Venske | Kommt ein Mann die Treppe rauf | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 150 Seiten

Venske Kommt ein Mann die Treppe rauf

Roman

E-Book, Deutsch, 150 Seiten

ISBN: 978-3-95824-040-7
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Die Autorin, die Leserin und ein Mord: „Kommt ein Mann die Treppe rauf“ von Regula Venske jetzt als eBook bei dotbooks.

Lisa Reinhardt ist ehrenamtliche Spielplatzbetreuerin und neugierige Nachbarin. Sie fand die Bücher der bekannten Schriftstellerin Marthe schon immer irgendwie langweilig. Diese Frau hat einfach nichts erlebt – das merkt man ihren Werken an. Sie selbst hingegen … ja, sie hat einen echten Krimi am eigenen Leib erfahren! Durch Zufall entdeckt Lisa die kleine Engelke, die nur im Unterhemdchen im Gebüsch neben dem Spielplatz sitzt. Und als sie das Kind zurück nach Hause bringt, findet sie dort die Mutter stranguliert am Boden liegend. Lisa macht sich daran, den Mord höchstpersönlich aufzuklären. Und darüber soll diese Marthe dann einen Roman schreiben. Wenn es doch nur so einfach wäre …

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2. Kassette
  Ehrlich gesagt, ich kann mich im einzelnen gar nicht mehr an alles erinnern, was mich die Inspektorin – oder Kommissarin oder was sie war – gefragt hat und was ich geantwortet habe. Zunächst einmal mußte ich natürlich alles schildern. Wie ich morgens erst das Kind gefunden hatte und mittags die Leiche, und in welcher Verfassung die Kleine gewesen war, und daß ich nichts berührt hatte in der Wohnung und so. Und was ich über Fräulein Carmen wußte, und mit wem sie alles Kontakt gehabt hatte. Ja du lieber Himmel, woher sollte ich das wissen! Ob die wohl selber noch durch ihre ganzen Kontakte durchgestiegen ist! Haben im Vergleich zu unsereinem doch einen ziemlichen Verschleiß, diese jungen Leute. Selbst noch, wenn sie Mutter sind! Aber Wulf saß auch dabei und sagte dann, der Neger, dieser Asylant, der war doch früher täglich hier und jetzt schon eine Zeitlang gar nicht mehr, das sei doch zu komisch, und da hatten sie dann schon mal einen ersten Verdächtigen. Weiter wußten wir aber gar nichts über ihn, weder wie er hieß, noch wo er wohnte. Irgendwo in der Nachbarschaft eben, laufen ja viele Schwarze hier herum. Vermutlich hauste er in dem Asylantenheim in der Jarrestraße, neben der Kampnagelfabrik. Da war früher eins, haben Sie vielleicht mal gesehen, das wurde aber inzwischen dichtgemacht beziehungsweise verlegt. Mit denen hatten wir ja nichts weiter zu tun. Sah man eben nur zuhauf aus den Fenstern raushängen und neugierig gucken, und dazu immer die laute Musik, oder sie standen auf der Straße herum. Man ist ja immer froh, wenn sie einen weißen Kragen tragen, damit man sie im Dunkeln wenigstens schon vorher sehen kann. Manchmal, wenn einem so ein schwarzer Mann des Nachts entgegenkommt und er dann auch noch dunkel gekleidet ist, und plötzlich taucht er vor einem auf, so schwarz in schwarz, dann erschrickt man sich schon. Ich mich jedenfalls, ich geb’s ehrlich zu. Man kann dann ja mitunter nur noch an den weißen Zähnen erkennen, daß da ein Mensch vor einem steht. Immer mehr von denen steigen an der U-Bahn-Station Saarlandstraße aus, wie ich früher, wenn ich aus Barmbek kam. In den letzten Jahren bin ich deshalb oft noch extra eine Station weiter gefahren bis zum Borgweg, die Station ist mir irgendwie angenehmer. Da sind mehr Menschen auf der Straße, Studenten aus dem Studentenheim am Borgweg, auch mal ein netter junger Mann, der einem die Taschen trägt. Dafür mache ich gern einen Umweg. Nicht daß ich was gegen Neger hätte, die können ja nichts dafür. Sind auch Menschen, verstehen Sie mich nicht falsch. Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann? Das Spiel kennen Sie doch sicher? Früher sangen die Kinder das ja ganz arglos, keiner hätte sich etwas Böses dabei gedacht. Niemand! rief man eben und gruselte sich ein bißchen dabei. Wenn er aber kommt? Dann laufen wir! Aber heutzutage müssen wir selbst die Kinderreime auf die Goldwaage legen. Wissen Sie, wie dasselbe Spiel nämlich jetzt heißt? Wer fürchtet sich vorm Bussibär? Klingt ja auch ganz niedlich. Aber wehe, ich achte auf meinem Spielplatz nicht darauf, daß die Kinder es so rufen, da hätte ich gleich am nächsten Tag ein paar schlaue Eltern bei mir, die glaubten, sich Wunder was aufspielen zu müssen, und die mir einen gepfefferten politischen Vortrag halten würden. Negerkuß darf man ja auch nicht mehr sagen, schade eigentlich. Vorm Bussibär aber fürchtet sich natürlich niemand mehr, das ist wohl sonnenklar.   Während wir also über den schwarzen Mann nachdachten und spekulierten und die Inspektorin sich Notizen machte, klingelte es an meiner Tür, und der nächste Verdächtige stand schon davor. Und das war, Sie werden es mir nicht glauben, Dicki, mein eigener Sohn Dicki, der ausgerechnet an jenem Tag auf die Idee gekommen war, seine dreckige Wäsche bei mir vorbeizubringen. Ansonsten ist er ja sehr selbständig, und ich darf mich um Himmels willen nicht in seine Angelegenheiten mischen, aber für solche Dinge ist es bei Muttern doch immer am besten. Nicht daß mich das störte, im Gegenteil. Es ist doch schön, gebraucht zu werden, sag’ ich mir immer. Er stand also vor der Tür, und ich machte auf, und weil ich die Tür zum Wohnzimmer hinter mir nur angelehnt gelassen hatte, hörte er die Inspektorin mit Wulf reden. Vielleicht sah er sie auch dort auf dem Sofa sitzen, jedenfalls wunderte er sich darüber, wer da in der Mittagszeit zu Besuch gekommen sein könnte. Ich erklärte ihm also kurz, was passiert war, und da schrie, nein, jaulte er so richtig auf: »Carmen, Carmen, Liebes, nein! Nein!« und dazu hämmerte er noch an den Türpfosten und schluchzte: »Das ist nicht wahr!« und: »Ich bin schuld, oh, ich bin schuld! « Da stand er, und ich guckte zu ihm rauf, er zu mir runter, er ist ja zwei Köpfe größer als ich, und für einen Moment dachte ich tatsächlich, jetzt wirft er sich vor dir auf die Knie und an deine Brust, so Schutz suchend stand er da. Aber dann drehte er sich auf dem Absatz um und knallte die Wohnungstür hinter sich zu und stürmte davon. Man konnte ihn aus dem Haus herauspoltern hören und dann das Reifenquietschen, als er mit seinem Auto losbrauste. Ich habe sowieso schon immer Angst, daß er einen Unfall baut, und an dem Tag war die Angst nun wirklich begründet. Aber was sollte ich machen, hinterherlaufen konnte ich nicht, und ich mußte außerdem zur Kommissarin zurück. Dummerweise hatte die alles mit angehört, Dicki hatte ja richtig laut aufgeschrien. Ich mußte also die Adresse meines eigenen Sohnes zum Zwecke weiterer Zeugenvernehmungen angeben. Das tat ich natürlich nicht gerade gern, und ich konnte mir auch gar nicht erklären, was sein Verhalten eigentlich zu bedeuten haben sollte. Ich hatte nämlich gar nicht gewußt, daß Dicki und Carmen sich überhaupt nähergekommen waren. Wir hatten zwar mal alle zusammen Geburtstag gefeiert. Aber die paßten doch gar nicht zusammen. Also, das war ein ziemlicher Schock, wie Sie sich wohl denken können. Später sollte mir der Zusammenhang dann klar werden. Und Ihnen auch noch, nur Geduld! Nun wollte die Inspektorin natürlich einiges über meinen Herrn Sohn wissen, wie alt er ist, und daß er als Versicherungskaufmann arbeitet, und wie seine Beziehungen zu Fräulein Kaempfe aussahen. Viel konnte ich ihr ja, wie gesagt, nicht erzählen, weil ich es selber gar nicht wußte, aber mit dem Thema waren wir noch eine Zeitlang beschäftigt. Ich glaube trotzdem nicht, daß die Kommissarin zu diesem Zeitpunkt meinen Dicki sehr verdächtigt hat, das hat mich dann fürs erste beruhigt. Denn, wie sie selbst sehr richtig bemerkte, ein Mörder schreit in der Regel nicht so laut »Ich bin schuld, ich bin schuld«, daß die Polizei es hören kann. Wir haben sogar gemeinsam darüber lachen müssen, Wulf und die nette Kommissarin und ich. Wulf meinte dann noch, es gebe Leute im Haus, die sicher mehr wüßten als wir, weil sie ganz einfach näher an der Dachwohnung wohnten, die Nachbarn Petermann und Co. etwa oder das junge Pärchen unter Frau Kaempfes Wohnung im dritten Stock. Ob man die schon vernommen habe, und ob die etwas Interessantes gehört hätten? Das Treppenhaus ist schließlich aus Holz, ein geübtes Ohr kann die Leute auf den Stiegen doch schon am bloßen Schritt erkennen. Ich war ihm dankbar, als er das sagte, weil es von Dicki ablenkte. Nie im Traum hätte ich es für möglich gehalten, daß er für sich etwas herauskriegen wollte. Was meinen Partner und meinen Sohn angeht, habe ich an dem Tag und in der darauffolgenden Nacht wirklich einiges einstecken müssen. Ach, wenn Willy noch gelebt hätte! Dann wäre das nicht passiert. Der wäre anders gewesen. Oder nicht? Immerhin ist Dicki sein Sohn, vielleicht hat er das Herumäugeln also auch von ihm geerbt und nicht nur von seinen Kumpanen abgeguckt oder gar von Wulf. Vielleicht war ich immer ganz einfach zu dumm. Na, Männer! Immerhin kamen wir wirklich von Dicki ab. Wulfs Einwurf wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn es klingelte schon wieder an der Wohnungstür. Als ich aufmachte, fuhr ich vor Schreck ordentlich zusammen. Da standen nämlich einige Gestalten, ganz in Weiß gekleidet, wie Marsmenschen erschienen die mir mit ihren großen Kapuzen. Aber das waren natürlich auch welche von der Mordbereitschaft, und die trugen nur solche weißen Schutzanzüge, um die Leiche abzukleben. Ja, so heißt das, die Leiche wird abgeklebt. Sobald die ein Tötungsdelikt vermuten, ziehen sie sich diese weißen Raumfahrerhosen, genauer gesagt Overalls, an. Damit sie selbst keine Faserspuren hinterlassen, die Kommissarin hat mir das später noch erklärt. Das leuchtet ja auch ein. Und dann kleben sie den Toten, die Tote natürlich in diesem Fall, von oben bis unten mit so einer Art breitem Klebestreifen ab, wie Tesafilm müssen Sie sich das vorstellen. Den Hals und die Hände, und über die Hände werden auch noch Plastiktüten gestülpt, das. habe ich dann sogar selbst gesehen. Weil die auf der Gerichtsmedizin nämlich noch die Fingernägel abschneiden und gucken, ob darunter Fasern und Zellen sind, die auf den Mörder hindeuten. Vielleicht, daß sie ihn gekratzt hat. Oder es sind Stoffasern von seinem Anzug hängengeblieben, ein Stück von der Schnur, mit der er sie erdrosselt hat, irgend etwas kann Spuren hinterlassen haben, was weiß ich. Aus einer klitzekleinen Hautzelle schon könnten sie auf den Täter rückschließen, sagte die Kommissarin, und mir wurde ganz schlecht, als ich das hörte. Es war einfach ein bißchen viel für einen Tag. Die Abkleber wollten die Kommissarin sprechen und baten sie, mit nach oben zu kommen, und ich bin dann auch noch mal mit hochgestiegen, um weitere Spielsachen für...


Venske, Regula
Regula Venske gehört zu Deutschlands ungewöhnlichsten Krimiautoren, deren Romane großen Unterhaltungswert besitzen“ (literaturmarkt.info).

Regula Venske wurde 1955 in Minden geboren und wuchs in Münster auf. 1987 promovierte sie mit einer Studie über „Mannsbilder – Männerbilder. Konstruktion und Kritik des Männlichen in zeitgenössischer deutschsprachiger Literatur von Frauen“ zum Doktor der Philosophie.
Für ihre Romane und Erzählungen wurde sie u. a. mit dem Oldenburger Jugendbuchpreis, dem Deutschen Krimipreis und dem Lessing-Stipendium des Hamburger Senats ausgezeichnet, ihr Kurzgeschichtenband ""Herzschlag auf Maiglöckchensauce"" wurde für den Frauenkrimipreis der Stadt Wiesbaden nominiert.
Im April 2017 wurde Regula Venske zur Präsidentin des deutschen PEN gewählt, einer Schriftstellervereinigung, die sich für die Freiheit des Wortes und Völkerverständigung einsetzt und dessen Generalsekretärin sie seit April 2013 war. Seit Oktober 2015 ist sie außerdem Mitglied im Präsidium von PEN International. (www.pen-deutschland.de; www.pen-international.org)

Bei dotbooks erschienen Regula Venskes Romane „Double für eine Leiche“, „Schief gewickelt – Das perfekte Verbrechen“, „Kommt ein Mann die Treppe rauf“, „Rent a Russian“, „Die garstigen Greise“, „Ein allzu leichter Tod“ „Hamburger Kanzelsturz“, „Todesschüsse in St. Georg“, „Fegefeuer am Grindel“, „Mord im Gazellenkamp“ und „Die Hexen von Övelgönne“.

Weitere Titel sind in Vorbereitung.


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