Wortmann / Gebauer / Lamprecht | Produkte als Dienstleistung verstehen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 267 Seiten

Wortmann / Gebauer / Lamprecht Produkte als Dienstleistung verstehen

Wie das Internet der Dinge die produzierende Industrie verändert

E-Book, Deutsch, 267 Seiten

ISBN: 978-3-593-45469-6
Verlag: Campus Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Europa ist berühmt für seine Hardware-Produkte, es versorgt die Welt mit Maschinen und Autos. Auf allen Märkten weltweit ist »Made in Europe« ein Qualitätssiegel, zumindest solange es um Hardware geht. Den Kampf um die besten Software-Lösungen hat Europa dagegen längst gegen die USA und China verloren.
Es ist also höchste Zeit, die Aufholjagd zu beginnen. Das Internet der Dinge ist die beste Gelegenheit dafür, bietet es die Möglichkeit, Produkte mit Software-Lösungen verschmelzen zu lassen. Welche innovativen Produkte, Services und Geschäftsmodelle dabei entstehen können, zeigen die Autoren an 66 Produkt-Service-Mustern. Praxisorientierte Ergebnisse aus der Forschungsarbeit des Bosch-IoT-Lab inspirieren zum Weiterdenken.
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Die Produkt-Software-Service-Matrix
Die Matrix (Bild 2) ist als ein Denkmodell in 2016 anlässlich einer für mich wichtigen Präsentation in Berlin entstanden. Es mag ein Ergebnis dessen sein, was böse Zungen gerne präsentationsbegleitende Forschung nennen. Ich hatte damals intensiv nach einem Bild gesucht, das die unterschiedlichen Formen der Kundenwertgenerierung in einer hybriden Welt zeigt. Das Bild sollte zu diesem Zweck den Zusammenhang zwischen der Digitalisierung von physischen Produkten und der damit einhergehenden zunehmenden Dienstleistungsorientierung logisch zwingend darstellen. Im Kern ist das Bild seit damals unverändert. Es hat sich an Hunderten Debatten und Workshops in produzierenden Unternehmen gerieben und ist daran gewachsen. Anwendung und Interpretation sind umfangreicher und stabiler geworden. Die Produkt-Software-Service-Matrix hat sich von einem Denkmodell zu einer Denkhilfe weiterentwickelt. Bild 2: Produkt-Software-Service-Matrix Wie jede eingängige Managementmatrix besteht sie aus vier Feldern. Achtung: Die Position der Quadranten in ihr sagt jedoch nichts darüber aus, wie erstrebenswert das Feld ist. Oben rechts ist nicht besser als unten links. Die y-Achse unterscheidet zwischen der physischen Welt unten und der digitalen Welt oben, die x-Achse zwischen Produkt und Service. Die Unterschiede auf der y-Achse haben wir schon hinlänglich besprochen. Daher gehen wir nun auf das Delta zwischen Produkt und Dienstleistung ein. Was Produkte von Dienstleistungen unterscheidet
Was sind denn nun die Unterschiede zwischen einem Produkt und einer Dienstleistung? Erstens, ein Produkt ist lagerbar, eine Dienstleistung nicht, denn sie ist an ein Zeitfenster gebunden, in dem sie erbracht werden kann. Verstreicht dieses Zeitfenster ungenutzt, so konnte die Dienstleistung unwiederbringlich nicht produziert werden. Steht ein Hotelzimmer eine Nacht leer, so kann es für diese Nacht nie mehr verkauft werden. Der Umsatz fällt aus, die Fixkosten bleiben. Dasselbe gilt auch für Sitze in Konzertsälen, Krankenhausbetten, Kabinen auf Kreuzfahrtschiffen und den Terminen zur Zahnreinigung. Zweitens, ein klassisches Produktgeschäft ist ein einmaliges Geschäft, das oft genug nach einer Feuern-und-Vergessen-Logik funktioniert. Das Produkt interessiert den Produzenten nur so lange, bis es verkauft ist, bis das Geld in der Kasse klingelt. Was der Käufer anschließend mit dem Produkt macht, ist sekundär – aus den Augen, aus dem Sinn – und damit auch der Kundennutzen. Die Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer ist rein transaktional. Sie findet nur zwischen Verkaufsgespräch und Zahlungseingang statt. Anschließend endet sie. Dienstleistungen jedoch klappen Kundenbeziehungen in eine Zeitachse. Interaktion zwischen Dienstleistungskunde und -produzent findet während der Dienstleistungserbringung laufend statt. Die Welten der beiden berühren sich nicht nur unentwegt, sie beeinflussen sich auch gegenseitig, entwickeln sich gemeinsam weiter. Der Vermieter lernt laufend vom Mieter und formt sein Dienstleistungsangebot unter Wahrung seiner eigenen Interessen so weiter, dass der Kundennutzen stets zunimmt. Er nutzt die Nähe als Quelle der Innovation, zum Cross-Selling und zur Steigerung der kundenseitigen Wechselkosten. Drittens, Dienstleistungen sind wegen dieser Nähe stets das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung. Die Dienstleistung kann ohne Mitarbeit des Kunden nicht erbracht werden. Der Friseur kann nur die Haare schneiden, wenn der Kunden seinen Kopf ruhig hält. Der Therapeut kann den Heilungsprozess nur dann unterstützen, wenn der Patient mitarbeitet. Produktion und Konsum fallen zeitlich zusammen. Viertens, während ein Produkt meistens tangibel ist, ist eine Dienstleistung oftmals intangibel. Eine Zeitung kann man anfassen, eine Medienkampagne genauso wenig wie ein Weiterbildungsseminar. Ein Produkt wird übergeben, eine Dienstleistung wird erbracht. Fünftens, Produktkunden generieren ihren Wert aus dem Besitz oder Eigentum eines Produkts, etwa eines Autos. Servicekunden interessiert nicht der Besitz, sondern nur der Nutzen, der aus der Verwendung des Autos entsteht. Sie bezahlen nicht das Auto, sondern die Nutzung des Autos, nicht den Input, sondern das Ergebnis. Sie wollen sich damit Flexibilität schaffen und all der Arbeit entledigen, die mit einem Besitz zusammenhängt wie beispielsweise Wartung, Reparaturen, Reifenwechsel und Versicherung. Sechstens, klassische vor allem physisch erbrachte Dienstleistungen sind sehr mitarbeiterintensiv. Eine steigende Dienstleistungsproduktion skaliert stark über Mitarbeiter und ist dementsprechend kostenintensiv mit Risiken behaftet. Sinkt die Nachfrage nach einem vorangegangenen Aufbau, bleiben die Kosten und das Auslastungsproblem. Warum Dienstleistungen für produktdominante Unternehmen interessant sind
Die Auflistung zeigt, dass der Unterschied zwischen Produkt und Service ähnlich tiefgreifend ist, wie jener zwischen Hardware und Software. Und sie zeigt, dass auch diese Welt nicht in Schwarz-Weiß gemalt werden kann, und lässt bereits erahnen, dass die Übergänge mit zunehmender Digitalisierung fließend werden. Viele produzierende Unternehmen haben die Chancen des Dienstleistungsgeschäfts erkannt und versuchen, das Servicegeschäft parallel zum Produktgeschäft auszubauen. Warum dem so ist, zeigen die folgenden vier Absätze: Erstens, weil immer mehr Kunden nach Dienstleistungen verlangen. Vor 40 Jahren, als ich jung war, hatte jedes anständige produzierende KMU in meiner Umgebung eine eigene Lastwagenflotte, eine eigene Schlosserei oder Tischlerei. Heute haben die meisten dieser Unternehmen die damit verbundenen Prozesse, Arbeitskräfte und Maschinen an Lieferanten ausgelagert und kaufen sie als Dienstleistungen ein. Sie fokussieren sich damit auf ihre Kernkompetenzen. Zweitens aus finanziellen Gründen, weil der Dienstleistungsmarkt um ein Vielfaches größer ist als der Produktmarkt. Dafür sprechen zwei Indikatoren: das Verhältnis aus neu verkauften und gegenwärtig genutzten Produkten und das Verhältnis aus den Ausgaben für die Anschaffung des Produkts und für die Nutzung des Produkts entlang des Produktlebenszyklus. Die Verhältnisse sind typischerweise 1:10 oder 1:1. Das heißt, einem neu verkauften Produkt stehen mindestens zehn gegenwärtig genutzte Produkte gegenüber und die Anschaffungskosten der Produkte sind genauso hoch wie die Ausgaben für die Nutzung des Produkts. Bei den meisten Produkten ergibt sich daraus, dass der Markt für Services, digitale Services oder auch digitale Produkte mindestens genauso groß ist wie der Produktmarkt. Aktuelle Daten von 194 europäischen produzierenden Unternehmen aus dem Jahr 2022 zeigen, dass diese Unternehmen im Durchschnitt 71 Prozent ihres Umsatzes aus dem klassischen Produktgeschäft generieren (Bild 3). Einen relevanten Anteil von 23 Prozent erzielen sie aus dem physischen Dienstleistungsgeschäft. Der digitale Anteil am Umsatz bestehend aus digitalen Produkten und Services ist mit 6 Prozent vergleichsweise gering, jedoch schon sichtbar. Ein anderes Bild zeichnet die Margenverteilung. In den Software- und Servicequadranten der Matrix erzielen die untersuchten Unternehmen Margen, die im Schnitt um ein Vielfaches höher sind als im Produktbereich. Drittens hilft der ständige Kundenkontakt beim detaillierten Verständnis des Kundenproblems, dem laufenden Verbessern von Produkten und Dienstleistungen, beim Erweitern des Angebots und beim Verkaufen in Form von Upselling. Zu guter Letzt kann sich die oben als Nachteil beschriebene Mitarbeiterintensität von...


Fleisch, Elgar
Dr. Elgar Fleisch ist Professor für Informations- und Technologiemanagement an der ETH Zürich und der Universität St. Gallen. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmensausgründungen und Start-ups und Mitglied in Aufsichts- und Verwaltungsräten.

Gebauer, Heiko
Prof. Dr. Heiko Gebauer forscht am Frauenhofer IMW u. a. zu den Themen digitale Geschäftsmodellentwicklung, Geschäftsmodellinnovation und Innovation im Dienstleistungssektor.

Wortmann, Felix
Dr. Felix Wortmann ist Professor und Lehrbeauftragter für Technologiemanagement an der Universität St. Gallen. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter des Bosch IoT Lab, einer Forschungskooperation zwischen der Bosch-Gruppe, der Universität St. Gallen und der ETH Zürich.

Lamprecht, Claudio
Claudio Lamprecht ist Senior Associate bei Strategy& Schweiz. Zuvor war er Doktorand am Bosch IoT Lab an der Universität St. Gallen, wo er Geschäftsmodelle für Equipment-as-a-Service untersuchte.

Dr. Felix Wortmann ist Professor und Lehrbeauftragter für Technologiemanagement an der Universität St. Gallen. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter des Bosch IoT Lab, einer Forschungskooperation zwischen der Bosch-Gruppe, der Universität St. Gallen und der ETH Zürich.
Prof. Dr. Heiko Gebauer forscht am Frauenhofer IMW u. a. zu den Themen digitale Geschäftsmodellentwicklung, Geschäftsmodellinnovation und Innovation im Dienstleistungssektor.
Claudio Lamprecht ist Senior Associate bei Strategy& Schweiz. Zuvor war er Doktorand am Bosch IoT Lab an der Universität St. Gallen, wo er Geschäftsmodelle für Equipment-as-a-Service untersuchte.
Dr. Elgar Fleisch ist Professor für Informations- und Technologiemanagement an der ETH Zürich und der Universität St. Gallen. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmensausgründungen und Start-ups und Mitglied in Aufsichts- und Verwaltungsräten.


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