Werner | So krank ist das Krankenhaus | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Werner So krank ist das Krankenhaus

Ein Weg zu mehr Menschlichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit in der Medizin

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-8375-2550-2
Verlag: Klartext
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



"Wir haben das beste Gesundheitssystem der Welt", hörte man zu Beginn der COVID-19-Pandemie in Deutschland viele sagen. Eines der besten analogen, relativiert Prof. Dr. Werner und legt den Finger in die Wunde(n), zeigt ein Systemversagen auf, dessen Folgen sich immer weniger ignorieren lassen. Basierend auf seiner langjährigen Erfahrung als Arzt und Krankenhausmanager berichtet er von Pfle-genotstand und toxischen Führungspersönlichkeiten, von Politikversagen, finanziellen Defiziten und verpassten Chancen der Digitalisie-rung, die Menschenleben kosten. Wer zahlt den Preis dafür? Wir. Als Krankenversicherte, Steuerzahler*innen und nicht zuletzt als Pati-ent*innen.
Doch der Essener Top-Mediziner skizziert kein Untergangsszenario. Dem Status Quo stellt er das Smart Hospital gegenüber. Basierend auf digitalen Technologien und doch zutiefst menschlich. Im Fokus Patient*innen und Mitarbeitende. Ein Gegenentwurf, der kein Traum bleiben darf.
Wir müssen handeln. Nicht später. Sondern jetzt!
Werner So krank ist das Krankenhaus jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


I. Aufbruch zum Smart Hospital
1. Digitalisierung: nicht morgen, sondern jetzt!
2. Mehr als Digitalisierung: Grundidee des Smart Hospital
II. Von den Patient*innen aus gedacht
1. Patient*innenerleben
2. Exkurs: zur Würde und zum Tode
3. Patient*innensicherheit
4. Exkurs II: Geburtshilfe
5. Patient*innenermächtigung:
smarte Patient*innen durch digital gestütztes Empowerment
6. Datenschatz: elektronische Patientenakte und Co.
7. Datenschutz und Cyberkriminalität
III. Smartes Personal
1. Leadership
2. Smartes Management: kein Tag wie der andere
3. (Chef-)Ärzt*innen im Wandel
4. Die Mitarbeiter*innen: das größte Kapital
5. Pflegenotstand: Ein SOS reicht nicht mehr
6. Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten zum Pflegenotstand
7. Smarte Assistenz: Wie Roboter, Künstliche Intelligenz und Co. das Personal unterstützen
8. Smart Work? Veränderte Berufsfelder
9. Im Gespräch bleiben: Change braucht Kommunikation
IV. Das Finanzierungsdebakel
1. Steigende Kosten und fehlende finanzielle Mittel
2. Arzneimittel – zwischen Heilung und Kostenexplosion
3. Konzentration aufs Wesentliche: Krankenhausschließungen
4. Probleme des DRG-Vergütungssystems
5. Entlastung – wer zahlt?
V. Das Smart Hospital als verantwortungsvoller Akteur in der Gesellschaft
1. Gesellschaftliche Verantwortung übernehmen am Beispiel des Kriegs in der Ukraine
2. Vom Smart zum Green Hospital
VI. Blick nach vorn: Ohne Ruck geht nichts mehr
Danksagung


II.Von den Patient*innen aus gedacht
1.Patient*innenerleben
1998 nahm ich meine Tätigkeit zunächst als kommissarischer, dann als berufener Chefarzt an der Marburger Universitäts-HNO-Klinik auf. Über der Tür am Haupteingang blickte man auf den Schriftzug „Universitätsklinik für Ohren-Nasen- und Halskranke“. Ist das nicht genial? Heute heißen all diese Kliniken Klinik für Augenheilkunde, Klinik für Urologie und so weiter. Aber in Marburg hieß es Klinik für Kranke. Mit dieser Bezeichnung ist das wesentliche Anliegen einer Klinik festgelegt. Die Patient*innen müssen im Mittelpunkt stehen, nicht die Heilkunde. Wichtige Schlagwörter in diesem Zusammenhang sind das Patient*innenerleben, die Patient*innensicherheit und die Patient*innenermächtigung, die man heute vielfach als Patient*innenempowerment bezeichnet. Bleiben wir zunächst beim Patient*innenerleben. In Anlehnung an die in den USA verbreitete und professionalisierte Initiative Patient Experience gründeten wir an der UME im Zuge der Umwandlung zum Smart Hospital das in Deutschland erste Institut für PatientenErleben, von dem inzwischen mehrere ausgezeichnete Projekte ausgegangen sind. Unser Institut spielt bei der Digitalisierung der UME eine besondere Rolle, wollen wir mit dieser Initiative doch genau die Humanisierung stärken, indem die Erfahrungen und Kompetenzen, aber auch Anregungen und Wünsche unserer Patient*innen explizit für die Transformation zum Smart Hospital mit einbezogen werden. Das Institut für PatientenErleben analysiert und optimiert neben der rein medizinischen Leistung viele andere Aspekte eines Klinik-Aufenthaltes aus Patient*innensicht. Dazu gehören etwa die Wegeführung auf dem Klinikgelände und in den Gebäuden, die Gestaltung von Räumlichkeiten, effiziente Abläufe, akzeptable Wartezeiten, patient*innenfreundliche Informationen oder eine beziehungsorientierte Kommunikation mit Ärzt*innen, Pflegekräften und weiteren Mitarbeitenden im Haus. Die Vor- und Nachbereitung eines Patient*innen-Aufenthaltes gehören zum Patient*innenerleben genauso wie eine Anbindung von Selbsthilfegruppen an die UME. Das Institut ist damit die logische Vervollkommnung einer zunehmend digitalisierten Medizin. Zum Themenfeld Patient*innenerleben gehört natürlich auch das Ambiente, in dem die Patient*innen gesunden sollen. Grundlage ist der Ansatz, das gesamte Umfeld von Gesundheitsbauten als Variablen für den Genesungsprozess zu sehen, aber ebenso dessen Einfluss auf die Angehörigen und die dort Beschäftigten zu berücksichtigen. Vereinzelte Ansätze dazu gibt es schon lange. Tief angetan war ich zum Beispiel von einer Kinderkrebsklinik, die ich bei einem Aufenthalt in Kolkata, der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Westbengalen, besichtigen durfte und die sehr auf die Belange der Kinder ausgerichtet war. Beispielsweise gab es dort einen Miniaturzug, der zwischen den einzelnen Pavillons des Krebszentrums fuhr und den Kindern eine besondere Transportform bot. Ebenso fand sich ein kleiner Teich inmitten der Anlage, in dem die Kinder und Jugendlichen fischten. Das half ihnen, den Grund für ihren Aufenthalt einen Moment lang zu verdrängen. Mittlerweile ist mit dem sogenannten Healing Environment ein ganzheitlicher Ansatz entstanden, der solche Aspekte systematisch berücksichtigt. Er besteht aus der Healing Architecture und verschiedenen weiteren Aspekten, die den Heilungsprozess der Patient*innen fördern und sich als Wohlfühlatmosphäre zusammenfassen lassen. Dazu gehören zum Beispiel Ruhe und Entspannung, aber auch Aspekte, die uns nur dann auffallen, wenn wir oder unsere Liebsten davon betroffen sind, zum Beispiel das zunehmend bedeutsame Thema Hitze-Stress. Auf den Punkt gebracht hat Healing Environment viel mit Stressreduktion zu tun. Hierzu gehören physische, soziale und psychologische Faktoren. Physische Einflüsse resultieren zum Beispiel aus der Zimmeranordnung, der Farbgebung bei der Innengestaltung, der schlüssigen Wegeführung, den Lichtverhältnissen, der Geräuschkulisse, der Ästhetik und der Schnittstelle zur Natur, von der Fassadenbegrünung bis zur Parkanlage. Zum Healing Environment gehören auch Orte des Rückzugs oder die Möglichkeit, im Grünen zu sitzen. Wir dürfen bei diesen Themen nicht vergessen, dass wir immer wieder Patient*innen haben, die in der Klinik versterben werden. Auch und besonders in Bezug auf diese Patient*innen und ihre Angehörigen müssen wir alles dafür tun, dass die letzte Lebenszeit Momente enthält, die positive Erinnerungen ermöglichen. Inzwischen gibt es diverse Initiativen mit solcher Zielsetzung, unter anderem die Non-Profit-Organisation European Network Architecture for Health. Und es gibt eine Reihe Beispiele für ein realisiertes Healing Environment. Schauen Sie sich doch einmal im Netz die Maggie’s Cancer Caring Centres an. Diese Zentren gehen zurück auf Maggie Keswick Jencks, Ehefrau des renommierten Architektur-Kritikers Dr. Charles Jencks, die selbst unheilbar an Krebs erkrankt war. Das Ehepaar Jencks rief die Initiative der Caring Centres ins Leben, damit die unheilbaren Krebspatient*innen ihre letzten Lebenswochen in einem der Situation angemessenen Umfeld verbringen können. Das Herzstück in diesen Beratungs- und Therapiezentren ist ein gemeinsamer Raum mit einem großen Tisch, an dem Patient*innen und Mitarbeitende interagieren, wie es ansonsten nicht passiert: eingebettet in eine wohnliche Atmosphäre, in der man Beratung und Hilfe erfährt. Wenn Sie Interesse an diesem Thema gewonnen haben, schauen Sie sich im Netz auch noch das Khoo Teck Puat Hospital an, das auf Begrünungsstrategie setzt, beginnend auf den Dächern, über die Fassaden und Balkone bis hin zu den Innenhöfen, in denen sich sogar Gemüsebeete finden. Ansätze des Healing Environment gibt es auch im hochtechnisierten Therapiebereich. Zu nennen ist beispielsweise ein Forschungsprojekt an der Berliner Charité, das sich mit einer Reduktion der negativen Auswirkungen durch die Geräuschkulisse, die Umtriebigkeit und weitere Faktoren im Intensivzimmer auseinandersetzt. Zur Optimierung setzt man auf Lärmreduktion über einen vorgeschalteten Kontrollraum und auf die positive Ablenkung durch eine digital bespielbare Deckeninstallation, die die Patient*innen selbst gestalten und an der sie trainieren können. Healing Environment endet nicht an den Krankenhausmauern. Die Städteplaner*innen von heute richten ihre Vorschläge mehr und mehr daran aus, wie man in Städten gesund leben und gesund werden kann, wozu beispielsweise auch die Möglichkeit zur ausreichenden Bewegung gehört. Neben der Umgebung, in der man gesunden soll, gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die das Erleben unserer Patient*innen beeinflussen. Den wohl wichtigsten Einflussfaktor auf das Patient*innenerleben bildet das medizinische Personal. Auch ich habe – schon als eher kränkelndes Kind – einige Erfahrungen damit gemacht, wie sich das Verhalten des medizinischen Personals auf das Wohlbefinden auswirkt. Von Ihnen dürften sich die meisten heute kaum noch vorstellen können, wie die damaligen Wartezimmer von Hals-, Nasen-, Ohrenärzt*innen aussahen. Dort saßen regelmäßig Menschen, denen aus der Nase Metallstäbe ragten, ein- oder beidseitig. Diese waren mit in Betäubungslösung getränkter Watte umwickelt. Die sogenannten Watteträger waren zur Vorbereitung einer scharfen Kieferhöhlenspülung im unteren der drei Nasengänge positioniert. Zu solchen Patient*innen gehörte auch ich, quasi im Abonnement. In Erwartung einer erneuten scharfen Kieferhöhlenpunktion betrat ich das Sprechzimmer. Die meisten von Ihnen wissen, wie unangenehm Manipulationen in der Nase, in der Mundhöhle oder auch im Gehörgang sein können. Mein HNO-Arzt aber strahlte vor Gesundheit und Kraft, braungebrannt, positiv und dynamisch, zugleich war er einfühlsam. Er begrüßte mich mit einem: „Schön, dich zu sehen, Jochen, was machst du denn hier? Du siehst blendend aus!“ Warum ich das berichte? Weil mir genau in dem Moment klar wurde, wie wichtig ärztliche Kommunikation ist, motivierend und offen in der Gesprächsführung, fühlte ich mich doch alles andere als blendend. Dieses Beispiel habe ich später immer wieder meinen Studierenden und Assistent*innen erzählt. Und natürlich habe ich diese positive Art der Patient*innenansprache in meiner täglichen Arbeit als Arzt beherzigt und durfte immer wieder spüren, was ich damit bewirken konnte. Zu Ihrer Beruhigung: Heute punktiert man Kieferhöhlen nur noch in Ausnahmefällen, auch ist man mit der Einbringung antibiotikahaltiger Salbenmengen in die Kieferhöhlen deutlich vorsichtiger. Die Medizin hat sich erfreulicherweise schon heute in Teilen fundamental verändert, die Notwendigkeit zur Kommunikation und Einfühlsamkeit aber ist geblieben. Wie Empathie (wieder) zentraler im Ärzt*innenberuf verankert werden kann, werde ich an späterer Stelle im...


Prof. Dr. Jochen A. Werner, Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen, Mitglied der Leopoldina, treibt seit 2015 die Transfor-mation zum Smart Hospital, zum Krankenhaus der Zukunft, voran. Zuvor war er Direktor der Marburger Universitäts-HNO-Klinik, anschlie-ßend Ärztlicher Geschäftsführer der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH. Werner nutzt die Digitalisierung, um die Gesund-heitsversorgung besser, leistungsfähig, finanzierbar und menschlicher zu machen. Das Smart Hospital ist die Basis und Voraussetzung für eine ganzheitliche Ausrichtung der Medizin, die unter dem Begriff "Green Hospital" auch Nachhaltigkeit, Klimaschutz und damit die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen einbezieht.


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