Venske | Mord im Gazellenkamp | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 55 Seiten

Venske Mord im Gazellenkamp

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 55 Seiten

ISBN: 978-3-95824-277-7
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Entsorgt vor laufender Kamera – „Mord im Gazellenkamp“ von Regula Venske jetzt als eBook bei dotbooks.

Schönheit ist sein Beruf – denn Professor Alois Kerzenbrock gehört zu den erfolgreichsten ästhetischen Chirurgen. Doch damit ist jetzt Schluss: Denn erstens ist er nun tot – und daher zweitens auch nicht mehr Gala-tauglich anzusehen. Wie so vieles in seinem Leben war auch sein Tod nicht natürlich. Vor laufenden Kameras entschlummert der schöne Chirurg dieser Welt. Kein Grund, die Sendung nicht fortzuführen … ganz im Gegenteil!

Hamburg sehen und sterben – „mit ihren Krimis schlägt Regula Venske immer gnadenlos zu“ (Emma)!

Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Mord im Gazellenkamp“ von Regula Venske. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Kapitel 1
Professor Alois Kerzenbrock starb zwar nicht eines natürlichen Todes, aber sein Tod kam einigermaßen sanft und war nicht einmal besonders schrecklich mit anzusehen. Und nicht wenige waren es, die Kerzenbrock hinscheiden sahen: drei Komma eins null Millionen Fernsehzuschauer, um präzise zu sein. Kaum ein Zuschauer aber, dem Kerzenbrock durch sein Ableben den gemütlichen Fernsehabend verdarb. Im Gegenteil. Die Mehrheit des Publikums lümmelte sich bequem auf dem Sofa herum und beobachtete durchaus genüßlich, wie der schöne Alois starb. Marktforschern zufolge knabberten bereits siebenundzwanzig Prozent das neue crunchige Erdnußgebäck mit dem zartcremig-bitteren Schokoschmelz, das erst wenige Tage zuvor im Handel eingeführt war; übrigens tranken deutlich mehr Zuschauer der Sendung, in der Kerzenbrock starb, Rotwein als Bier. Von diesen bevorzugten die meisten mit Kennermiene Weine aus französischen Anbaugebieten. Die Einschaltquote dümpelte bei knapp dreizehn Prozent. Vielleicht wäre sie nach kurzer Zeit, wie in den vorangegangenen Monaten auch, drastisch unter die Schmerzgrenze gesunken, aber während der prominente Facharzt für plastische Chirurgie seine Seele aushauchte, stabilisierte sich die Quote endlich und erreichte während einiger Augenblicke – während Kerzenbrocks letztem Augenblick, um weiterhin präzise zu sein – solide fünfzehn Prozent; dann stieg sie sprunghaft an. Wie diese Buschtrommel beim Publikum genau funktioniert, haben selbst Medienfachleute noch nicht sicher herausgefunden. Tatsache aber ist, daß erprobte Zuschauer über ein ausgezeichnet funktionierendes telepathisches Sensorium verfügen, das sie im rechten Moment zur Fernbedienung greifen und umschalten läßt: immer genau dann, wenn auf einem anderen Kanal gerade Entscheidendes passiert! Irgendwann wird es eine wissenschaftliche Erklärung für das verblüffende Phänomen geben, daß Hunderttausende von Leuten, die über Georg Schniepels Talkshow »Captain's Dinner« längst das Todesurteil gesprochen hatten – »Da geht's doch sterbenslangweilig zu! Komm mir bloß nicht mit Schniepel, diesem gelifteten Lackaffen!« –, daß etliche von diesen gewieften Tele-Visionären also das Programm an jenem Freitagabend, an dem es Schniepels Gast kalt erwischte, wider besseres Wissen plötzlich einschalteten. Aus heiterem Himmel, man weiß nicht, warum. Immerhin aber kann man sich denken, warum das Publikum an jenem verhängnisvollen 13. November 2006 bei diesem »Captain's Dinner«, das das letzte seiner Art sein sollte, schließlich hängenblieb. Nachdem Schniepels Stargast mit einem finalen Schmatzer in sich zusammengesackt war, bot sich den Zuschauern ein durchaus friedliches Bild. Das war nicht die ganze Zeit über so gewesen. Wer von Anfang an dabeigewesen war, hatte zuvor anderes erlebt. Jetzt erinnerte man sich daran und erzählte es im Zeitraffer neu hinzukommenden Familienmitgliedern. Wie immer hatte es zum Auftakt der Sendung einen Cocktailempfang für die Gäste in den sogenannten Privaträumen des Kapitäns gegeben, ganz so, wie es sich für ein gepflegtes »Captain's Dinner« nun einmal gehört. Es war dies die Idee des Moderators selbst gewesen, und er hatte sie gegen erbitterten Widerstand der Redaktion durchgesetzt, aller Kritik und allen besserwisserischen Unkenrufen zum Trotz. »Wie stellen Sie sich das vor, Mann! Das gibt doch nur Unruhe! Wie sieht das aus, wenn die da alle wie die Ölgötzen herumstehen, mit einem Glas in der Hand! Und wo wollen Sie die Kameras positionieren? Und dann brauchen Sie zwischendurch noch mal eine neue Maske – hinterher haben Sie doch ganz anderes Licht! Nein, Schniepel, glauben Sie mir, das schafft nur unnötige Probleme!« Aber Schniepel hatte all diese Scheinargumente vom Tisch gefegt. Schließlich wußte er die Mäkelei der Kollegen genau einzuschätzen: Es war Neid, reiner Neid! Wer sonst hatte solch eine schöne Sendung, solchen Sendeplatz ganz für sich allein, wer sonst hatte solche Ideen? Seinetwegen brauchte es weder Redakteure noch Regisseure, geschweige denn Produzenten zu geben: Der Große Georg kreierte seine Sendungen selbst! Und zwar bis aufs letzte I-Tüpfelchen genau! Seine Produkte waren genau so, wie er es wollte und wie er sich selbst gern sah: anspruchsvoll, edel und wohltemperiert. Er war ein Mann, der ohne Platitüden auskam, ohne die so weit verbreiteten Geschmacklosigkeiten, ohne den allfälligen Kotau vor dem Plebs. Daß seine Einschaltquote nicht hielt, was die Konzeption seiner Sendung versprach, verstand Schniepel – darin ganz ein Mann des letzten Jahrhunderts – als Kompliment. Er produzierte nun einmal nicht für Krethi und Plethi! Leider hatte er es aber bislang nicht vermocht, diese Weltsicht seinem Programmdirektor begreiflich zu machen. Und deshalb sollte das »Captain's Dinner« an diesem Abend nicht nur das letzte im Jahr 2006, sondern das letzte überhaupt sein, zu dem er lud. Es sei denn, es geschähe ein Wunder. Wie immer in seiner Sendung, trug Schniepel die schmucke Kapitänsuniform, die er sich bei den Schiffsausrüstern am Rödingsmarkt hatte maßschneidern lassen. Leider hatte sich der Sender in seiner auf Sparkurs gerichteten Sturheit geweigert, die Extrakosten für die Maßanfertigung zu übernehmen. Und auch das Finanzamt zeigte sich uneinsichtig, wenn Schniepel versuchte, seine Berufskleidung bei der Steuer geltend zu machen. Trotzdem war es ein gutes Gefühl, die vier dicken Kapitänsstreifen am Revers zu tragen und darüber das stolze Emblem: ein Schlüssel, der sich mit einem Anker kreuzt. Spötter behaupteten zwar, der Anker habe entfernte Ähnlichkeit mit einem Schnuller, aber das ließ den Moderator kalt. Auch die Nachbildung der Kapitänsgemächer im Studio war eine Maßanfertigung nach Schniepels Geschmack. Seit er gelegentlich auf der »MS Europa« durch die Südsee kreuzte, war Schniepel dem Namen Hapag-Lloyd treu und ergeben verbunden. Auf mehreren Kreuzfahrten hatte er als Entertainer geglänzt, wobei seine Spezialität das Erzählen von heiteren Anekdoten und besinnlichen Begebenheiten aus dem Leben berühmter Namensvettern war, Namensvettern seines Vornamens natürlich, denn von seinem Nachnamen lenkte Schniepel nur allzu gern ab. Und das gelang ihm in der Regel recht schnell. Erschien ihm sein Publikum überwiegend anglophil ausgerichtet, so wählte er Stories über exzentrische – und natürlich aristokratische – englische George: Und schon hatte er die Leute genau da, wo er sie hinkriegen wollte. Sie nannten ihn zuvorkommend »Sir George«. Waren hingegen überwiegend Amerikaner oder Freunde der Vereinigten Staaten mit von der Partie, kam er geschickt auf George Washington zu sprechen und ließ sich alsbald »Mr. President« rufen. Dann war ihm für den Rest der Reise das verhaßte Schniepel nicht länger im Weg. Auch für seine Show hatte er also eine Kapitänskabine nach dem Vorbild der »MS Europa« gefordert. Anderen Moderatoren hatte man für ihre Gesprächsrunden Küchen, Kreißsäle, schließlich sogar ganze Stierkampfarenen geboten, da war es nur recht und billig, wenn er eine repräsentative Suite bekam. Und dort hatten sich auch heute alle –fast alle – Beteiligten zu Beginn seiner Sendung versammelt. Sieben Gäste hatte Schniepel, wie zu jedem »Captain's Dinner«, geladen. Da war als Jüngste eine frisch zum Star des Jahres gekürte Filmschauspielerin, die den Typus »Lange-blonde-Beine« verkörperte. Schniepel interessierte sich nur mäßig für sie, und ihren Namen hatte er sich, trotz mehrwöchigen Darangewöhnens und Übens, noch immer nicht eingeprägt. Diese jungen Dinger sahen sowieso alle gleich aus und hatten nur Stroh im Kopf, im Grunde gehörten sie zur Dekoration. Schniepel wußte mit ihnen nichts anzufangen – was nicht hieß, daß er für die sich intellektuell gebende Dame, die ihn gleich zu Beginn der Sendung mit Beschlag zu belegen versuchte, auch nur einen Deut mehr übrig gehabt hätte. Marthe hieß sie und war, bei Lichte besehen, gar keine Dame, sondern eine Krimiautorin. Die Redakteurin der Sendung hatte sie ihm, vermutlich in einem Anfall höchstpersönlicher Rachsucht, auf den letzten Drücker noch reingewürgt, als Ersatz für eine ausgefallene Kaffeesatzdeuterin, die beim Frühstück festgestellt hatte, daß ihre Sterne für den Tag ungünstig standen. Aber es war auch egal, er nahm es, im professionellen Sinne, mit allen mehr oder weniger emanzipierten Zumutungen auf, denn rein persönlich war ihm die gesamte Weiblichkeit schnuppe. Am ehesten konnte sich Schniepel, der sich, außer für sich selbst, eigentlich nur für die Oper dauerhaft interessierte, für den dritten weiblichen Gast seiner Sendung erwärmen, die japanische Operndiva Yasuko, zu deutsch: »Fräulein Behaglichkeit«. Sie war eine zierliche Erscheinung mit einem glockenreinen Koloratursopran, den Schniepel auf seinen Reisen schon in Rio und Rovaniemi, in Melbourne und Mailand gehört hatte – an der Met sowieso. Ihren Nachnamen Suzuki führte sie übrigens nicht, und Schniepel hätte gerne gewußt, ob sie darunter so litt wie er unter Schniepel; allein schon, um das herauszufinden, hatte er sich auf die Begegnung mit der großen – und doch so kleinen und zarten – Yasuko gefreut. Vorerst aber war er nicht dazu gekommen, ihr die gebührende Aufmerksamkeit zu widmen, denn ihn hielt, wie gesagt, Marthe in Schach. So konnte er nur zusehen, wie Yasuko kichernd mit dem sächsischen Sumo-Ringer flirtete, der aus Schkopau bei Leipzig kam. Eine Weile bemühten sich die beiden vergeblich darum, auszurechnen, wie viele von Art und Gewicht Yasukos in Manni Zschornauer paßten, kamen aber mit der Umrechnung von englischen Pfunden in deutsche und dann noch einmal in Zentner und Tonnen nicht ganz zurecht. ...


Venske, Regula
Regula Venske gehört zu Deutschlands ungewöhnlichsten Krimiautoren, deren Romane großen Unterhaltungswert besitzen“ (literaturmarkt.info).

Regula Venske wurde 1955 in Minden geboren und wuchs in Münster auf. 1987 promovierte sie mit einer Studie über „Mannsbilder – Männerbilder. Konstruktion und Kritik des Männlichen in zeitgenössischer deutschsprachiger Literatur von Frauen“ zum Doktor der Philosophie.
Für ihre Romane und Erzählungen wurde sie u. a. mit dem Oldenburger Jugendbuchpreis, dem Deutschen Krimipreis und dem Lessing-Stipendium des Hamburger Senats ausgezeichnet, ihr Kurzgeschichtenband ""Herzschlag auf Maiglöckchensauce"" wurde für den Frauenkrimipreis der Stadt Wiesbaden nominiert.
Im April 2017 wurde Regula Venske zur Präsidentin des deutschen PEN gewählt, einer Schriftstellervereinigung, die sich für die Freiheit des Wortes und Völkerverständigung einsetzt und dessen Generalsekretärin sie seit April 2013 war. Seit Oktober 2015 ist sie außerdem Mitglied im Präsidium von PEN International. (www.pen-deutschland.de; www.pen-international.org)

Bei dotbooks erschienen Regula Venskes Romane „Double für eine Leiche“, „Schief gewickelt – Das perfekte Verbrechen“, „Kommt ein Mann die Treppe rauf“, „Rent a Russian“, „Die garstigen Greise“, „Ein allzu leichter Tod“ „Hamburger Kanzelsturz“, „Todesschüsse in St. Georg“, „Fegefeuer am Grindel“, „Mord im Gazellenkamp“ und „Die Hexen von Övelgönne“.

Weitere Titel sind in Vorbereitung.


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