifwerkzeug. Hände sind nicht spezialisiert, anders als die Gliedmaßen der meisten Tiere. Pferde sind z. B. extrem spezialisiert, sie laufen im übertragenen Sinn nur auf den Mittelfingern. Und wir haben unsere Flexibilität in der Entwicklung beibehalten. Wir sind in den Wäldern zu Menschen geworden, wir sind Kinder der Wälder. Wir haben dort etwas entwickelt, was uns heute noch zugute kommt und das ist die direkte Verbindung von Sehen und Handeln. Wir be-greifen tatsächlich die Welt. Und wer von einem Ast zum anderen sprang und nicht richtig be-griff, der konnte sich nicht im Erbstrom verankern. Es gab eine extreme Selektion in Richtung Hand-Auge-Verbindung, was Vorbedingung war für die Werkzeugherstellung. Auch das Farbsehen ist uns in den Wäldern zugute gekommen, denn nicht jedes Tier sieht in Farben. In einem dichten Blätterwald mit verschiedenen grünen Schattierungen, da leuchten Früchte rot oder gelb oder orange hervor, und dann wird das Farbsehen ein großer Vorteil. Das scheint mir bis zur heutigen Zeit nachzuwirken. Wenn die Ampel grün zeigt, fahren wir weiter. Zeigt sie rot, bleiben wir stehen. Das sind Reste unserer Wurzeln, die uns in unserer Biologie und in der Anpassung an die Umwelt, auf dem Weg zum Menschsein, geholfen haben. Die Hand-Augen-Koordination und das Farbsehen haben ja mit unserem Gehirn zu tun, wo die Informationen verarbeitet werden. Und je entwickelter ein Gehirn, desto entwickelter die Fähigkeiten. Ich habe gehört, dass durch die Aufnahme von Fleisch in die Ernährung, durch eine erhöhte Proteinzufuhr, das Gehirn wachsen konnte und wir dadurch mehr Möglichkeiten bekamen. Kann man also sagen, dass die Jagd oder das Verteidigen von Aas den Menschen zum Menschen gemacht hat? Auch, ja. Das Hirn verbraucht ja am meisten Energie von allem, vom ganzen Körper. Was phänomenal war, ist die Zunahme der Hirnkapazität, in Kubikzentimetern gemessen. Wie viel ist das beim Schimpansen oder beim Menschenaffen? So um die 350 Kubikzentimeter. Beim Australopithecinen waren es vielleicht 500. Beim frühen Homo habilis – Homo habilis wegen seiner Fähigkeit, Werkzeuge zu erstellen – bis zu 800 Kubikzentimeter. Beim Homo erectus, der ja wirklich schon als Mensch gelten kann, waren es so um die 1000 bis 1200 Kubikzentimeter. Eine Evolution, die sehr schnell ging. Dann der Mensch der Mittelsteinzeit, der Neandertaler, der hatte eine Gehirnkapazität zwischen 1300 und 1750. Der überschreitet schon die Gehirnkapazität des modernen Homo sapiens. Wir sehen hier eine Entwicklung innerhalb von ca. zwei Millionen Jahren, wie eine Explosion, eine pilzartige Explosion des Hirns. Es gibt Anthropologen, die meinen, dass diese Protein- oder Eiweißzufuhr sehr wichtig war, um diese Entwicklung zu unterstützen. Die Eiweißaufnahme hat sicher mit Beginn der Jagd zugenommen, das ist klar, und besonders als dann Frühmenschen in die nördlicheren Bereiche kamen, spielte die Jagd eine größere Rolle. Aber Eiweißquellen waren immer wichtig: Insekten, Käfer und Larven wurden vorher schon gegessen und man sieht ja auch, dass Schimpansen ab und zu auf die Jagd gehen. Schimpansen jagen sogar Paviane, fressen manchmal Fleisch. Also es ist nicht so, dass die Hominiden plötzlich anfingen, Fleisch zu fressen, es hat sich nur gesteigert. Unser Gebiss ist das eines Allesfressers. Der Mensch ist nicht exklusiv ein Früchtefresser, so wie viele Affenarten, sondern er ist ein Allesfresser, bis zum heutigen Tag. Dieses größere Gehirn befähigt uns zu größeren Denkleistungen. Die Werkzeugherstellung hast du schon erwähnt, aber auch die Wissensvermittlung an andere Mitglieder der Gruppe oder an die nächste Generation, die Organisation der Gruppe, inklusive Arbeitsteilung. Was genau bot denn wohl den entscheidenden evolutionären Vorteil? Ich denke, eigentlich all das. Zum Teil die Kooperation der Gruppe, die ja immer miteinander kommunizieren muss. Dann die Werkzeuge oder vielmehr die Werkzeugtradition. Das heißt, die Jüngeren oder auch andere Mitglieder der Gruppe begreifen oder sehen und ahmen die Form nach. Die Steinwerkzeug-Technik der meisten Homo erecti ist über Jahrhunderttausende mit nur kleinen Änderungen beibehalten worden. Das sind Traditionen. Aber vielleicht sollte man das nicht so überbewerten, denn viele Dinge wurden gar nicht erfunden. Die Pflanzenkunde wurde nicht erfunden, sondern die Tiere wissen instinktiv, durch ihre Nase, durch guten oder schlechten Geruch, ob etwas bekömmlich ist oder nicht, oder ob etwas...


Wolf-Dieter Storl ist Kulturanthropologe und Ethnobotaniker. Er war Dozent an verschiedenen Universitäten in den USA, Österreich, der Schweiz und Indien. Reisen in viele Länder der Erde und Kontakt zu indigenen Völkern sowie zu einheimischen Bauern und Kräuterkundlern prägten sein Weltbild.


Dirk Grosser schreibt für verschiedene spirituelle Magazine, ist Co-Autor diverser Bücher (u.a. mit Wolf-Dieter Storl) und seit einigen Jahren im Verlagswesen tätig, wobei er vorrangig Bücher zu Naturspiritualität und den mystischen Zweigen der Weltreligionen lektoriert, bearbeitet und herausgibt.


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