Wiesner | 360-Grad-Marketing | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 226 Seiten

Wiesner 360-Grad-Marketing

Potenziale der integrierten Stakeholderinteraktion voll ausschöpfen

E-Book, Deutsch, 226 Seiten

ISBN: 978-3-17-032601-9
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Marketing im modernen Verständnis wird als marktorientierte Unternehmensführung verstanden und konzentriert sich nicht mehr - wie aus klassischer Perspektive - ausschließlich auf absatzwirtschaftliche Strategien und Maßnahmen. Eine erweiterte Perspektive bietet das sog. 360-Grad-Marketing ("Rundum-Marketing"), das über eine integrierte Kommunikation und Ausrichtung aller Marketinginstrumente der 7P die (Erfolgs-)Potenziale eines Unternehmens optimal ausschöpfen soll. Dabei werden sämtliche, dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Informations- und Dialogkanäle zu Kunden, Lieferanten, Abnehmern und der interessierten Öffentlichkeit (Stakeholdern) genutzt, um die eigenen Strategien, Erzeugnisse und zugehörigen Botschaften erfolgreich zu platzieren. Integrität, Fairness und Transparenz bilden das Fundament für eine nachhaltig positive Reputation.
Wiesner 360-Grad-Marketing jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


3          360-Grad-Marketing zur Ansprache aller Stakeholder
      Klassisches Marketing war zunächst Produktmarketing. Wirtschaftlich spielen Produkte keine so dominierende Rolle mehr, da in den meisten entwickelten Ländern Dienstleistungen mehr als 70 Prozent des BIP ausmachen: Also scheint auch der Begriff der Industrieländer längst überholt, ohne dass sich der Begriff der Dienstleistungsländer etabliert hätte. Produkt- (Konsum- und Investitionsgüter) und Dienstleistungsmarketing (B-to-B sowie B-to-C) weisen erhebliche Schnittmengen auf, die als Basis des 360-Grad-Marketings betrachtet werden. Es gibt per se viele Dienstleistungen, die eng mit Produkten verbunden sind oder Nebenleistungen darstellen. Hier spricht man von funktionalen oder industriellen Dienstleistungen (funktionelles Dienstleistungsmarketing). Von Dienstleistungen im engeren Sinne ist die Rede, wenn die Dienstleistung alleinstehend ist oder die Hauptfunktion wahrnimmt (institutionelles Dienstleistungsmarketing). Die Abgrenzung zwischen Produkten und Dienstleistungen ist fließend, daher ist eine strenge Differenzierung zwischen Produkt- und Dienstleistungsmarketing nicht mehr sinnvoll, wenngleich es weiterhin Besonderheiten im Dienstleistungsmarketing gibt. Auch fällt eine Unterscheidung in B-to-B- und B-to-C Marketing nicht leicht, da sich geschäftliche und private Anlässe und Motive vermischen. Klassisches Industriegütermarketing (Anlagen, Roh- und Einsatzstoffe) bleibt hier außerhalb der Betrachtung ( Abb. 3.1). Der 360-Grad-Marketing Ansatz umfasst sowohl Dienstleistungs- als auch Produktmarketing und greift zudem viele Aspekte des sogenannten Relationship Marketings auf, um der Bedeutung der Kunden und vieler anderer Stakeholder mit ihren Einflussmöglichkeiten Rechnung zu tragen. 360-Grad-Marketing bedient sich auch des Modells für faires Marketing und Management, das ich in den Jahren 2009 bis 2016 entwickelt habe und das sich auf die Stakeholderbeziehungen ausrichtet (Wiesner 2016a). Dieses betrachtet Marketing als wichtigste koordinierende Führungsfunktion im strategischen und operativen Unternehmensmanagement. In Mitteleuropa haben sich in 75 Jahren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und damit die Anforderungen an das Marketing dramatisch verändert. Nach dem Krieg mangelte es an fast allem und zunächst war es für die Unternehmen wichtig, diese Mängel zu beheben. Daher wurde alles mit den wenigen vorhandenen Möglichkeiten erzeugt und angeboten, um zumindest die notwendigsten Kundenbedürfnisse befriedigen zu können. Die Kunden suchten aufwändig nach den passenden Angeboten und nahmen zum Teil lange Wege in Kauf, um die benötigten Produkte und Abb. 3.1: Kontinuum der Leistungskombinationen und Anschaffungsgründe am Beispiel Reiseleistungen (Quelle: Wiesner 2016-2, S. 29) Dienstleistungen zu erhalten. Es handelte sich zunächst um einen ausgeprägten Verkäufermarkt, der auch heute noch gelegentlich bei attraktiven, innovativen Leistungen anzutreffen ist. Zunächst ging es um die Grundversorgung der Bevölkerung und damit um die Sicherstellung der eigenen Herstellung. Daher spricht man auch von einer Produktionsorientierung ( Abb. 3.2) der Anbieter. Die Qualität der angebotenen Leistungen war oft mäßig, da ein Mangel an Vorleistungen oder Roh- und Hilfsstoffen herrschte. Beim Marketing ging es damals vorrangig um die Preisfestlegung und das Verteilen durch die Unternehmen. Nach dieser Anfangsphase, in der Anbietern fast alles aus der Hand gerissen wurde, normalisierte sich die Situation und Qualitätsaspekte gewannen an Bedeutung. Die Anbieter achteten also zunehmend auf Leistungsqualität, Ausstattungsmerkmale und Verbesserungs-potenziale. Diese Phase wird als Produktorientierung ( Abb. 3.2) der Unternehmen bezeichnet. Innovationen, Weiterentwicklungen und Differenzierungen gewannen an Bedeutung - ein nächster Schritt in Richtung Marketingorientierung. In der weiteren Entwicklung boten immer mehr Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen an, so dass es für die meisten Anbieter notwendig wurde, sich aktiv dem Wettbewerb zu stellen. In dieser Phase der Verkaufsorientierung ( Abb. 3.3) wurden die angebotenen Leistungen meist argumentativ gestützt verkauft, in dem die Unternehmen auf besondere Qualitäten, Ausstattungsmerkmale oder günstige Preise hinwiesen. Diese Phase gilt quasi als Nahtstelle einer Entwicklung vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt. Die steigende Zahl der Konkurrenten erforderte es, sich mit den Angeboten deutlicher von der Konkurrenz abzuheben und die Kunden von den Vorzügen der eigenen Angebote zu überzeugen. Abb. 3.2: Entwicklung des Marketing-Selbstverständnisses (Quelle: Wiesner 2016-1, S. 125) Die weitere Marktentwicklung führte mit ansteigender Konkurrenz zur Notwendigkeit, um die Kunden zu werben. In dieser Phase entstand die sogenannte Marketingorientierung ( Abb. 3.3) der Unternehmen, die sich im Laufe der Zeit als marktorientierte Unternehmensführung verstärkte. Neue Marketinginstrumente wurden entwickelt und strategisch eingesetzt, wie z. B. differenzierte Werbeformen, Public Relations, Marktforschung, Finanzierungsangebote oder neue Vertriebskanäle. Je größer das Marktangebot wurde, desto komfortabler wurde die Situation für die Kunden. Diese konnten zunehmend ähnliche Angeboten vergleichen und dasjenige wählen, welches ihren eigenen Vorstellungen am besten entsprach. Damit Kunden nicht zu anderen Anbietern wechselten, versuchten die Unternehmen, sie an sich zu binden, zunächst mittels langfristiger Verträge oder mengenmäßig gestaffelter Preise, um die Wechselkosten für die Kunden zu erhöhen, zusätzlich wurde der Kundennutzen gesteigert. Dieser Phase ist von einer Kundennutzenorientierung geprägt. Es tauchten Bio- oder Ökoangebote auf, um spezifischen Kundenwünschen Rechnung zu tragen. Man sprach seinerzeit gelegentlich von ersten Ansätzen einer Gesellschaftsorientierung ( Abb. 3.3). Die starke Kundenorientierung »rechnet« sich für Unternehmen nur dann, wenn dadurch Wettbewerbsvorteile und somit höhere Gewinne erzielt werden können. Diese Erkenntnis führte zum Primat einer Wettbewerbsorientierung im Marketing ( Abb. 3.3), wenngleich dabei im Sinne einer zielgruppenspezifischen Differenzierung auch Aspekte einer Gesellschafts- oder besser Stakeholderorientierung (Fairness, Nachhaltigkeit, CSR …) zu erkennen sind. Im Rahmen dieser Neuausrichtung werden die Kundenbeziehungen zu Stakeholderbeziehungen erweitert, um eine verbesserte Wettbewerbsposition zu erreichen. Die Anforderungen an Marketing haben sich also ständig verändert – dies ist auch anhand der Marketingdefinitionen der American Marketing Association (AMA) nachvollziehbar. Vor mehr als 20 Jahren ordnete die AMA die Führungsfunktionen Planung Abb. 3.3: Entwicklung der Marketingperspektiven analog der Marktveränderungen (Quelle: In Anlehnung an Wiesner 2016-1, S. 126) und Kontrolle dem Marketing zu. Damals wurde noch auf das Ziel der Befriedigung von Bedürfnissen (bzw. des Bedarfs) von Einzelpersonen und Organisationen und daraus resultierende Austauschprozesse abgestellt, die mittels der vier operativen Marketinginstrumentalbereiche (4 P) zu gestalten seien – diese sind mit Blick auf Dienstleistungen auf bis zu 7 P zu erweitern. Basis dieser Definition ist der Absatzmarkt, der auch die Wettbewerber als Akteure umfasst ( Abb. 3.4). Abb. 3.4: Absatzmarkt-Dreieck (Quelle: Wiesner 2016-2, S. 34) Seit Oktober 2004 vertrat die AMA eine umfassendere Sichtweise, die dem Führungsanspruch (organizational function) des Marketings im Unternehmen Rechnung trug (auch Meffert u. a.). Ziele waren nun die Schaffung, Kommunikation und Lieferung von Werten für die Kunden und die Pflege der Kundenbeziehung. Mittels Marketing sollten Vorteile für das Unternehmen und seine Stakeholder erreicht werden (Win-Win-Situation). Damals lag der Fokus meist noch allein auf den Shareholdern, diese Sichtweise hat sich inzwischen deutlich verändert. Ähnlich lautet die aktuell gültige Definition seit Juli 2013: »Marketing is the activity, set of institutions, and processes for creating, communicating, delivering, and exchanging offerings that have value for customers, clients, partners, and society at large.« (AMA 2013). Allerdings wird hierbei die (Führungs-)Funktion relativiert und nur von einer Aktivität gesprochen. Ferner ist nun auch der Austausch von Angeboten mit Kunden, Klienten, Partnern und der Gesellschaft als Ganzes einbezogen. Damit wird die markt- und unternehmenszentrierte Perspektive um wichtige Unternehmensstakeholder erweitert. So wird auf die...


Prof. Dr. Knut Wiesner lehrt Marketing und Unternehmensführung an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.