Wilz / Schinköthe / Kalytta | Therapeutische Unterstützung für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 161 Seiten

Reihe: Therapeutische Praxis

Wilz / Schinköthe / Kalytta Therapeutische Unterstützung für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz

Das Tele.TAnDem-Behandlungsprogramm

E-Book, Deutsch, 161 Seiten

Reihe: Therapeutische Praxis

ISBN: 978-3-8409-2546-7
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Pflegende Angehörige von Demenzerkrankten sind mit äußerst belastenden Anforderungen und Lebensveränderungen konfrontiert, welche gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebensqualität haben können. 'Tele.TAnDem' ist ein indvidualisiertes Programm zur Unterstützung von pflegenden Angehörigenn von Menschen mit Demenz, das sowohl im telefonischen als auch im persönlichen Kontakt durchgeführt werden kann. Das Manual beschreibt anhand zahlreicher Fallbeispiele und praktischer Übungen das konkrete Vorgehen bei der Durchführung des Programmes.
Das Manual beschäftigt sich zunächst mit den Besonderheiten der Lebenssituation von pflegenden Angehörigen und gibt einen ausführlichen Überblick über den aktuellen Forschungsstand. Zudem werden Instrumente zur Diagnostik der Pflegebelastung und den psychischen und physischen Belastungen vorgestellt. Anwenderorientiert wird anschließend die Durchführung des Tele.TAnDem-Programms beschrieben. Die einzelnen Bausteine behandeln Themen wie den Umgang mit herausforderndem Verhalten, Selbstfürsorge, Perfektionismus und Schuldgefühle, den Umgang mit Veränderung der Beziehung zum Erkrankten, Barrieren der Inanspruchnahme sozialer und professioneller Unterstützung, das Stressmanagement und die Emotionsregulation sowie das Annehmen eigener Grenzen und den Umgang mit Heimeinweisungen. Das Tele.TAnDem-Programm wurde hinsichtlich seiner Wirksamkeit überprüft und stellt bisher das einzige deutschsprachige Manual in diesem Bereich dar. Die zahlreichen Arbeitsmaterialien, die bei der Durchführung von Tele.TAnDem benötigt werden, liegen auf der beiliegenden CD-ROM zum direkten Ausdrucken bereit.
Wilz / Schinköthe / Kalytta Therapeutische Unterstützung für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1;Inhaltsverzeichnis;7
2;Vorwort;11
3;Kapitel 1: Anforderungen, Belastungen und gesundheitliche Auswirkungender Pflege;13
3.1;1.1 Einleitung;13
3.2;1.2 Überblick zu den spezifischen Belastungen bei der Betreuung und Pflege einesDemenzerkrankten;13
3.3;1.3 Modelle und Prädiktoren der Belastung und Belastungsverarbeitung;15
3.3.1;1.3.1 Verhaltenseinschränkungen und -auffälligkeiten sowie nicht kognitive Krankheitssymptome und neuropsychiatrische Störungen;15
3.3.2;1.3.2 Trauer und Verlusterleben der pflegenden Angehörigen;16
3.3.3;1.3.3 Wahrnehmen der negativen Befindlichkeit des Demenzerkrankten;17
3.3.4;1.3.4 Rollenwechsel und Übernahme neuer Rollen;17
3.3.5;1.3.5 Soziale Isolation und nicht ausreichende soziale Unterstützung;17
3.4;1.4 Bewältigungsstrategien von pflegenden Angehörigen;18
3.5;1.5 Positive Aspekte der Pflege;18
4;Kapitel 2: Bedarf und Wirksamkeit psychosozialer Unterstützung;19
4.1;2.1 Bedarf an hilfreichen Angehörigeninterventionen bei Demenz;19
4.2;2.2 Anforderungen an hilfreiche Angehörigeninterventionen bei Demenz;20
4.3;2.3 Darstellung des aktuellen Forschungsstands zu wissenschaftlich evaluierten Interventionsstudien;20
4.4;2.4 Zusammenfassende Empfehlungen für Angehörigeninterventionen bei Demenz;23
4.4.1;2.4.1 Empfehlungen zur zeitlichen Intensität und Dauer der Intervention;23
4.4.2;2.4.2 Empfehlungen zu den Settingbedingungen;24
4.5;2.5 Evaluationsergebnisse zur telefonischen Therapie für Angehörige von Demenzerkrankten – Tele.TAnDem;24
4.5.1;2.5.1 Überblick zu den Inhalten und Settingbedingungen des Interventionskonzepts;24
4.5.2;2.5.2 Design und Durchführung der Interventionsstudie Tele.TAnDem;25
4.5.3;2.5.3 Evaluationsergebnisse zu Tele.TAnDem;26
5;Kapitel 3: Hilfreiche Informationen für Angehörige zu Demenz undpfl egespezifischen Themen;28
5.1;3.1 Krankheitsspezifische Themen;28
5.1.1;3.1.1 Diagnose Demenz;28
5.1.2;3.1.2 Verlauf der Erkrankung;29
5.1.3;3.1.3 Schwierige Verhaltensweisen bei Demenz;31
5.1.4;3.1.4 Ursachen von schwierigen Verhaltensweisen;32
5.2;3.2 Medizinische Fragen;32
5.3;3.3 Pflegebezogene Fragen;33
5.4;3.4 Rechtliche Fragen;33
5.5;3.5 Finanzielle Fragen;34
6;Kapitel 4: Diagnostische Instrumente für pflegende Angehörige Demenzerkrankter;36
6.1;4.1 Fragebögen für pflegende Angehörige;36
6.1.1;4.1.1 Psychische und körperliche Belastungsmaße;36
6.1.2;4.1.2 Fragebögen zu spezifischen Themen hinsichtlich der Pflegesituation;37
6.2;4.2 Fragebögen zur subjektiven Einschätzung von Verhaltensauffälligkeiten des Demenzerkrankten;38
6.3;4.3 Einschätzung des Schweregrades der Demenz;38
7;Kapitel 5: Therapeutische Haltung und Beziehungsgestaltung;39
7.1;5.1 Die Angehörigen sind die Pflegeexperten;40
7.2;5.2 Therapeutin und Angehörige sind gleichgestellt;40
7.3;5.3 Die Angehörigen tun ihr Bestes – Wertschätzung und Validierung der Leistungen;41
7.4;5.4 Isolation und starkes Leid – Empathie und Geduld;42
7.5;5.5 Unveränderliche Belastungen und Kontrollverlust – Konfrontation und Akzeptanz;43
8;Kapitel 6: Therapeutische Inhalte, Interventionsmethoden undRahmenbedingungen;45
8.1;6.1 Individualisierte Therapie;45
8.2;6.2 Setting;45
8.3;6.3 Phasen der therapeutischen Gespräche und Sitzungsstruktur;46
8.4;6.4 Die Arbeit zwischen den Sitzungen – Therapeutische Hausaufgaben;47
9;Kapitel 7: Erstgespräch und Beziehungsaufbau;49
9.1;7.1 Ziele des Moduls;49
9.2;7.2 Therapeutisches Vorgehen;49
9.2.1;7.2.1 Beziehungsaufbau und Informationsvermittlung;49
9.2.2;7.2.2 Exploration der Pflegesituation;50
9.2.3;7.2.3 Analyse und Auswahl der Hauptproblembereiche;51
9.2.4;7.2.4 Aufbau einer Veränderungsmotivation;52
9.2.5;7.2.5 Zieldefinition;52
9.2.6;7.2.6 Abschluss des Erstgesprächs;55
10;Kapitel 8: „Ich bin auf dem Land aufgewachsen und da war das selbstverständlich“ – Veränderung von dysfunktionalen Einstellungenund Bewertungen;56
10.1;8.1 Ziele des Moduls;57
10.2;8.2 Therapeutisches Vorgehen;58
10.2.1;8.2.1 Identifikation, Irritation und Disputation dysfunktionaler Annahmen;58
10.2.2;8.2.2 Imaginationsübungen zur Identifikation und Veränderung dysfunktionaler Annahmen;63
10.2.3;8.2.3 Dysfunktionale Gedanken und deren Einfluss auf die Stimmung und das Verhalten;65
11;Kapitel 9: „Du bist doch hier zu Hause!“ – Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen;68
11.1;9.1 Ziele des Moduls;70
11.2;9.2 Therapeutisches Vorgehen;70
11.2.1;9.2.1 Psychoedukation und Geleitetes Entdecken;70
11.2.2;9.2.2 Exploration von schwierigen Verhaltensweisen und Förderung der Selbstöffnung;74
11.2.3;9.2.3 Problemanalyse;74
11.2.4;9.2.4 Ziele für einen besseren Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen;77
11.2.5;9.2.5 Modifikation von Bewertungen;77
11.2.6;9.2.6 Problemlösestrategien zur Verhaltensänderung;80
11.2.7;9.2.7 Annehmen von Gefühlen bei schwierigem Verhalten;83
12;Kapitel 10: „Wut ist völlig normal“ – Stressmanagement und Emotionsregulation;85
12.1;10.1 Ziele des Moduls;85
12.2;10.2 Therapeutisches Vorgehen;86
12.2.1;10.2.1 Entkatastrophisierung und Normalisierung von Wut und Ärger in akuten Stresssituationen;86
12.2.2;10.2.2 Umgang mit starker Emotionalität – Vier Schritte zum Umgang mit akuten Stresssituationen nach Kaluza;88
12.2.3;10.2.3 Förderung von Verständnis und Akzeptanz;91
12.2.4;10.2.4 Arbeit am generellen Anspannungsniveau;92
13;Kapitel 11: „Und wo bleibe ich?“ – Selbstfürsorge und Aufbau werteorientierter, angenehmer Aktivitäten;94
13.1;11.1 Ziele des Moduls;94
13.2;11.2 Therapeutisches Vorgehen;95
13.2.1;11.2.1 Förderung von Selbstfürsorge und Aufnahme ausgleichender Aktivitäten;95
13.2.2;11.2.2 Förderung von Selbstfürsorge und Sammlung, Auswahl und Planung ausgleichender Aktivitäten;97
13.2.3;11.2.3 Problemlösetraining zur Planung und Umsetzung der angenehmen Aktivitäten;99
13.2.4;11.2.4 Reflexion der Umsetzung von Selbstfürsorge und geplanten angenehmen Aktivitäten;101
13.2.5;11.2.5 Umgang mit schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen – Normalisierung und Akzeptanz;102
14;Kapitel 12: „Von der Diagnose bis zum Tod“ – Umgang mit Veränderung, Verlust und Trauer;106
14.1;12.1 Ziele des Moduls;106
14.2;12.2 Therapeutisches Vorgehen;107
14.2.1;12.2.1 Wahrnehmen und Ausdrücken von belastenden Gedanken und Gefühlen;107
14.2.2;12.2.2 Auseinandersetzung und Umgang mit Gefühlen von Trauer, Schuld und Angst;109
14.2.3;12.2.3 Akzeptanz von Gedanken und Gefühlen;111
14.2.4;12.2.4 Identifikation und Bearbeitung dysfunktionaler Gedanken in Bezug auf emotionales Erleben;114
14.2.5;12.2.5 Arbeit an der Rollenneudefinition;117
14.2.6;12.2.6 Ressourcenaktivierung;118
14.3;12.3 Die Zeit nach dem Tod des Demenzerkrankten;119
14.3.1;12.3.1 Folgen antizipatorischer Trauer;120
14.3.2;12.3.2 Komplizierte Trauerreaktion;121
15;Kapitel 13: „Ich muss das alleine schaffen“ – Unterstützungsmöglichkeiten für Angehörige von Demenzerkrankten;122
15.1;13.1 Ziele des Moduls;122
15.2;13.2 Bedarf an Unterstützung ermitteln;123
15.3;13.3 Barrieren der Inanspruchnahme von Unterstützung überwinden;124
15.4;13.4 Den richtigen Zeitpunkt für Unterstützung finden;125
15.5;13.5 Unterstützungsmöglichkeiten suchen;128
15.6;13.6 Schwierigkeiten der Inanspruchnahme;131
15.6.1;13.6.1 Um Unterstützung bitten;131
15.6.2;13.6.2 Zusammenarbeit mit professionellen Diensten;133
15.6.3;13.6.3 Unterstützung durch die Therapeutin bei rechtlichen und organisatorischen Fragen;134
16;Kapitel 14: „Ein Heimplatz für den Notfall“ – Wenn die Grenzen der häuslichen Pflege erreicht sind;135
16.1;14.1 Ziele des Moduls;135
16.2;14.2 Faktoren der Entscheidungsfindung;135
16.2.1;14.2.1 Förderung der Reflexion der Belastungsgrenze;136
16.2.2;14.2.2 Schuldgefühle und Angst, die falsche Entscheidung zu treffen;137
16.2.3;14.2.3 Informationen zur institutionellen Pflege;138
16.3;14.3 Unterstützung bei der Entscheidungsfindung;139
16.3.1;14.3.1 Reflexion der positiven und negativen Aspekte sowie Konsequenzen einerHeimversorgung;139
16.3.2;14.3.2 Erarbeiten von realistischen Erwartungen hinsichtlich der Heimversorgung;140
16.4;14.4 Die Versorgung in der Notfallsituation;142
16.5;14.5 Umgang mit der Entscheidung;142
16.6;14.6 Therapeutisches Vorgehen bei nicht tragbaren Pflegesituationen;145
17;Kapitel 15: Abschluss der Therapie;149
17.1;15.1 Ziele des Moduls;149
17.2;15.2 Therapeutisches Vorgehen;149
17.2.1;15.2.1 Auswertung der erreichten Ziele;149
17.2.2;15.2.2 Sammeln von Bewältigungsmöglichkeiten und Aufrechterhaltung der Erfolge;150
17.2.3;15.2.3 Umgang mit Krisen;150
17.2.4;15.2.4 Aufnahme weiterer Unterstützungsangebote;151
17.2.5;15.2.5 Rückmeldung an die Therapeutin;151
17.2.6;15.2.6 Verabschiedung;152
18;Literatur;153
19;Anhang;161
19.1;Übersicht über die Zusatzmaterialien;163


Kapitel 2 Bedarf und Wirksamkeit psychosozialer Unterstützung (S. 17-18)

In diesem Kapitel werden der Bedarf, die Anforderungen an hilfreiche Angehörigeninterventionen, der aktuelle Forschungsstand bezüglich spezifi - scher Interventionsstudien sowie daraus abzuleitende Empfehlungen für Angehörigeninterventionen bei Demenz vorgestellt.

2.1 Bedarf an hilfreichen Angehörigeninterventionen bei Demenz

In nationalen wie internationalen Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Inanspruchnahme professioneller Unterstützung (wie Tagespfl ege, ambulante häusliche Pfl ege u. a.) Belastungen bei den pfl egenden Angehörigen reduzieren und zu einem längeren Verbleib des Demenzerkrankten im häuslichen Umfeld beitragen kann (Mittelman, Ferris, Shulman, Steinberg & Levin, 1996; Zank, Schacke & Leipold, 2007; Zank & Schacke, 2002). Paradoxerweise zeigt sich jedoch, trotz des hohen Bedarfs an professioneller Hilfe, eine relativ geringe Inanspruchnahme der verfügbaren Unterstützung. So nutzen pfl egende Angehörige wenig psychologische und pfl egerische Unterstützungsangebote (Brodaty, Thomson, Thompson & Fine, 2005; Georges et al., 2008; Lamura et al., 2006; Rother & Wilz, 2010; Schönemann-Gieck & Ehret, 2011; Weyerer & Schäufele, 2009; Zank & Schacke, 2006). In einer Längsschnittstudie zur Belastung pfl egender Angehöriger von demenziell Erkrankten gaben rund 19 % der Studienteilnehmer an, bei der Betreuung keinerlei Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Siebzehn Prozent der Pfl egenden wurden ausschließlich von Privatpersonen, 33 % ausschließlich von professioneller Seite unterstützt. Sowohl professionelle als auch private Unterstützung erhielten 31 % (Zank, Schacke & Leipold, 2007). In einer Querschnittsstudie mit 170 pfl egenden Angehörigen (Rother & Wilz, 2010) nutzten weniger als die Hälfte der pfl egenden Angehörigen (42 %) professionelle Hilfe. Insgesamt nehmen (Schwieger-) Töchter mehr Hilfe in Anspruch als pfl egende (Ehe-) Partnerinnen. Meist zögern Angehörige von Menschen mit Demenz lange, bis sie Fremdhilfe hinzuziehen (Schneekloth & Wahl, 2005).

Möglicherweise erreichen Informationen über bestehende Hilfsmöglichkeiten aufgrund der häufi g bestehenden sozialen Isolation Angehörige erst gar nicht. Pfl egende Angehörige verfügen oft nicht über angemessene Informationen hinsichtlich der Demenzerkrankung und Behandlungsmöglichkeiten sowie über mögliche Unterstützungsangebote. In einer Studie von Rother und Wilz (2010) gaben zum Zeitpunkt der Erstdiagnose 82 % der Angehörigen an, keine Informationen über verfügbare Unterstützung erhalten zu haben. In der Regel sind die Angehörigen zu beansprucht, um Hilfe zu suchen und geben an, keine Zeit zu haben, um Informationen einholen zu können. Teilweise wird auch kritisiert, dass die Information der Dienstleister zu umfangreich sei, um diese überblicken und vergleichen zu können (Rother & Wilz, 2010).

Als weitere Barrieren der Inanspruchnahme werden zu wenig Zeit, organisatorische Probleme, zu wenig fi nanzielle Ressourcen und körperliche Beschwerden aufgeführt ( Cox, 1997). Bei außerhäuslichen Angeboten, vor allem in ländlichen Gebieten, kann zudem Angst vor der Reaktion anderer bestehen oder die Furcht, dass z. B. in Angehörigengruppen geäußerte Informationen nicht vertraulich behandelt werden (Morgan, Semchuk, Stewart & D’Arcy, 2002). Bei innerhäuslichen Angeboten beklagen Angehörige einen Verlust der Privatsphäre. Sie möchten keine fremden Personen im Haushalt, unter deren Beobachtung sie sich kontrolliert fühlen (Cox, 1997; Gottlieb & Johnson, 2000; Roelands, Van Oost & Depoorter, 2008). Bei den Pfl egenden kann des Weiteren Scham bestehen, Hilfe zu erfragen oder diese anzunehmen (Winslow, 2003). Die Befürchtungen der Angehörigen vor Entfremdung und Distanzierung zum Erkrankten oder dass z. B. ein Tagesstättenbesuch die Sorge um das Wohl des Patienten erhöhen und starke Unruhe verursachen könnte, stellen weitere wichtige psychologische Barrieren der Inanspruchnahme dar (Schacke & Zank, 1998).

Auch die Ablehnung von Hilfe durch den zu Pfl egenden, fehlende Akzeptanz der professionellen Hilfe durch die Angehörigen, sowie Schuld- und Verpfl ichtungsgefühle der Angehörigen werden als wichtige Barrieren diskutiert (Grässel, Luttenberger, Römer & Donath, 2010; Laube, 2010). Die dargestellten ausgewählten Befunde zeigen, dass der Entscheidungsprozess, ob und welche professionellen Hilfen genutzt werden, komplex und insbesondere auch von individuellen Bewertungsprozessen der Situation abhängig ist und bisher wenig untersucht wurde.

Psychologische Interventionen zur Prävention und Reduktion belastungsbedingter Folgeerkrankungen für Angehörige von Demenzerkrankten sollten daher speziell auch diese psychischen Barrieren der Inanspruchnahme berücksichtigen. Die Modifi kation von behindernden Einstellungen zur Inanspruchnahme von Unterstützung (Veränderung dysfunktionaler Gedanken) und die Förderung der Annahme und Nutzung von entlastenden Hilfsangeboten sind daher als wesentliche Ziele von professionellen Angehörigeninterventionen zu betrachten.

2.2 Anforderungen an hilfreiche Angehörigeninterventionen bei Demenz

Die in Kapitel 1 dargestellten spezifi schen Herausforderungen der Pfl ege von Demenzerkrankten erfordern die Berücksichtigung vielfältiger Themen und Inhalte in den Angehörigeninterventionen, die im Folgenden zusammenfassend aufgelistet sind:
• Wissensvermittlung hinsichtlich Demenz, finanzieller und juristischer Fragen und Unterstützungsangeboten.
• Modifikation der Bewertung von Krankheitssymptomen zur Förderung des Verstehens und Akzeptierens der Erkrankung.
• Vermittlung von Strategien und Hilfen für den Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten und die Förderung von Problemlösekompetenzen.
• Bewältigung und Akzeptanz der neuen Rolle.
• Unterstützung bei der Verarbeitung des Beziehungswandels und der krankheitsbedingten Verluste sowie hinsichtlich belastender Emotionen wie Trauer, Ärger, Wut, Schuld, Scham und Angst.
• Verbesserung der Wahrnehmung von Belastungsgrenzen und Förderung von Selbstfürsorge und der Berücksichtigung eigener Bedürfnisse.
• Identifikation dysfunktionaler Gedanken und Schemata bzgl. der eigenen Leistungsfähigkeit und Verantwortungsübernahme.
• Abbau von Barrieren der Inanspruchnahme professioneller und sozialer Unterstützung.
• Förderung hilfreicher, positiver familiärer Beziehungen sowie gemeinsamer positiver Aktivitäten mit dem Demenzerkrankten.

Um für die genannten unterschiedlichen Problembereiche eine adäquate Unterstützung anbieten zu können, ist ein breites Spektrum an Interventionsstrategien notwendig. Die Analyse der Art und Häufi gkeit der in bisherigen Studien eingesetzten Interventionsmethoden zeigt jedoch, dass bisher jeweils nur ein Teil der Problem- und Belastungsbereiche fokussiert und meist nur ein begrenztes Repertoire an Interventionsstrategien eingesetzt wurde (Kurz & Wilz, 2011). Am häufi gsten werden Strategien zur Verbesserung der Problemlösefähigkeit eingesetzt, an zweiter Stelle der angewandten Interventionen steht die Wissensvermittlung und an dritter die Anleitung zur Selbstfürsorge. Wesentlich seltener werden die Erweiterung des Hilfenetzes sowie die Modifi kation von Einstellungen und Bewertungen fokussiert. Die Bearbeitung des Rollenwandels und die Auseinandersetzung mit den krankheitsbedingten Verlusten werden in den bisher vorliegenden Studien kaum berücksichtigt (Kurz & Wilz, 2011).

2.3 Darstellung des aktuellen Forschungsstands zu wissenschaftlich evaluierten Interventionsstudien

Wissenschaftlich evaluierte Interventionskonzepte mit psychotherapeutischen Inhalten für pfl egende Angehörige wurden fast ausschließlich im englischsprachigen Raum entwickelt, wobei meist Wissensvermittlung mit anderen Hilfestellungen kombiniert wurde. Acton und Winter (2002) bezeichneten den Forschungsstand der bis zum Jahr 2002 publizierten Studien zu Interventionen für pfl egende Angehörige als enttäuschend und machten dafür eine Reihe von Forschungsdefi ziten verantwortlich, u. a. die geringe methodische Qualität vieler Studien (z. B. unzureichende Stichprobengröße, fehlende Verblindung der Beurteiler, keine Kontrollgruppe).


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.