Zedler | Karl Graf von Spreti | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 162 Seiten

Zedler Karl Graf von Spreti

Bilder einer diplomatischen Karriere

E-Book, Deutsch, 162 Seiten

ISBN: 978-3-8316-0768-6
Verlag: Herbert Utz Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Zunächst schien nichts im Leben des Karl Graf von Spreti auf eine bewegte Karriere im diplomatischen Dienst hinzu­wei­sen. 1907 in ein altadliges niederbayerisches Geschlecht geboren, studierte er Architektur und ging 1935 nach Bombay, um als Filmarchitekt am Aufbau der heute produktivsten Filmindustrie der Welt mitzuwirken - »Bollywood«.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zog Graf Spreti 1949 und 1953 in den Bundestag ein, bevor er 1956 erster Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Luxemburg (1956-1959) wurde. Die weiteren Stationen waren von politischen Ver­wick­lungen gekennzeichnet: In Kuba (1960-1963) vertrat er Deutschland während der Kubakrise und wurde abberufen, als die Insel die DDR völkerrechtlich anerkannte, Jordanien (1963-1965) brach die diplomatischen Beziehungen ab, weil die Bundesrepublik Beziehungen zu Israel aufnahm. Über die Dominikanische Republik (1966-1967) kam er als Botschafter nach Guatemala, wo er im März 1970 von Rebellen der FARC entführt und wenige Tage später ermordet wurde. Karl Graf von Spreti kann damit als erstes Terroropfer der Bundesrepublik Deutschland gelten.
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1;Foreword;8
2;Vorwort;8
3;„ein Feuer dies alles vernichten möge“;12
4;Von Kapfing nach Bonn: Auf dem Weg in die Politik (1907 - 1955);18
5;Deutscher Botschafter im Großherzogtum Luxemburg (1956 - 1959);40
6;Deutscher Botschafter in der Republik Kuba (1960 - 1963);66
7;Deutscher Botschafter im Haschemitischen Königreich Jordanien ( 1963 - 1965);94
8;Deutscher Botschafter in der Dominikanischen Republik (1967 - 1968);114
9;Deutscher Botschafter in der Republik Guatemala (1969 - 1970);132
10;„un aristocrate et un homme de cœur“;150
11;Quellen- und Literaturverzeichnis;156
12;Bildnachweis;162


Deutscher Botschafter in der Republik Kuba (1960–1963) (S. 65-67)

Der französische Philosoph und Schriftsteller Jean-Paul Sartre, dem eine gewisse Nähe zu sozialistischen Regimen attestiert wurde, notierte nach einem Besuch Kubas 1960 mit dem ihm eigenen beißenden Spott, dass die kubanische Revolution die Vereinigten Staaten hätte erfinden müssen – wenn es sie nicht schon gegeben hätte. Tatsächlich war der Hass auf die USA eines der hervorstechenden Merkmale der Revolution Fidel Castros. Das ist nicht weiter verwunderlich, wenn sogar der US-Senat feststellte, dass „vor Castros Machtübernahme [...] die Vereinigten Staaten einen so überragenden Einfluß in Kuba [hatten], daß der nordamerikanische Botschafter der zweitwichtigste Mann im Lande war – manchmal sogar wichtiger als der Präsident.“ Allerdings verkehrte sich die Skepsis einer Abhängigkeit den USA gegenüber in einen grundlegenden Antiamerikanismus, unter dem im Folgenden auch die amerikanischen Verbündeten und mit ihnen die Bundesrepublik Deutschland in Person ihres Vertreters Karl Graf von Spreti zu leiden hatten. Der chilenische Botschafter urteilte darüber folgendermaßen: Auf die hiesige Situation zu sprechen kommend, bedauerte er außerordentlich die jetzige Situation, man müsse aber auch in anderen Ländern einen gleichen Vorgang feststellen, nämlich einen steigenden Anti-Amerikanismus, der durch das etwas unkluge Auftreten Amerikas zu einem Nationalismus geführt habe, der wiederum seine Explosion im Kommunismus findet bzw. vom Kommunismus gestützt wird. Bevor auch die Eindrücke des deutschen Botschafters aus seiner Zeit auf Kuba zwischen Januar 1960 und 1963 in Originaldokumenten zur Sprache kommen, soll zunächst kurz die politische Atmosphäre skizziert werden, in die Graf Spreti wechselte.

Wie die meisten lateinamerikanischen Staaten, so war auch Kuba zu Beginn der 1950er Jahre diktatorisch regiert, und wie in den meisten Staaten, so formierte sich auch hier eine Widerstandsbewegung. Sieht man von dem misslungenen Angriff Fidel Castros auf die Moncada- Kaserne vom 26. Juli 1953 ab177, begann der entscheidende Abschnitt der Revolution im November 1958. Sie hatte in erster Linie politische Ziele, hinter der die sozialen zurücktraten. So galt es primär, die ökonomische und politische Abhängigkeit von den USA zu durchbrechen. Noch 1958 besaßen US-Konzerne 47,7% der Zuckerrohrländereien, kontrollierten 36% der Ländereien, 90 % des Bergbaus, 90 % der Telefon- und Elektrizitätsgesellschaften, 66 % der Raffinerien, 50 % der öffentlichen Eisenbahnen, 30 % der Banken und 20 % der Versicherungen. Das Ende dieser Dominanz böte, so die Revolutionäre, in einem zweiten Schritt die Voraussetzung, um die enorme Kluft zwischen arm und reich zu verringern. Der durchschnittliche Lebensstandard der Insel fiel im lateinamerikanischen Vergleich freilich günstig aus, so dass hier kein akuter Handlungsbedarf herrschte. Die aufrührerische Stimmung wurde daher weniger von unterprivilegierten Massen – das Scheitern eines Streikversuches hatte das zuletzt im April 1958 auf spektakuläre Weise gezeigt –, als vielmehr überwiegend von jungen Intellektuellen getragen, deren Anführer Fidel Castro war.183 Das intellektuelle Zentrum des Umsturzes bildete die Universität von Havanna, während Castro selbst aus den Bergen heraus operierte. Mit nur wenigen hundert Guerillakämpfern gelang es der Gruppe um die Brüder Fidel und Raúl Castro sowie Ernesto (genannt: Che) Guevara, die Regierungstruppen 1958 mehrfach vernichtend zu schlagen. In der Silvesternacht dieses Jahres musste der bisherige Militärmachthaber Fulgencio Batista schließlich von der Insel flüchten. Damit hatte der Aufstand zwar die Diktatur gestürzt, noch aber die soziale Struktur der Insel nicht fundamental gewandelt. Erst im Lauf der nächsten Jahre sollte das politische und wirtschaftliche System grundlegend verändert werden – mit Karl Graf von Spreti als Augenzeugen.

Anfangs wollten sich die Revolutionäre weder zu einem Satelliten Moskaus machen lassen noch dessen System adaptieren. „Yet, the first reform program of the new government was not radical, in fact,much of it had been proposed in the 1940s: agrarian reform, industrialization and employment expansion.“ Die Zielsetzung war zunächst vielmehr antiimperialistisch und auf sozialen Ausgleich bedacht. So führte Castro 1959 zwar eine Agrarreform durch, die bis 1963 jedoch privaten Grundbesitz bis 400ha, in Ausnahmefällen sogar bis über 1300ha zuließ.


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