Villareal | Die Chronik vom Aufstand der Vampire | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Villareal Die Chronik vom Aufstand der Vampire

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-492-99434-7
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Vampire sind unter uns! Als eine Leiche aus der Gerichtsmedizin einer Kleinstadt gestohlen wird, glauben die Behörden zunächst an einen Streich. Aber die Vorfälle häufen sich, immer mehr Tote verschwinden und kehren zurück - als Vampire. Die Saat des Vampirismus greift wie eine Epidemie um sich. Und die Vampire dürsten nicht nur nach Blut. Sie wollen Teil unserer Gesellschaft werden. Inmitten politischer Verwicklungen, religiöser Fanatiker und dem Wunsch nach Schutz von Minderheiten entbrennt ein Kampf um die Vorherrschaft über unsere Welt ... Dieses faszinierende Werk sprengt die Grenzen zwischen Horror und Politik und spielt auf erschreckende Weise mit den Ängsten unserer Zeit.
Villareal Die Chronik vom Aufstand der Vampire jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


KAPITEL 2
Pater John Reilly
Ordinierter katholischer Priester und Jesuit
Verteidigungsministerium – DIREKTIVE: Betreff: Befragung von Pater John Reilly durch die Verhöreinheit für Festgenommene von besonderem Interesse Der Festgenommene wurde von FBI-Agenten in ZENSIERT in Gewahrsam genommen und in die Arresteinrichtung von ZENSIERT verlegt. Nach vier Tagen erfolgte die Befragung durch die Verhörgruppe für Festgenommene von besonderem Interesse. Der Festgenommene wurde vor dieser Befragung keinen speziellen Maßnahmen unterworfen.   Transkript entspricht der Videoaufnahme. Der Verhörbeamte ist ein jüngerer Mann mit Joggingschuhen von Gucci und einer goldenen Bomberjacke mit einem Snapback-Cap. Zwischen hastigen Zügen an einer Zigarette kaut er Kaugummi. Der Festgenommene ist ein Mann Anfang dreißig, der keinerlei Anzeichen von Nervosität zeigt.   Verhörbeamte: Geht es Ihnen gut? Einen Kaffee? Wenn Sie zur Toilette müssen, sagen Sie Bescheid. Wir sind nicht hier, um Sie einem Waterboarding zu unterziehen. Das ist nicht komisch, oder? Pause. Dann laut: Fürs Protokoll, der Befragte hat ablehnend den Kopf geschüttelt.   Der Verhörbeamte trinkt einen Schluck Wasser.   Pater Reilly: Allerdings, falls es Ihnen nicht zu viel Mühe macht, könnten Sie für mich eine Spendenseite bei GoFundMe einrichten. »Rettet mich vor der Folter durch die US-Regierung«, oder so ähnlich. Verhörbeamte: Das ist wirklich witzig. Also, wie fühlen Sie sich? Pater Reilly: Nun, wenn jede Tragödie von Shakespeare aus fünf Akten besteht, dann befinde ich mich vermutlich gerade im fünften Akt. Ich hielt Shakespeare immer mehr für Gottes Wort als die Bibel, aber dann wurde mir klar, dass Shakespeare einfach besser schreiben konnte.   Der Verhörbeamte applaudiert langsam.   Verhörbeamte: Das hat gesessen! Also, dummerweise für Sie hat man Sie genau genommen nicht auf amerikanischem Boden verhaftet. Das unterwirft Sie extraterritorialen Maßnahmen. Lassen Sie es mich Ihnen so erklären: Die Männer in diesem Raum gehören der Verhöreinheit für Festgenommene von besonderem Interesse an. Die Einheit hat einen Plan für Ihr Verhör erstellt. Das ist ihre Aufgabe. Ich werde diesen Plan durchführen. Das ist meine Aufgabe. Pater Reilly: Sollte man mir nicht meine Rechte verlesen? Und wenn auch nur, um dem Anschein Genüge zu tun? Verhörbeamte: Dank der außergewöhnlichen Umstände haben wir eine Notfallgenehmigung – eine Ausnahmeregelung für Miranda aus Gründen der »öffentlichen Sicherheit«. Die Angehörigen der Taskforce haben noch nicht entschieden, ob man Ihnen den Status eines »feindlichen Kämpfers« verleihen wird oder nicht. Ich gebe Ihnen eine kleine Geschichtslektion. Den Richtlinien der Genfer Konventionen zufolge … Pater Reilly: Ja, ja. Das ist mir alles bekannt. Verhörbeamte: Dann brauchen wir uns also nicht weiter darüber zu unterhalten, dass Sie diese Option nicht vorziehen werden. Stimmen Sie mir da zu? Pause. Gut. Fürs Protokoll, der Befragte hat genickt und damit sein Einverständnis gegeben. Warum fangen wir nicht damit an, dass Sie mir erzählen, wie Sie Priester geworden sind? Pater Reilly: Okay. In meiner Jugend wäre ich nie auf die Idee gekommen, zur Kirche zu gehen. Meine Heimatstadt war ziemlich klein und irgendwie rückständig – jedenfalls für einen Teenager. »Ein Ort, wo Leute noch immer staunend mit dem Finger auf Flugzeuge zeigen«, wie meine Schwester oft sagte, bevor sie aufs College ging. Oder wo man Wege mithilfe der lokalen Wahrzeichen beschrieb: »Am dritten Olive Garden gehen Sie rechts, am Red Lobster dann links.« Sie verstehen, was ich meine. Meine Eltern waren Katholiken, aber sie setzten die Religion nicht mit Zwang durch. Man erwartete von uns, die Sakramente der Taufe und der Firmung zu vollziehen, aber um ehrlich zu sein, waren sie vermutlich schon damit zufrieden, wenn man uns nicht wegen irgendwas verhaftete und wir keine Drogen nahmen. In meiner Jugend hatte ich keine Freunde. Das klingt vielleicht blasiert, wenn ich das so sage, aber es stimmt. Keine Freunde. Ich litt nicht unter Asperger, wie es heute heißt, aber während meiner Kindheit diagnostizierte man mich oft als Einzelgänger. Ich verbrachte Jahre in Wartezimmern von Arztpraxen mit ihrem medizinischen Geruch, den unbequemen harten Sofas und der blechernen Musik. Beantwortete endlose Fragen. Saß nur mit einem Untersuchungshemd bekleidet auf einem Untersuchungstisch und wartete. Dann sah ich zu, wie der Arzt meiner Mutter die Diagnose erklärte, während sie zustimmend nickte. Bei mir wurde eine »ausgeprägte Distanzierung zu sozialen Kontakten« festgestellt, davon ausgenommen waren nur enge Familienmitglieder. Und ein »begrenztes Spektrum im Ausdruck von Emotionen in zwischenmenschlichen Situationen«. Oder um es für Laien auszudrücken, ich hasste andere Menschen – allein und in Gruppen. Verhörbeamte: Wissen Sie, bei einer Party würde man diese Darstellung vielleicht als Gejammer bezeichnen. Pater Reilly: Machen Sie sich nichts draus, ich schuf mir ziemlich ausgefeilte Fantasiewelten. Ich konnte mit meinen Comics in der Auffahrt sitzen und jeder Superheld werden, der ich sein wollte. Oder mich in den Vorgarten legen, die Sterne zählen und ins Weltall düsen. Mir gefiel es so – ich war ganz für mich. Vielleicht hatte ich wegen meines Vaters nie Selbstmitleid; er hatte ein ziemlich schweres Leben, das hat irgendwie unsere Familie definiert. Verhörbeamte: Wie meinen Sie das? Pater Reilly: Er kam mit einem überdurchschnittlich großen Kiefer und Augenbrauenwülsten zur Welt, ein Teil seiner Akromegalie. Wenn die Hypophyse überschüssige Wachstumshormone produziert. Eine Art Riesenwuchs. Nicht nur sein Gesicht war äußerst markant, er war auch noch sehr groß. Man konnte ihn unmöglich übersehen. Daraus resultierte eine immerwährende Ausdünstung von geringem Selbstwertgefühl, die ihm bei jeder Gelegenheit zu folgen schien. Mir war das viele Jahre lang nicht klar. Als Kind war er einfach nur mein großer Dad. Aber als ich älter wurde, erkannte ich, dass jeder Anlass, aus dem er das Haus verlassen musste, für ihn puren Stress bedeutete. Selbst beim simplen Gang zum Einkaufsladen oder zu meinen Baseballspielen waren seine Beklemmungen Tage davor und danach in unserem Haus zu fühlen. Frieden fand er in seiner Garagenwerkstatt hinter unserem hohen Gartenzaun. In seiner religiösen Hingabe war mein Vater beinahe wie ein Mönch – vermutlich glaubte er, er könnte sein Leiden durch Gebete heilen. Wahrscheinlicher ist aber, dass er seine Tage lieber in der Kirche oder zu Hause verbrachte, um so der Öffentlichkeit zu entgehen. Er fing an, Geld zu sparen für eine Wallfahrt zu einem Schrein in Frankreich. Dort würde ihm bestimmt die Heilung zuteil, davon war mein Dad überzeugt. Er nahm mich immer mit, wenn er mit seinem Lastwagen in allen möglichen Vierteln Schrott und Altmetall einsammelte. Egal, wie heiß es auch war, wir wühlten uns durch Kartons und stinkende Müllbeutel. Mit glitschigen Hände kämpften wir gegen das Würgen an. Wir nahmen, was wir finden konnten und veranstalteten jeden Samstag einen Garagenflohmarkt. Unsere Nachbarn hassten uns bald, auch wenn sie zu nett waren, deswegen die Polizei zu rufen – aber vielleicht hatten sie auch einfach nur Mitleid mit meinem Vater. Es dauerte ewig, halbwegs genug Geld für die Wallfahrt zusammenzubekommen. Und trotzdem musste er am Ende noch seinen Lastwagen verkaufen. Also bestiegen wir an einem warmen Junitag ein Flugzeug nach Frankreich. Genauer gesagt nach Rocamadour im südwestlichen Frankreich, wo ein Schrein der heiligen Jungfrau Maria steht. Die Marienkapelle Notre-Dame de Rocamadour. Kirche und Schrein befanden sich hoch oben auf dem Plateau eines zerklüfteten Berges; die Basilika war an einer Steilklippe erbaut, die auf den Alzou hinausblickte, einen Nebenfluss der Dordogne. Wir übernachteten in einer Herberge im Nachbardorf. Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang brachen wir zu unserem Ziel auf und begaben uns zur Hauptstraße von Rocamadour und dem Place de la Caretta. Mein Vater blieb vor den Stufen zum Schrein stehen. Verhörbeamte: Sie blieben stehen. Das war alles? Pater Reilly: Nein. Es fällt mir schwer, das zu erzählen. Schließlich sagte mein Vater: »Ihr geht voraus.« »Was soll das heißen?«, fragte meine Mutter. »Was hast du vor?« Ich erinnere mich noch an die Furcht auf ihrem Gesicht. »Ich gehe die Stufen hinauf wie ihr, aber auf den Knien und bete dabei den Rosenkranz.« Meine Mutter, meine Schwester und ich, wir sahen ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Richard«, sagte meine Mom. »Das kannst du nicht machen. Das müssen, keine Ahnung, fünfhundert Stufen sein. Dazu fehlt dir die nötige Kondition, vor allem in dieser Hitze.« »Ich mache das«, sagte er. Er hätte sich nicht davon abbringen lassen, selbst wenn es ihn ins Krankenhaus gebracht hätte. Also drehte sich meine Mutter um und zeigte auf mich. »Johnny, du und deine Schwester, ihr sucht ein Geschäft. Kauft zehn Flaschen Wasser und ein paar gesunde Snacks. Das bringt ihr her. Wir müssen schauen, dass euer Vater nicht dehydriert.« Dabei zuzusehen fiel schon schwer, aber für ihn war es sicherlich noch schwerer, es zu tun. Zweihundertsechzehn...


Villareal, Raymond A.
Raymond A. Villareal praktiziert als Rechtsanwalt in San Antonio, Texas. Sein erster Roman wurde bereits vor Erscheinen in einem Megadeal von 20th Century Fox für eine Verfilmung erworben.

Raymond A. Villareal praktiziert als Rechtsanwalt in San Antonio, Texas. Sein erster Roman wurde bereits vor Erscheinen in einem Megadeal von 20th Century Fox für eine Verfilmung erworben.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.