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E-Book, Deutsch, 396 Seiten

Werkner Friedens- und Konfliktforschung

Eine Einführung

E-Book, Deutsch, 396 Seiten

ISBN: 978-3-8463-5443-8
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Lehrbuch setzt sich mit zwei Schwerpunkten auseinander: Zum einen wendet es sich weltpolitischen Konflikten zu. Es nimmt deren Ebenen und Akteure, Gegenstände sowie Austragungsformen in den Blick und diskutiert aktuelle Konstellationen. Zum anderen stellt das Lehrbuch zentrale Friedensstrategien vor, die für verschiedene Denkschulen stehen, und debattiert ihre Chancen und Hindernisse.
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Vorwort
Part I: Frieden – Begriffliche Vorüberlegungen
1 Zum Begriff des Friedens
1.1 Gewalt und Frieden bei Johan Galtung
1.2 Frieden – mehr als die Abwesenheit von Krieg?
1.3 Frieden – eine Utopie?
1.4 Friede als Weltfriede?
1.5 Fazit
2 Frieden und Sicherheit
2.1 Was heißt Sicherheit?
2.2 Friedens- versus Sicherheitslogik
2.3 Fazit
3 Friedensforschung und Debatten um ihr Selbstverständnis
3.1 Zur Normativität der Friedensforschung
3.2 Zur Praxisorientierung der Friedensforschung
3.3 Zur disziplinären Verortung der Friedensforschung
3.4 Fazit
Part II: Weltpolitische Konflikte – Begriff, Formationen und Austragungsformen
4 Konflikt – Konzeptionelle Vorüberlegungen
4.1 Zum Konfliktbegriff
4.2 Konflikte – unerwünschte Erscheinungen?
4.3 Konflikte – komplexe Phänomene
4.4 Kriegsdefinitionen
4.5 Kriegsursachen
4.6 Fazit
5 Konfliktebenen und Konfliktakteure – asymmetrische Konstellationen
5.1 Symmetrie und Asymmetrie im Konfliktgeschehen
5.2 Die neuen Kriege
5.3 Kritik der neuen Kriege
5.4 Der transnationale Terrorismus
5.5 Fazit
6 Konfliktgegenstände – zentrale Formationen
6.1 Zentrale Konfliktformationen zu Zeiten des Kalten Krieges
6.1.1 Der Ost-West-Konflikt
6.1.2 Der Nord-Süd-Konflikt
6.1.3 Der Nahostkonflikt
6.2 Gegenwärtig vorherrschende Konfliktkonstellationen
6.2.1 Konflikte um die internationale Vormachtstellung
6.2.2 Ethnonationale Konflikte
6.2.3 Innerstaatliche Macht- und Herrschaftskonflikte durch fragile Staatlichkeit
6.3 Gewalt durch Klimawandel – ein Konfliktszenario der Zukunft?
6.4 Fazit
7 Austragungsformen von Konflikten – friedenspolitische Herausforderungen durch neue technologische Entwicklungen
7.1 Unbemannte Waffen und der Trend zu ihrer Autonomisierung
7.2 Der Cyberraum und die Digitalisierung der Kriegsführung
7.3 Die Militarisierung des Weltraums
7.4 Fazit
Part III: Friedensstrategien
8 Frieden durch Abschreckung
8.1 Der (neo)realistische Zugang zum Frieden
8.2 Begriff und Funktionsweise der Abschreckung
8.3 Nukleare Abschreckung
8.4 Fazit
9 Friedenssicherung durch Verrechtlichung und internationale Kooperation
9.1 Der institutionalistische Zugang zum Frieden
9.2 Das völkerrechtliche Gewaltverbot und seine Durchsetzung
9.3 Humanitäre militärische Interventionen
9.4 Die internationale Schutzverantwortung
9.5 Systeme kollektiver Sicherheit – ein Mythos?
9.6 Fazit
10 Frieden durch Demokratisierung
10.1 Der liberale Zugang zum Frieden
10.2 Der demokratische Frieden
10.3 Antinomien des demokratischen Friedens
10.4 Frieden als Zivilisierungsprozess – das zivilisatorische Hexagon
10.5 Fazit
11 Respekt, Anerkennung und Vertrauen als Wege zum Frieden
11.1 Der konstruktivistische Zugang zum Frieden
11.2 Respekt und Anerkennung
11.3 Vertrauen
11.4 Das Konzept der gemeinsamen Sicherheit
11.5 Fazit
Part IV: Zum Stand der Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland
12 Institute der Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland
12.1 Zu den Anfängen der Institutionalisierung der Friedens- und Konfliktforschung – ein kursorischer Überblick
12.2 Außeruniversitäre Institute
12.3 Außeruniversitäre Institute mit Forschungsschwerpunkten im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung
12.4 Universitäre Institute und Zentren
12.5 Verbände, Netzwerke und Stiftungen
12.6 Fazit
13 Masterstudiengänge der Friedens- und Konfliktforschung
14 Zur Publikationslandschaft
14.1 Das Friedensgutachten
14.2 Fachzeitschriften
14.3 Lehr- und Handbücher
Literatur
Abbildungsverzeichnis


4.3 Konflikte – komplexe Phänomene
Ausgehend von dem skizzierten Konfliktbegriff und -verständnis lassen sich weitere Bestimmungen vornehmen, die den Terminus näher qualifizieren (vgl. hierzu auch Bonacker und Imbusch 2006, S.69ff.). Zentrale Differenzierungen sind die nach Konfliktebenen und -akteuren, Konfliktgegenständen sowie Austragungsformen von Konflikten.   Zu Konfliktebenen und -akteuren: Konflikte können auf verschiedenen Ebenen stattfinden: von intra- und interpersonalen über intergruppale und innerstaatliche bis hin zu zwischenstaatlichen sowie transnationalen und globalen Konflikten. Angesichts von Globalisierung und Global Governance gewinnen insbesondere Letztere zunehmend an Bedeutung. Ebenso vielfältig sind die Konfliktakteure: Bei ihnen kann es sich um Individuen, Gruppen, Netzwerke und Bewegungen, Organisationen und Regime sowie Staaten handeln. Das Verhältnis zwischen den Konfliktparteien wird häufig mit dem Begriffspaar „symmetrische“ versus „asymmetrische“ Konflikte näher bestimmt. Diese Differenzierung lässt Aussagen zur Vergleichbarkeit der beteiligten Konfliktparteien hinsichtlich ihrer Größe und Stärke zu. Ein klassisches Beispiel für einen symmetrischen Konflikt stellt der im 20.Jahrhundert dominierende Ost-West-Konflikt dar, bei dem die beteiligten Akteure über annähernd gleiche Voraussetzungen, Fähigkeiten und Mittel verfügten. Dagegen verweisen asymmetrische Konflikte auf heterogene Strukturen, Fähigkeiten und Ressourcen der Konfliktparteien, die dann auch die Austragungsformen von Konflikten determinieren. Ein klassisches Beispiel stellt diesbezüglich der transnationale Terrorismus mit seinen Strategien dar.   Zu Konfliktgegenständen: Darunter werden „jene materiellen oder immateriellen Güter verstanden, die von den direkten Konfliktakteuren durch konstitutive Konfliktmaßnahmen angestrebt werden“ (HIIK 2020b). Diesbezüglich existieren verschiedene Typologien: Es kann sich beispielsweise um „objektive Konflikte“ handeln, bei denen es um die Verteilung knapper Werte und Güter geht (zum Beispiel Macht, Herrschaft, Ressourcen), oder um „subjektive Konflikte“, bei denen bestimmte Prädispositionen und sich daraus ergebene Einstellungen wie Ressentiments, Feindschaft, Aggressivität und Hass den Ausschlag geben (vgl. Meyers 1994, S.31; Bonacker und Imbusch 2006, S.73). Konfliktgegenstände lassen sich aber auch nach teilbaren und unteilbaren Konflikten differenzieren. Bei Erstgenannten handelt es sich um Konflikte, deren Ziel es ist, von einem Gut mehr als die andere Partei zu besitzen (beispielsweise Macht, Ressourcen, Territorium). Sie entsprechen der Logik des „Mehr-oder-Weniger“. Die Güter unteilbarer Konflikte wie Konflikte um Anerkennung, Werte und Normen oder Wahrheit können dagegen nur einer Partei zukommen. Sie folgen der Logik des „Entweder-Oder“. Hier schließt die Systematik verschiedener Konflikttypen von Volker Rittberger und Michael Zürn (1991, S.420) an. Sie unterscheiden zwischen: Wertekonflikten, bei denen zwischen den Akteuren unvereinbare Positionsdifferenzen über das anzustrebende Ziel bestehen; Mittelkonflikten, bei denen zwischen den Akteuren ein Dissens über den einzuschlagenden Weg, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, besteht sowie Interessenkonflikten, bei denen die Akteure um ein knappes Gut konkurrieren. Dabei ist zwischen Interessenkonflikten über absolut und relativ bewertete Güter zu differenzieren: „Charakteristisch für ein absolut bewertetes Gut ist, daß der Wert, den es für die Partei besitzt, nicht davon beeinflußt wird, über wieviel die jeweils andere Partei davon verfügt. Demgegenüber bezieht ein relativ bewertetes Gut seinen Wert erst daraus, daß man mehr davon besitzt als andere“ (Rittberger und Zürn 1991, S.420; Hervorh. im Original). Diese Konflikttypen bieten zugleich Anhaltspunkte für Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten. Danach seien die Chancen einer Verregelung von Interessenkonflikten über absolut bewertete Güter relativ hoch, während Wertekonflikte und Interessenkonflikte über relativ bewertete Güter weitaus schwieriger zu bearbeiten seien (vgl. Schaubild 6). Konflikttypen Beispiel Verregelungsfähigkeit Wertekonflikt islamischer Fundamentalismus versus westliche Werte sehr gering Interessenkonflikt über relativ bewertete Güter Rüstung und Rüstungskontrolle gering Mittelkonflikt Klimaschutz mittel Interessenkonflikt über absolut bewertete Güter Freihandel hoch Konflikttypen nach Volker Rittberger und Michael Zürn (1991, S.406) mit zum Teil veränderten Beispielen Das Heidelberger Konfliktbarometer wiederum differenziert die Konfliktgegenstände danach, „welches Gut von den Konfliktakteuren angestrebt wird: Ideologie/System: Veränderung der ideologischen, religiösen, sozioökonomischen oder rechtlichen Ausrichtung des politischen Systems oder Änderung des Regimetyps. Nationale Macht: Herrschaftsgewalt in einem Staat. Autonomie: Erlangung oder Ausweitung der politischen Selbstbestimmung einer Bevölkerung in einem Staat oder eines abhängigen Gebiets ohne Unabhängigkeitsbestrebungen. Sezession: Trennung eines Teils eines Staatsgebiets mit dem Ziel der Errichtung eines neuen Staates oder des Anschlusses an einen bestehenden Staat. Dekolonialisierung: Unabhängigkeit eines abhängigen Gebiets. Subnationale Vorherrschaft: De-facto-Kontrolle einer Regierung, einer nicht-staatlichen Organisation oder einer Bevölkerung über ein Gebiet oder eine Bevölkerung. Ressourcen: Besitz natürlicher Ressourcen oder Rohstoffe beziehungsweise der hieraus erzielte Profit. Territorium: Veränderung des Verlaufs einer zwischenstaatlichen Grenze. Internationale Macht: Veränderung der Machtkonstellation im internationalen System oder in einem seiner Regionalsysteme. Anderes: Residualkategorie“ (HIIK 2020b). Zu Austragungsformen von Konflikten: Konflikte können sich destruktiv entwickeln und zu einer Eskalation – bis hin zu ihrem gewaltsamen Austrag – führen. Sie können aber auch einen konstruktiven Verlauf nehmen, indem Unvereinbarkeiten transformiert werden. Die Bandbreite reicht damit von Kriegen und bewaffneten Konflikten bis hin zu gewaltfreien und integrativen Handlungen (vgl. Schaubild 7).   Ausrottungskrieg begrenzter Krieg punktueller Konfliktaustrag mit militärischen Mitteln Abschreckung einseitige Anpassung Schlichtung Verhandlung wechselseitige Anpassung Interessenausgleich im Kompromiss Zusammenarbeit Bündnis Konföderation Integration Vereinigung Abnahme gewaltsamer   und Zunahme gewaltfreier Modi des Konfliktaustrags   Formen politischen Konfliktverhaltens nach Reinhard Meyers (1994, S.29) Der Konfliktaustrag unterliegt auch Dynamiken. Gelingt es den Konfliktparteien nicht, rechtzeitig und mit einem angemessenen Verhalten auf Konflikte zu reagieren, kann eine Eskalationsspirale einsetzen, die sich verselbständigen kann: „Wir geraten in den Strudel der Konfliktereignisse und merken plötzlich, wie uns eine Macht mitzureißen droht. Wir müssen all unsere Sinne wach halten und sehr überlegt handeln, damit wir uns nicht weiter in die Dynamik des Konflikts verstricken“ (Glasl 1997, S.34). Der österreichische Trainer für Konfliktmanagement Friedrich Glasl entwickelte ein 9-stufiges Modell der Konflikteskalation (vgl. Schaubild 8). Danach verengen sich mit jeder neuen Eskalationsstufe die Handlungsmöglichkeiten der Konfliktakteure. Bei Konflikten, die sich auf den ersten Eskalationsstufen (Stufen 1-3) befinden, ist eine (begrenzte) Kooperation der beteiligten Parteien noch möglich. Das erlaubt inhaltliche und produktive Auseinandersetzungen sowie das Erreichen von win-win-Situationen. Bei weiterer Konflikteskalation (Stufen 4-6) schwinden die Chancen einer konstruktiven Konfliktbearbeitung. Der Konflikt wird zunehmend auf der Beziehungsebene ausgetragen: „[D]er ursprüngliche Konfliktgegenstand verliert an Bedeutung, während das Verhältnis der Parteien zueinander selbst zum zentralen Gesichtspunkt ihrer Auseinandersetzung wird“ (Meyer 2011, S.37). Kritisch erweist sich nach Glasl das Überschreiten der Stufe 5, die mit einem Gesichtsverlust bei zumindest einer Konfliktpartei einhergeht. Im letzten Stadium (Stufen 7-9) schließlich können alle beteiligten Konfliktparteien nur noch verlieren. Konflikteskalation in 9 Stufen nach Friedrich Glasl (1997, S.216,...


Werkner, Ines-Jacqueline
Dr. Ines Jacqueline Werkner ist Privatdozentin im Fach Politikwissenschaft an der Uni Frankfurt und Mitarbeiterin an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST) in Heidelberg

Dr. Ines Jacqueline Werkner ist Privatdozentin im Fach Politikwissenschaft an der Uni Frankfurt und Mitarbeiterin an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST) in Heidelberg


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