Turton | Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 616 Seiten

Turton Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 616 Seiten

ISBN: 978-3-608-19166-0
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Maskenball auf dem Anwesen der Familie Hardcastle. Am Ende des Abends wird Evelyn, die Tochter des Hauses, sterben. Und das nicht nur ein Mal. Tag für Tag wird sich ihr mysteriöser Tod wiederholen – so lange, bis der Mörder endlich gefasst ist.

Familie Hardcastle lädt zu einem Ball auf ihr Anwesen Blackheath. Alle Gäste amüsieren sich, bis ein fataler Pistolenschuss die ausgelassene Feier beendet. Evelyn Hardcastle, die Tochter des Hauses, wird tot aufgefunden. Unter den Gästen befindet sich jemand, der mehr über diesen Tod weiß, denn am selben Tag hat Aiden Bishop eine seltsame Nachricht erreicht: 'Heute Abend wird jemand ermordet werden. Es wird nicht wie ein Mord aussehen, und man wird den Mörder daher nicht fassen. Bereinigen Sie dieses Unrecht, und ich zeige Ihnen den Weg hinaus.' Tatsächlich wird Evelyn nicht nur ein Mal sterben. Bis der Mörder entlarvt ist, wiederholt sich der dramatische Tag in Endlosschleife. Doch damit nicht genug: Immer, wenn ein neuer Tag anbricht, erwacht Aiden im Körper eines anderen Gastes und muss das Geflecht aus Feind und Freund neu entwirren. Jemand will ihn mit allen Mitteln davon abhalten, Blackheath jemals wieder zu verlassen.

Stimmen zum Buch

'Stellen Sie sich darauf ein, dass dieses Buch Sie völlig umhauen wird. ein berauschendes Verwirrspiel und ausgesprochen originelles Leseerlebnis.'
Daily Express  

'Komplex, faszinierend und verblüffend … Ein erstaunlich ausgefeiltes Debüt.' 
The Times  

'Was für ein Vergnügen, sich von diesem Buch in die Irre führen zu lassen.' 
Guardian  

'Dieses Buch verdient es, ein echter Hit zu werden … Unvergleichlich unterhaltsam und spannend.'
Sunday Express
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Weitere Infos & Material


Der zweite Tag
9.
Ein ohrenbetäubendes Scheppern lässt mich mit einem Ruck kerzengerade in die Höhe fahren. Hastig halte ich mir beide Ohren zu und schaue mich stöhnend nach dem Ursprung des Geräuschs um. Dabei stelle ich fest, dass man mich während der Nacht an einen anderen Ort verlegt hat. Statt des hellen, freundlichen Schlafzimmers mit der Badewanne und dem einladenden Kaminfeuer, finde ich mich nun in einem engen Raum mit weißgetünchten Wänden und einem schmalen Einzelbett aus Eisen wieder. Durch ein winziges Fenster dringt ein schwacher, von zahllosen Staubkörnern durchsetzter Lichtschein. An der gegenüberliegenden Wand steht eine Kommode, und an einem Türhaken daneben hängt ein Morgenrock, dessen Farbe an das schmutzige Braun eines Rattenfells erinnert. Ich schwinge beide Beine aus dem Bett, und meine Füße berühren den eiskalten Steinboden. Ein Schauder fährt mir die Wirbelsäule hinauf. Nach der Geschichte mit dem toten Kaninchen habe ich sofort den Lakaien im Verdacht, irgendeine neue Teufelei ausgeheckt zu haben, aber dieser unablässige Lärm macht es mir unmöglich, mich zu konzentrieren. Ich ziehe den Morgenrock an, wobei ich fast an dem Geruch des billigen Rasierwassers ersticke, von dem er durchtränkt ist, und stecke den Kopf in den Flur. Die auf dem Boden ausgelegten Fliesen sind rissig und kaputt, und die weißgetünchten Wände blähen sich vor Feuchtigkeit auf. Es gibt keine Fenster, nur ein paar Lampen, die alles in ein schmutzig gelbes Licht tauchen, das sich jedoch nirgendwo niederlassen zu wollen scheint. Hier draußen ist das Scheppern noch um einiges lauter. Ich halte weiterhin meine Ohren bedeckt und folge dem Geräusch, bis ich am Fuß einer alten, splittrigen Holztreppe ankomme, die hinauf ins Haupthaus führt. An einem Brett an der Wand sind lauter große Blechglocken befestigt und unter jeder von ihnen hängt ein Schild, das den Teil des Hauses benennt, für den sie zuständig ist. Die Glocke, unter der »Eingangstür« steht, schwingt so heftig hin und her, dass ich fast fürchte, sie könne die Grundmauern erschüttern. Während ich mir die Hände immer noch auf die Ohren gepresst halte, starre ich die Glocke an. Die einzige Möglichkeit, wie ich sie zum Schweigen bringen kann – abgesehen davon, sie einfach aus der Wand zu reißen – scheint im Öffnen der Haustür zu bestehen. Ich knote den Morgenrock enger zusammen, eile die Treppe hinauf und betrete in einer der hinteren Ecken die Eingangshalle. Hier oben ist es wesentlich ruhiger. Dienstboten ziehen in einer friedlichen Prozession an mir vorüber, die Arme mit Blumensträußen und anderem Zierrat gefüllt. Ich kann nur annehmen, dass sie zu beschäftigt damit sind, die Abfälle der gestrigen Feier zu entfernen, und daher den Lärm nicht gehört haben. Mit einem verärgerten Kopfschütteln öffne ich die Eingangstür und sehe mich Doktor Sebastian Bell gegenüber. Er hat die Augen weit aufgerissen, ist tropfnass und zittert vor Kälte. »Ich brauche Ihre Hilfe«, sagt er und spuckt mir die Worte vor Panik fast ins Gesicht. Meine Welt wird leer. »Gibt es hier ein Telefon?«, fährt er fort, mit einer fürchterlichen Verzweiflung in den Augen. »Wir müssen die Polizei verständigen!« Was hier gerade geschieht, ist ganz und gar unmöglich. »Stehen Sie nicht einfach nur so dumm da, Sie Teufel!«, ruft er, packt mich an den Schultern und schüttelt mich. Die kalte Berührung seiner Hände durchdringt den Stoff meines Schlafanzugs. Nicht gewillt, auf eine Antwort zu warten, drängt er sich auf der Suche nach Hilfe an mir vorbei in die Eingangshalle. Ich versuche zu begreifen, was ich hier gerade sehe. Das bin ich. Das bin ich am gestrigen Tag. Jemand spricht mit mir, zerrt mich am Ärmel, aber ich kann mich auf nichts anderes konzentrieren als auf den Hochstapler, der dort gerade den Boden der Eingangshalle volltropft. Am oberen Ende der Treppe tritt Daniel Coleridge in Erscheinung. »Sebastian?«, sagt er und steigt mit einer Hand am Geländer die Treppe hinunter. Ich beobachte ihn genau, suche nach einem Trick, nach einem Anzeichen, mag es auch noch so winzig sein, dass dies alles einstudiert, dass es ein Scherz ist, aber er springt die Treppen genauso leichtfüßig hinunter wie er das gestern getan hat, genauso selbstbewusst und von allen bewundert. Wieder zerrt jemand an meinem Arm, und ein Dienstmädchen schiebt sich in mein Blickfeld. Sie schaut mich besorgt an, und ihre Lippen bewegen sich. Ich blinzle, um meiner Verwirrung Herr zu werden, und sehe sie nun deutlicher. Und jetzt verstehe ich auch, was sie sagt. »… Mr. Collins, geht es Ihnen nicht gut, Mr. Collins?« Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor, auch wenn ich nicht sagen kann, woher. Ich schaue über ihren Kopf hinweg zur Treppe hinüber, wo Daniel sich bereits anschickt, Bell auf sein Zimmer zu begleiten. Alles geschieht exakt so wie gestern. Ich reiße mich von dem Dienstmädchen los und haste zu einem der Spiegel, die an der Wand hängen. Ich ertrage es kaum, hineinzusehen. Ich bin von schweren Verbrennungen gezeichnet, meine Haut ist fleckig und fühlt sich rau an, wenn man sie berührt, wie Obst, das man zu lange in der sengenden Sonne liegen gelassen hat. Ich kenne diesen Mann. Aus irgendeinem Grund, ich weiß nicht wie, bin ich im Körper des Butlers aufgewacht. Mein Herz rast wie wild. Ich wende mich wieder dem Dienstmädchen zu. »Was geschieht mit mir?«, stammele ich und packe mich selbst an der Kehle, vor lauter Überraschung über die heisere Stimme mit dem nordenglischen Akzent, die sie hervorgebracht hat. »Sir?« »Wie konnte …« Aber ich frage die falsche Person. Meine Antwort ist von oben bis unten mit Dreck verkrustet und trottet gerade die Treppe zu Bells Zimmer hinauf. Ich hebe den Saum meines Morgenrocks hoch und eile den beiden nach, einer Spur aus Blättern und schlammigem Regenwasser folgend. Das Dienstmädchen ruft meinen Namen. Ich bin schon halb die Treppe hinaufgelaufen, als sie an mir vorbeistürmt, sich vor mir aufpflanzt und mir beide Hände gegen die Brust stemmt. »Dort können Sie nicht hinaufgehen, Mr. Collins«, sagt sie. »Wenn Lady Helena Sie dabei erwischt, wie Sie dort in Ihrer Unterwäsche herumrennen, dann kommen Sie in Teufels Küche.« Ich versuche, einfach an ihr vorbeizugehen, doch sie macht einen Schritt zur Seite und stellt sich mir erneut in den Weg. »Lass mich durch, Mädchen!«, verlange ich und bereue es sofort. So rede ich nicht, so ungehobelt und gebieterisch. »Sie haben einen Ihrer Anfälle, Mr. Collins, das ist alles«, sagt sie. »Kommen Sie mit hinunter in die Küche, ich koche uns eine Kanne Tee.« Ihre Augen sind blau und aufrichtig. Ihr Blick huscht verlegen über meine Schulter, und als ich mich umsehe, stelle ich fest, dass sich zahlreiche andere Dienstboten am Fuß der Treppe versammelt haben. Sie starren uns an, die Arme immer noch mit Blumen beladen. »Einen meiner Anfälle?«, frage ich. Der Zweifel sperrt weit seinen Rachen auf und verschlingt mich mit Haut und Haar. »Wegen Ihrer Verbrennungen, Mr. Collins«, antwortet sie leise. »Manchmal sagen Sie so komische Sachen oder sehen etwas, das nicht wirklich da ist. Was Sie jetzt brauchen, ist eine Tasse Tee, das ist alles. In ein paar Minuten ist dann alles wieder in bester Ordnung.« Ihre Fürsorge ist voller Wärme. Schwer und erdrückend. Ich muss an Daniels gestrige Bitte denken, an die behutsame Art, wie er mit mir geredet hat, als könne ich zerbrechen, wenn man mich zu heftig bedrängt. Er hielt mich für verrückt, so wie es auch jetzt dieses Dienstmädchen tut. Wenn man bedenkt, was gerade mit mir geschieht – von dem ich glaube, dass es gerade mit mir geschieht –, kann ich keineswegs sicher sein, dass die beiden nicht möglicherweise recht haben. Ich werfe dem Dienstmädchen einen hilflosen Blick zu. Sie nimmt mich am Arm und führt mich wieder die Treppe hinunter. Die Menge teilt sich, um uns durchzulassen. »Eine Tasse Tee, Mr. Collins«, sagt sie beruhigend. »Das ist alles, was Sie jetzt brauchen.« Sie führt mich wie ein verirrtes Kind, und der zarte Griff ihrer schwieligen Hände hat eine ebenso beruhigende Wirkung wie ihr Tonfall. Zusammen verlassen wir die Eingangshalle, gehen die Dienstbotentreppe wieder hinab und den düsteren Flur entlang bis zur Küche. Mir steht der Schweiß auf der Stirn. Aus den Öfen und Kochstellen steigt mir eine ...


Stuart Turton ist freiberuflicher Reisejournalist. Sein Debüt 'Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle' war ein überwältigender Publikumserfolg in Großbritannien und wurde u. a. mit dem Costa First Novel Award 2018 ausgezeichnet. Das Buch erscheint in 25 Ländern. Stuart Turton lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in London.

Dorothee Merkel lebt als freie Übersetzerin in Köln. Zu ihren Übertragungen aus dem Englischen zählen Werke von Edgar Allan Poe, John Banville, John Lanchester und Nickolas Butler.

Stuart Turton ist freiberuflicher Reisejournalist. Sein Debüt »Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle« war ein überwältigender Publikumserfolg in Großbritannien und wurde u. a. mit dem Costa First Novel Award 2018 ausgezeichnet. Das Buch erscheint in 25 Ländern. Stuart Turton lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in London.

Dorothee Merkel lebt als freie Übersetzerin in Köln. Zu ihren Übertragungen aus dem Englischen zählen Werke von Edgar Allan Poe, John Banville, John Lanchester und Nickolas Butler.


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