Ulrich | In Schönheit sterben | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Ulrich In Schönheit sterben

Ein Italien-Krimi

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-8437-1785-4
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Münchner Rechtsanwalt Robert Lichtenwald verkauft seine Kanzlei, um in sein Landhaus in der Toskana zu ziehen und dort ein freies, unbeschwertes Leben zu genießen. Als seine Freundin, die temperamentvolle Journalistin Giada Bianchi, plötzlich verschwindet, befürchtet er das Schlimmste. Die Suche nach ihr führt Lichtenwald nach Rom und auf die Spur eines mysteriösen Verbrechens: Ein reicher Kunstsammler ist in seiner Wohnung verstümmelt und getötet worden. Dem Gerücht nach war er im Besitz der einzigen noch existenten antiken Statue des Adonis. Hat Giadas Verschwinden mit dem Mord zu tun? Und wie steht das grausige Schicksal der jungen Römerin Donatella Fortunata damit in Verbindung? Die Recherche zieht Lichtenwald immer tiefer hinein in die morbiden Geheimnisse der schönheitsverliebten Stadt.
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Prolog
Die Männer schwitzten unter ihren Motorradhelmen. Nicht vor Aufregung. Es war nicht der erste Auftrag solcher Art. Doch die Hitze in Rom war in diesem August noch unerträglicher als in anderen Jahren. Tagsüber überwölbte eine weißgraue Schicht aus Dunst und Abgasen die Stadt wie eine Treibhauskuppel. Und selbst jetzt, weit nach Mitternacht, kühlte es kaum ab. Straßen und Häuser gaben die Hitze wieder ab, die sie tagsüber aufgesaugt hatten. »Wir sind gleich da«, sagte Gianluca, der Ältere der beiden, der auf dem Soziussitz saß. Simone nickte und bog nach rechts auf den Ponte Testaccio ab. Unter ihnen floss schwarzgrün und faulig der Tiber Richtung Meer. Am anderen Ufer fuhr Simone an den ranzigen Gebäuden der ehemaligen Schlachthöfe vorbei und dann die Via Ben­ia­mi­no Franklin und die Via di Monte Testaccio am Fuß eines mit Bäumen und Gestrüpp bewachsenen Hügels entlang. Als er den Hügel umrunden wollte, boxte ihn Gianluca in die Seite: »Idiot! Willst du direkt vor dem Lokal parken? Damit wir auch ja erwischt werden?« Simone sagte nichts, stellte die Maschine jedoch neben einer Bushaltestelle ab. Zu Fuß gingen sie weiter. Die Straßenlaternen spendeten ein fahlgelbes Licht, das mehr zu verbergen als zu erleuchten schien. Autos kurvten auf der Suche nach einem Parkplatz herum. Aus den Clubs, die sich hier am Monte Testaccio, dem Scherbenberg, eingenistet hatten, wummerte Techno und Hip-Hop. Abfall quoll aus grünen, verbeulten Müllcontainern. »Scheiße«, sagte Simone, als er etwas Weiches, Klebriges unter seinem Turnschuh fühlte. Vor ihnen tauchte die Trattoria da Mori auf. Sie durchquerten das Tor und den Innenhof. Das Lokal hatte schon geschlossen, doch drinnen brannte noch Licht. Sie kannten diese Trattoria gut, so wie alle Männer aus der Gegend. Und darüber hinaus. Wegen Rubina, der göttlichen Rubina. Wahrscheinlich richtete sie gerade mit ihrem Vater die Tische für den nächsten Tag her. Gianluca legte den Finger auf den Mund. Sie lugten durch eines der kleinen, halb von wildem Wein überwachsenen Fenster. Der mit dunklem Holz getäfelte Gastraum war nur noch schwach erleuchtet. An den Wänden hingen unzählige Schwarz-Weiß-Fotografien schöner Römerinnen. Gianluca grinste. Er wusste, dass Acilio Mori all diese Fotos aufgehängt hatte, damit sie vor der phänomenalen Schönheit seiner Tochter verblassten. Und da war sie. Mit dem federnden Schritt einer Balletttänzerin lief Rubina zwischen den Tischen hindurch. Sie trug – wie üblich, wenn sie im Lokal aushalf – ein weißes Herrenhemd, das sie vor dem Bauchnabel zusammengeknotet hatte. In der rechten Gesäßtasche ihrer engen, ausgewaschenen Jeans steckten noch Block und Stift. Gianluca starrte auf ihre gewölbten Hüften. »Che razza di culo!«, entfuhr es ihm. »Was für ein Wahnsinnsarsch!« Simone musterte das Gesicht der jungen Frau, während sie Gläser und Besteck auf die Holztische stellte. Die gewölbte Stirn, die geröteten Wangen, die schmalen, hoch geschwungenen Augenbrauen, pechschwarze Wimpern um mandelförmige Augen. Smaragdgrüne Augen, wie er wusste. Aber das war jetzt nicht zu sehen. Und dann diese granatroten Lippen, um die ein spöttisches Lächeln zu tänzeln schien. Wie eine dieser Madonnen, die ihnen die Lehrer in Florenz auf einem Klassenausflug gezeigt hatten. Simone wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Scheißjob«, murmelte er. Traumjob, dachte Gianluca. Dann drückte er die Klinke der Tür. Abgeschlossen. Er hämmerte mit der Faust gegen das Holz und rief: »Mach auf! Wir haben Hunger!« Es klackte ein paarmal, die Tür wurde aufgerissen, und Acilio Mori stand vor ihnen. Ein kleiner, fast kahlköpfiger Mann mit fleckiger Schürze über dem Bäuchlein. Gianluca musterte ihn verächtlich. Von diesem Männlein diese Tochter! Die Wege des Herrn waren unergründlich. »Was wollt ihr?«, brummte Mori. »Wir haben geschlossen.« »Und wir sind hungrig.« Gianluca zog mit der Rechten seine Beretta aus der Tasche und hielt dem Wirt den Lauf unter die Nase. »Aber nicht auf deine Pasta …« Mori stemmte die Hände in die Hüften und versperrte den Eingang. »Ihr schäbigen Wichser! Ihr wisst, dass ihr mir keine Angst einjagen könnt.« Er spuckte vor ihnen auf den Boden. »Sagt eurem Boss, er kann mich mal! Ein Mori zahlt kein Schutzgeld.« Gianluca grinste und zischte: »Dann zahlt er eben mit seiner Tochter.« Dabei schubste er mit der Linken Mori zurück in den Gastraum und immer weiter, bis der Wirt mit dem Rücken zur Bar stand. Simone ging ihnen nach und schloss die Tür ab. Rubina kam hinter dem Tisch hervor, den sie gerade deckte, und schrie: »Was wollt ihr? Lasst meinen Vater in Ruhe!« Ihr Gesicht stand in Flammen. Sie sah hinreißend aus. Gianluca scheuchte das Mädchen mit einem Wink seiner Beretta zurück und ließ den Blick durchs Lokal schweifen. Früher war es eine Arbeiterschenke gewesen, von der mehrere Generationen der Familie Mori mehr schlecht als recht gelebt hatten. Dann kam Rubina – und änderte alles. Ihre Schönheit lockte erst die Burschen des Testaccio-Viertels an, dann die Schickeria aus der ganzen Stadt. Und die Kasse hörte abends, wenn Rubina kellnerte, nicht mehr auf zu scheppern. Dann wurde die Mafia darauf aufmerksam, dass das einfache Lokal plötzlich satte Gewinne einfuhr. Es war nur fair, dachte Gianluca, dass der Don seinen Anteil an diesem Boom wollte. Doch Mori, dieser Starrkopf, weigerte sich zu bezahlen. Seine Vorfahren hätten das auch nicht getan, hatte er gesagt. Nie werde er zulassen, dass la piovra, die Krake, wie er die Clans nannte, an der Schönheit seiner Tochter abkassiere. Was für ein Scheißargument. Gianluca lachte auf. Der alte Mori wusste nicht, wen er da herausforderte. Zum Glück. Sonst hätte er, Gianluca, Rubina niemals vögeln können. Er hielt dem Wirt die Pistole an die Schläfe, damit Simone ihn an die gusseiserne Säule neben der Bar binden konnte, einem Beutestück aus einer verfallenen Schlachthofhalle. Simone zog ein Seil aus seinem Rucksack und schnürte es so fest um die Säule und den Bauch des Wirts, dass dieser aufschrie. Gianluca stellte sich dicht vor den kleinen Mann und spuckte ihm ins Gesicht. »Du glaubst, dass du etwas Besseres bist, nur weil deine Kleine die Eier der Burschen zum Kochen bringt? Du wirst gleich sehen, was du davon hast. Und«, seine Stimme wurde leise und sanft, »wenn du danach nicht zahlst, kommen wir wieder und bringen noch unsere Freunde mit …« In diesem Moment schnellte Rubina zur Theke und stürzte sich auf Gianluca. »Lass meinen Vater in Ruhe!«, schrie sie und hieb ihre Fingernägel in seine Schulter. Gianluca schüttelte sie mit einer raschen Bewegung seines Oberkörpers ab. Zappelnd lag sie unter ihm am Boden. Er zielte mit seiner Beretta auf ihren Kopf und schrie: »Gib Ruhe, oder ich schick dich zur Hölle!« Dann schnauzte er seinen Begleiter an. »Halt das Mädel fest!« Scheißjob, dachte Simone wieder, während er in das wutverzerrte Gesicht des schönsten Mädchens blickte, das er je gesehen hatte. Widerstrebend ging er hinter sie, um sich auf ihre Oberarme zu knien. Der Geruch des Hundekots, der von seinem Turnschuh aufstieg, brachte ihn zum Würgen. »Halt still«, krächzte er ihr zu, »dann geht es schneller vorbei.« Doch Rubina hielt nicht still. Mit der Wut der Verzweiflung stieß sie mit den Beinen um sich. Gianluca schien das zu amüsieren. Er knöpfte sich provozierend langsam seine karierten Shorts auf. Dann ließ er sich auf ihre Beine sacken, riss ihre Jeans auf und zerrte sie ihr samt Slip von den Hüften. Rubina starrte auf das AS-Roma-Medaillon, das er um den Hals trug, und brüllte heraus, was ihr an Schimpfwörtern durch den Sinn fuhr: »Scheißkerl! Hurensohn! Hundebastard!« Gianluca grinste. Er ließ sich nach vorn auf ihre Brust sinken, legte die Pistole zur Seite und griff mit der Rechten nach unten. Er stieß seine Hüften nach vorne, einmal, zweimal, und dann immer weiter, während Rubina schrie und Simone den Kopf zur Seite wandte. Gianluca versetzte dem Mädchen einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht. »Halt’s Maul, Schlampe!« Dann machte er weiter, berauscht von ihrem weichen, warmen Körper und ihrem Duft nach einem langen, schwülen Sommerabend. Seine Bewegungen wurden schneller, sein nach Zwiebeln und Knoblauch stinkender Atem ging heftiger. Er vergaß Simone, der immer noch auf den Armen des Mädchens kniete, und den Vater, der an die Säule gebunden war. Er vergaß die Gaststube und den Schlachthof und das ganze dampfende, stinkende Rom. Das Paradies hatte sich ihm aufgetan, ihm, dem hässlichen Burschen aus der Vorstadt, dem Handlanger Don Riccos, der sich bislang mit drittklassigen Nutten draußen an der Via Salaria hatte zufriedengeben müssen. Doch jetzt gehörte ihm die göttliche Rubina … Gianlucas Oberkörper bäumte sich auf, er schloss die Augen, begann krampfhaft zu zucken und hörte das Sirren in der Luft erst, als der Schmerz in ihn...


Ulrich, Stefan
Stefan Ulrich wurde 1963 in Starnberg geboren. Im August 2005 zog er mit seiner Frau Annette und den Kindern Franziska (acht Jahre) und Julius (sechs Jahre) von München nach Rom um. Von dort berichtet er als Korrespondent der Süddeutschen Zeitung über Rom, Italien und den Vatikan.

Stefan Ulrich wurde 1963 in Starnberg geboren. Im August 2005 zog er mit seiner Frau Annette und den Kindern Franziska (acht Jahre) und Julius (sechs Jahre) von München nach Rom um. Von dort berichtet er als Korrespondent der Süddeutschen Zeitung über Rom, Italien und den Vatikan.


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