Verbeck | Einführung in die Bargeldökonomie der Bundesrepublik Deutschland | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 283 Seiten

Verbeck Einführung in die Bargeldökonomie der Bundesrepublik Deutschland

Eine wirtschaftliche Analyse unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen

E-Book, Deutsch, 283 Seiten

ISBN: 978-3-17-034112-8
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Sicherstellung und logistische Steuerung des Bargeldumlaufs in der deutschen Volkswirtschaft gehört zu den Kernaufgaben der Zentralbank. Die Deutschen halten es nach wie vor mit der Spruchweisheit: "Nur Bares ist Wahres" - doch in der Wirtschaftswissenschaft ist das Bargeld ins Gerede gekommen, aufgrund der angeblich hohen Transaktionskosten und als Grundlage für die "Schattenwirtschaft". Zugleich basiert die Geldtheorie i. w. S. weiterhin auf Erkenntnissen zur Bargeldökonomie - die vorliegende Darstellung untersucht das Thema aus betriebs- und volkswirtschaftlicher sowie rechtlicher Perspektive und ist damit konkurrenzlos. Das Lehrbuch wird auch Eingang in die Ausbildung der Beamtenanwärter des gehobenen Dienstes der Deutschen Bundesbank sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) finden.
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2          Geld-, Währungs- und Zahlungsbegriffe
    2.1       Geldbegriff
2.1.1     Unbares Geld (Buchgeld und E-Geld)
Buchgeld und elektronisches Geld (E-Geld) sind die beiden unbaren Erscheinungsformen von Geld. Beiden unbaren Geldformen gemeinsam ist der Umstand, dass sie – im Gegensatz zum Bargeld – nicht physisch existieren. Die Tatsache einer nicht physischen Existenz ist der Hauptunterschied zum Bargeld und begründet im Folgenden die Erörterung beider unbarer Geldformen in einem Abschnitt. Betrachtet man die gesamte Geldmenge, die im Rahmen der Bankstatistischen Gesamtrechnung für die BRD ermittelt wird, so ist Buchgeld gegenüber dem Bargeld die wirtschaftlich bedeutsamere Erscheinungsform von Geld. Per 31.12.2016 betrug das Verhältnis von Bargeldumlauf zu Euro-Einlagenbestand 7,25 %6. Sie wird hier zuerst genannt und besprochen, da im Regelfall ohne Existenz von Buchgeld kein Bargeld in Umlauf gelangen kann. Wie der Begriff Buchgeld bereits wörtlich andeutet, handelt es sich hierbei um Geld, das sich in der Buchhaltung, also auf Konten, befindet7. Diese Konten werden entweder bei der Zentralbank oder bei einer Geschäftsbank geführt. Bankbetriebswirtschaftlich gesehen handelt es sich um eine Einlage8, die stets auf der Passivseite der Zentralbank- oder Geschäftsbankenbilanz ausgewiesen wird. Alternativ für den Begriff Buchgeld wird in der Literatur auch vielfach der Begriff Giralgeld verwendet. Die Entstehung von Buchgeld bezeichnet man als Buchgeldschöpfung. Ein Buchgeldschöpfungsvorgang kann sowohl bei der Zentralbank als auch bei einer Geschäftsbank stattfinden. Daher müsste eigentlich bei einer Buchgeldschöpfung sprachlich zwischen einer Zentralbank-Buchgeldschöpfung und einer Geschäftsbanken-Buchgeldschöpfung unterschieden werden. Bei den beiden Banktypen wird der Buchgeldschöpfungsprozess aber unterschiedlich initiiert. Einem Buchgeldschöpfungsprozess liegt buchhalterisch immer eine Haben-Buchung zu Grunde, der wegen des Systems der buchhalterischen Doppik im Rechnungswesen beider Banktypen immer eine Soll-Buchung gegenüberstehen muss9. Zunächst sei im Folgenden ein Buchgeldschöpfungsprozess bei einer Zentralbank dargestellt: Die oben erwähnte Gegenbuchung im buchhalterischen Soll erfolgt meistens im Wege eines Refinanzierungsgeschäfts, das eine Geschäftsbank mit der Zentralbank abschließt. Darunter versteht man die Kreditaufnahme einer Geschäftsbank, bei der die Zentralbank gegen Überlassung werthaltiger Aktiva (z. B. Ankauf von Wertpapieren und Devisen oder alternativ Gewährung eines Buchkredits) der Geschäftsbank ihrem bei der Zentralbank geführten Girokonto eine Gutschrift erteilt, womit neues Buchgeld entsteht10. Da in diesem Falle die Buchgeldschöpfung bei der Zentralbank erfolgt, ist der geschilderte Vorgang eine Zentralbank-Buchgeldschöpfung. Der hier anzuwendende Buchungssatz lautet demnach: »Refinanzierungsaktivum (Alternativen: Wertpapiere, Devisen oder Buchkredite) an Einlagen«. Bilanzielles Merkmal einer solchen Buchgeldschöpfung ist die Aktiv-Passivmehrung bei der Zentralbank, buchhalterisch auch Bilanzverlängerung genannt11. Wird ein solches Refinanzierungsgeschäft beendet, findet geldtheoretisch eine sog. Zentralbankgeldmengenabsorption statt. Durch den Buchungssatz »Einlagen an Refinanzierungsaktivum« verringert sich der Bestand an Aktiva und auf der Passivseite der Bilanz der Bestand an Einlagen. Buchhalterisch ist dieser Vorgang mit einer Aktiv-Passiv-Minderung, also einer Bilanzverkürzung, verbunden12. Ein ähnlicher Vorgang außerhalb der Zentralbank kann nun aber auch bei einer beliebigen Geschäftsbank stattfinden, sofern sie gleichzeitig das Kredit- und Einlagengeschäft betreibt13. Im nachfolgenden wird ein solcher Schöpfungsvorgang für Geschäftsbanken-Giralgeld dargestellt: Fließt einer Geschäftsbank im Rahmen des unbaren Zahlungsverkehrs Zentralbankgeld im Wege einer Gutschrift auf ihrem bei der Zentralbank geführten Girokonto zu, das für einen Empfänger bestimmt ist, der seinerseits ein kreditorisch geführtes Girokonto bei dieser Geschäftsbank unterhält, so führt dieser Geschäftsvorfall bei der betrachteten Geschäftsbank zur Buchung »Bundesbank an Sichteinlagen«. Auch diese Buchung führt zu einer Erhöhung des Einlagenbestands bei der Geschäftsbank und hat damit im Endergebnis zu einer Buchgeldschöpfung bei dieser betrachteten Geschäftsbank geführt. Da dieser Buchgeldschöpfungsprozess seine geldvermehrende Wirkung dahingehend entfaltet, dass dem begünstigten Girokontoinhaber eine erhöhte Sichteinlage zur Verfügung steht, die buchhalterisch auf der Passivseite der Geschäftsbankenbilanz steht, nennt man diesen Vorgang eine passive Giralgeldschöpfung. Eine alternative Erklärung findet dieser Begriff durch den Umstand, dass dieser von »außen« kommende Zufluss an Zentralbankgeld ohne ein aktives Tätigwerden der Geschäftsbank, also passiv, stattfindet. Bei Geschäftsbanken, die das Einlagengeschäft betreiben, entsteht hinsichtlich des Einlagenbestands ein sog. Bodensatz, d. h. ein dauerhaft existierender Einlagenbestand, bei dem die Bank nicht damit rechnen muss, dass dieser Betrag durch kundenseitig initiierte Dispositionen wieder abgezogen wird. Steigt der Einlagenbestand, wird auch der Bodensatz größer. Diese eingetretene Einlagenbestandserhöhung kann für eine Ausweitung des Kreditgeschäfts genutzt werden, jedoch nicht in voller Höhe der eingetretenen Erhöhung der Einlagensumme. Zum erleichterten Verständnis für die nachfolgend dargestellten Zusammenhänge bedarf es zunächst einer Erläuterung des Zusammenhangs zwischen Buchgeldschöpfung und Bargeld. Die erwähnte kundenseitige Abdisposition neu entstandener Einlagen kann natürlich auch im Wege einer Bargeldabhebung vom Girokonto des Kunden erfolgen. Eine Geschäftsbank muss daher immer über eine ausreichend hohe Barreserve verfügen. In der Praxis wird sie daher diese notwendige Barreserve auf der Grundlage von Erfahrungswerten disponieren. Eine rechtliche Verpflichtung hierzu ergibt sich aus den bankaufsichtsrechtlichen Liquiditätsnormen14, die detaillierter in Kapitel 14.1.1 beschrieben werden. Der Kassenbestand einer Geschäftsbank ist wesentlicher Teil dieser Barreserve, zu der noch das Guthaben bei der Zentralbank gehört. Da Bargeld aber nur bei der Zentralbank beschafft werden kann, ist für diesen Beschaffungsvorgang zwingend das Vorhandensein einer ausreichend groß bemessenen Einlage auf dem bei der Zentralbank geführten Girokonto der betrachteten Geschäftsbank notwendig. Neben der erwähnten notwendigen Barreserve müssen Geschäftsbanken, die das Einlagen- und Kreditgeschäft in Deutschland gleichzeitig betreiben und damit geldschöpfungsfähig sind, bei der Zentralbank zusätzlich eine Mindestreserve unterhalten, deren Höhe unter anderem vom Einlagenbestand der betrachteten Geschäftsbank abhängt15. Die Mindestreserve ist als Einlage auf dem Girokonto der mindestreservepflichtigen Geschäftsbank bei der Bundesbank zu unterhalten. Das dort vorhandene Guthaben ist aber jederzeit dispositionsfähig, also auch disponibel für notwendige Bargeldabhebungen der Geschäftsbanken. Der vom Einlagenbestand der Geschäftsbank nach Abzug von Barreserve und Mindestreserve verbleibende Restbetrag wird Überschussreserve genannt16. Diese kann unter der Voraussetzung, dass eine Kreditnachfrage besteht und potentielle Kreditkunden über eine ausreichende Bonität verfügen, für neu zu vergebende Kredite verwendet werden. Die Auszahlung dieser neu vergebenen Kredite wird in der Kreditvergabepraxis durch Gutschrift auf einem Girokonto erfolgen, das häufig bei derselben Bank geführt wird. Wird das Girokonto, auf dem die Gutschrift erfolgt, auch kreditorisch geführt, so entsteht durch diese Neukreditvergabe automatisch wieder eine neue Einlage durch neu generiertes Aktivgeschäft. Es hat hier also eine Buchgeldschöpfung stattgefunden, die ihren Ursprung in der neu initiierten Kreditgewährung dieser Geschäftsbank hat. Da diese geldschöpfungswirksame Neuentstehung von...


Bundesbankdirektor Dieter Verbeck ist langjähriger Dozent an der Hochschule der Deutschen Bundesbank auf Schloss Hachenburg (Westerwald).


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