Wiesner | Standortmarketing | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 226 Seiten

Wiesner Standortmarketing

E-Book, Deutsch, 226 Seiten

ISBN: 978-3-17-038872-7
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Standortmarketing wird meist synonym für Regional-, Stadtteil- und Citymarketing gebraucht und umfasst weit mehr als Wirtschaftsförderung. Sämtliche Maßnahmen zielen darauf ab, Unternehmen und Organisationen zur Ansiedlung bzw. zum Bleiben zu bewegen. Dabei wird der Standort als strategisch gestaltbare Dienstleistung verstanden: Größere Bekanntheit und ein besseres (Marken-)Image sollen neben der Bereitstellung von geeigneten Infrastrukturen die primäre Zielgruppe Arbeitgeber, aber auch Touristen, Investoren, qualifizierte Arbeitskräfte u.a. ansprechen und zusätzliche Kaufkraft vor Ort bringen. Dabei kommt neben dem strategischen Einsatz passender Marketinginstrumente auch den Methoden des Stakeholdermarketings große Bedeutung zu.
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2          Standortbegriffe und Grundlagen
In der Einführung wurden bereits einige Herausforderungen der Standorte und ihrer Marketingorganisationen genannt. Im Folgenden werden die wichtigsten Begriffe beschrieben, die als Grundlage dieses Buchs zu betrachten sind. In der Standortliteratur finden sich bisher keine einheitlichen Definitionen, daher soll zunächst das weit verbreitete und aktuelle Verständnis der Begriffe dargestellt werden. Unternehmen, Investoren und Gründer suchen für ihre unternehmerischen Aktivitäten Standorte, die die besten Rahmenbedingungen für ihre Geschäfte bieten. Zusätzliche Standorte werden zur Ausweitung der Geschäftsaktivitäten gesucht, neue um wettbewerbsfähiger zu werden. Auch Hochschulen oder Forschungsinstitute halten Ausschau nach besten Standortrahmenbedingungen, um ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen zu können. Messebetreiber, Kongressveranstalter, Hoteliers oder Tourismusbetriebe siedeln sich dort an, wo die besten Marktchancen bestehen – deren Gäste wiederum suchen solche Vorteile dieser touristischen Standorte, die ihren jeweiligen Vorstellungen entsprechen. Auch Menschen suchen sich ihren Wohnstandort nach bestimmten Kriterien aus – diese sind auch für Unternehmen interessant, die qualifizierte Mitarbeitende benötigen. Oftmals nutzen Unternehmen und andere Organisationen einen oder ggf. mehrere Standorte für ihre Geschäftsräume: Verwaltungsgebäude, Produktionsstätten, Entwicklungs- und Forschungseinrichtungen, Lagerhallen, Niederlassungen usw. Die Wahl eines Standortes zählt zu den konstitutiven Führungsentscheidungen in allen Organisationen, die auf Basis bestehender Ziele und Standortstrategien bzw. benötigter Standortbedingungen getroffen wird. Standortfaktoren sind standortabhängige Leistungen, die erfolgs- und kostenrelevant sind und insbesondere dann ihre Bedeutung entfalten, wenn der (zusätzliche) Organisationsstandort frei wählbar ist. Bei der Fokussierung auf die Standortwahl gibt es i. d. R. folgende Hierarchieebenen: •  internationale Standortwahl, •  regionale Standortwahl, •  lokale Standortwahl, •  innerörtliche Standortwahl. Dülfer entwickelte ein »Umwelt-Schichten-Modell«, das zwischen kulturellen (mensch-gemachten) und natürlichen Umwelteinflüssen auf (internationale) Unternehmen unterscheidet. Er unterscheidet dabei zunächst fünf Basisschichten mit Standortfaktoren (Wiesner 2005, S. 116 f.): •  natürliche Gegebenheiten, •  Stand der Realitätserkenntnis und der Technologie, •  kulturell bedingte Wertvorstellungen, •  soziale Beziehungen und Bindungen, •  rechtlich-politische Normen. Diese Schichten bauen aufeinander auf und beeinflussen sich gegenseitig. Die unteren Schichten der Umwelteinflüsse wirken dabei auf die höher liegenden ein, wobei auch Rückkopplungseffekte entstehen können. Danach beeinflussen die Standortgegebenheiten nicht nur direkt die Unternehmenstätigkeit, sondern indirekt auch über die dortigen Stakeholder auf die Unternehmensgovernance. Aus diesem Grund müssen die Unternehmen die Rahmenbedingungen der Standorte und deren potenzielle Einflüsse genau analysieren ( Abb. 2-1). Abb. 2-1: Standort- und Stakeholdereinflüsse auf Unternehmen (Quelle: Wiesner 2005, S. 117) International agierende Unternehmen nutzen Standortvergleiche, wie den jährlich aktualisierten Doing-Business-Report der Weltbank: Dort werden 190 Auslandsmärkte/-standorte u. a. nach Wirtschaftsfreundlichkeit, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder Minderheitenschutz bewertet (Weltbank 2019). Deutschland findet sich dort 2019 auf Rang 24 (2020 vorläufig auf Rang 22 – Daten werden einer Prüfung unterzogen). Solche internationalen Vergleiche, Studien und Rankings weisen auf Standortvorteile und -nachteile hin, allerdings kann der Index die Korruption nicht abbilden. Der Investitionsstandort Westeuropa erfreut sich trotz konjunktureller Abkühlung und des Austritts Großbritanniens aus der EU nach dem EY Attractiveness Survey Deutschland 2019 bei 56 % der Manager internationaler Unternehmen großer Beliebtheit. Die Mehrheit der potenziellen Investoren lobt trotz einiger Mängel auch die deutsche Standortpolitik, doch besteht Skepsis hinsichtlich der Attraktivität des Digitalstandorts Deutschland (EY 2019). Dieses Votum erscheint angesichts der politischen Diskussionen um zukunftsweisende Investitionen in Deutschland sowie der Erfolge anderer Nationen (vgl. WEF und IMD) etwas überraschend. Die Standortpolitik bleibt weiter verbesserungsbedürftig, doch wird diese von außen besser bewertet als intern. Insbesondere um seine politische und soziale Stabilität wird Deutschland (auch in »Corona-Zeiten«) international beneidet ( Abb. 2-2). Abb. 2-2: Stärken und Schwächen des Standorts Deutschland (Quelle: EY 2019, S. 12) Das Weltwirtschaftsforum (WEF) erstellt jährlich eine Rangliste der 144 Volkswirtschaften mit den höchsten Wachstumschancen, den Global Competitiveness Report (GCR). Der Bericht basiert auf dem Global Competitiveness Index (GCI), in den u. a. Daten zur Infrastruktur, Gesundheit, Bildung, Effizienz der Gütermärkte, Arbeitsmarkteffizienz, technologischer Entwicklungsgrad einfließen. Der Report stützt sich auf 120 Kriterien und legt mit 70 % einen Schwerpunkt auf die Umfragedaten. Im GCI 2019 rangiert Deutschland auf Platz 7, Österreich auf Rang 21 und die Schweiz auf Rang 5 (Schwab 2019). Ebenfalls mit der Analyse der Weltwirtschaft beschäftigt sich seit vielen Jahren das IMD World Competitiveness Center, welches bis 1995 einen gemeinsamen Bericht mit dem WEF publizierte (seit 1996 getrennte Berichte). Nach dem IMD-Ranking 2020 ist Deutschland auf Rang 17 von 60 untersuchten Staaten zurückgefallen, die Schweiz findet sich auf Position 3 vor Österreich auf Rang 16. Das World Competitiveness Yearbook basiert auf 338 Kriterien und stützt sich zu 66 % auf Statistiken und zu 34 % auf Umfragen (IMD 2020). Das WEF gibt seit 2007 im Zweijahresrhythmus auch einen Travel & Tourism Competitiveness Report heraus. Im Ranking des Jahres 2019 rangiert Deutschland weiterhin auf Rang 3, die Schweiz auf Platz 10 und Österreich auf Platz 11 (WEF TTC 2019). Doch alle Studien berücksichtigen vor allem messbare, also sogenannte harte, Standortgegebenheiten. Da sich diese zumindest in Europa angeglichen haben, kommt den wenig messbaren weichen Einflüssen eine höhere Differenzierungswirkung zu. 2.1       Standorte, Standortfaktoren und Standortpolitik
Es gibt unterschiedlich große Standorte, aber stets ist ein Standort ein örtlich oder sachlich umrissenes Gebiet, in dem Wertschöpfungsaktivitäten stattfinden und unterstützt werden: Unternehmen produzieren und beschaffen, handeln oder bieten Dienstleistungen an, Hochschulen bilden aus, forschen und erzeugen wertvolle Wissenschaftsleistungen (Erfindungen, Innovationen). Behörden genehmigen und beraten, bieten Dienstleistungen und Subventionen an. Kunst- und Kulturschaffende, Clubs und Restaurants schaffen eine attraktive Atmosphäre, Sport- und Grünanlagen verhelfen zur Entspannung. An einem Standort erbringen und bündeln unterschiedliche standortinterne Akteure ihre wirtschaftlich relevanten Aktivitäten, so dass ein interessantes Leistungsangebot auch für Standortexterne (Investoren, Kunden, Gäste) entsteht. Damit dieses Angebot attraktiv (im Wettbewerb) ist, bedarf es einer professionellen Koordination/Steuerung, Zielgruppenausrichtung und strategischen Vermarktung durch das Standortmarketing. Standorte können ein Ort, eine Stadt, ein Landkreis, eine (Metropol-)Region, ein Bundesland – oder aus globaler Sicht betrachtet – ein Staat/Staatenbund oder sogar ein Kontinent sein. Im Einzelfall gelten aber auch sehr kleine Gebiete als interessante Standorte. Klar positionierte Gewerbegebiete/Geschäftsdistrikte sollen erwünschte Investoren anziehen und/oder Erweiterungsmöglichkeiten für Bestandsunternehmen bieten. Häfen oder Flughäfen bilden als Logistikknotenpunkte nicht nur attraktive wirtschaftliche Kristallisationspunkte, sondern ziehen auch Käufer oder Touristen an. Ähnliches gilt für neu gestaltete Bahnhöfe, Shopping-Center oder Factory-Outlet-Center. Nicht selten werden letztgenannte Einrichtungen besonders gefördert, um als regionale oder überregionale Anziehungspunkte (»Leuchttürme«) zu wirken. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer Qualitäts- und Attraktivitätsverbesserung sind auch Geschäftsquartiere (Business Improvement Districts – BID) interessante Standorte. Auch als Urban Improvement...


Prof. Dr. Knut Wiesner lehrt Standort- und Verwaltungsmarketing an der Universität Kassel sowie Marketing und Unternehmensführung an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt.


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