Fawcett | Noa und die Sprache der Geister | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 352 Seiten

Fawcett Noa und die Sprache der Geister

Spannendes Abenteuer voller Magie für Kinder ab 10 Jahren

E-Book, Deutsch, 352 Seiten

ISBN: 978-3-86272-980-7
Verlag: Dressler
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die drei Geschwister Julian, Noa und Maite leben auf der wandernden Zauberinsel Astra. Nur knapp sind sie dem Mann entkommen, der ihre Familie vom Thron gestürzt hat. Nun sucht Julian einen Weg, seinen rechtmäßigen Platz zurückzuerobern - und stößt dabei auf eine vergessene Magie. Doch die dreizehnjährige Noa befürchtet, dass diese Julian böse werden lässt. Bereits jetzt wird er als dunkler Magier gefürchtet. Aber nicht er, sondern Noa kann den Zauber sprechen. Wird sie sich die Magie des Todes zunutze machen?

Heather Fawcett war schon Archäologin, technische Redakteurin für Luft- und Raumfahrt und Backstage-Assistenz bei einem Shakespeare-Festival. NOA UND DIE SPRACHE DER GEISTER ist ihr drittes Buch im Dressler Verlag.
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Prolog
Das Himbeereis gab ihr den Rest. Noa sprang auf und stürmte durch den Festsaal, wobei sie flink den Gästen und Dienern auswich. »Prinzessin Noa!«, rief ihr mehr als eine Stimme nach. In ihrer Hast stieß sie gegen einen Diener, der ein Tablett mit gefrorenen Guaven trug. Der Mann stolperte, und das Tablett flog in hohem Bogen durch die Luft und ließ Eissplitter wie rosa Schneeflocken auf die erschrockenen Höflinge niederregnen. Noa kümmerte sich nicht darum. Sie rannte die schwarze Marmortreppe hoch, ihr Blick war trüb von Tränen, und ihr Mund schmerzte vor Anstrengung, eine steife, ruhige, prinzessinnenhafte Linie zu bilden. Wenn sie sich noch ein einziges Mal anhören musste, wie traurig es sei, dass ihre arme Mutter entschwunden war, als wäre sie wie eine gewiefte Spionin ins Dunkel der Nacht geflohen, dann würde sie sich auf ihr grässliches Beerdigungskleid übergeben. Ihr großer Bruder Julian – der bald zum König gekrönt werden sollte – sah sie nicht gehen. Die Treppe wand sich mehrere Stockwerke in die Höhe und bot bei jeder Biegung einen Blick über den Innenhof. Der Königspalast war im typisch floreanischen Stil erbaut mit seinen großen, luftigen Galerien um den in der Mitte liegenden Garten voller Kletterpflanzen und Lavakakteen. Normalerweise wäre Noa stehen geblieben, um einen Plausch mit den Finken zu halten, die auf dem Geländer saßen, doch jetzt tobte ein Sturm in ihr, und sie rannte weiter, bis sie in ihrem Zimmer war. Noas Zimmer war nicht besonders prinzessinnenhaft – es gab keine goldenen Kerzenleuchter oder Truhen voll Juwelen. Es war ein geordnetes Chaos aus Bücherstapeln, Logikspielen und Modellbauschiffen. Die Schiffe selbst interessierten Noa nicht, aber sie nahm gerne Dinge auseinander, um zu untersuchen, wie sie gemacht waren, und um sie zu verbessern. Rechenmeister, der alte Drache ihres Bruders, lag auf dem glänzenden Parkett wie ein großer, schmutziger Teppich. Dafür, dass er außer Julian eigentlich niemanden mochte, konnte er Noa ganz gut leiden, was vermutlich daran lag, dass ihr Zimmer die beste Morgen- und Abendsonne hatte. Noa ging schnurstracks zum Kleiderschrank und schloss sich darin ein. Dann brach sie zu einem Häuflein Elend aus Kleidern, Mänteln und Schluchzern zusammen. Ihre Mutter, die Königin von Floreana, war nun seit einer Woche tot, und es war das erste Mal, dass sie weinte. Sie hatte nicht geweint, als Julian es ihr gesagt hatte, und auch dann nicht, als sie das leere Zimmer ihrer Mutter betreten hatte. Nein, der Anblick der riesigen Schale Himbeereis war der Auslöser gewesen, ein so großes Eis, dass mehrere Diener es tragen mussten, mit Sahne und Schokolade und Walnüssen und fetten Himbeeren. Ihre Mutter hatte Himbeereis geliebt, und Noa hatte sich unwillkürlich nach ihr umgeschaut, um ihr entzücktes Gesicht zu sehen. Da erst hatte sie es begriffen. Noa blieb im Schrank hocken, bis sie glaubte, dass alle Beerdigungsgäste gegangen sein mussten. Um ganz sicher zu sein, blieb sie noch ein bisschen länger. Ein Kater ihrer Mutter kam ins Zimmer und maunzte den Schrank an, um ihr mitzuteilen, dass er sich nicht täuschen ließ. Doch nach einer Weile wurde er es leid und legte sich neben Rechenmeister auf den Boden, um in der Sonne ein Nickerchen zu halten. Noas Mutter hatte Katzen geliebt und über die Jahre sechzehn Stück angesammelt. Bestimmt wären es noch mehr geworden, wenn … Wenn. Irgendwann hatte Noa keine Tränen mehr. Sie begann, Größe und Form der Staubteilchen zu katalogisieren, die im Lichtstrahl des Spalts zwischen den Schranktüren tanzten. Noa katalogisierte vieles, teils, weil es beruhigend, teils, weil es nützlich war – vor allem in Diskussionen mit Julian. Sie überlegte gerade, ob Rechenmeisters Haarstoppel als Staub durchgingen, als sich ihre Zimmertür öffnete und zwei Mörder hereinkamen. Noa erstarrte. Sie wusste sofort, dass es Mörder waren, obwohl sie durch den Spalt kaum etwas sehen konnte. Sie waren schwarz gekleidet wie die Beerdigungsgäste, aber Noa hatte alle Gäste in Gedanken katalogisiert, und diese beiden, ein Mann und eine Frau, waren nicht dabei. Ihre Kleidung war nicht edel genug für Höflinge und nicht schlicht genug für Diener, und sie bewegten sich zu verstohlen, um Gutes im Schilde zu führen. Und außerdem hielt die Frau einen großen Dolch in der Hand. Noas Herz hämmerte so laut, dass sie sicher war, sie müssten es hören. Die Mörder traten an ihr zerwühltes Bett. Doch die Frau ließ den Dolch sinken, als der Mann die Decke zurückschlug und Noas Kuschelwalross zum Vorschein kam. »Seltsam«, sagte die Frau. Sie schlenderte zum Schrank und rüttelte an der Tür, und jetzt war Noa wirklich kurz davor, sich zu übergeben, aber natürlich ging der Schrank nicht auf, da Noa von innen abgeschlossen hatte. Das machte sie immer, damit ihre kleine Schwester sie nicht störte. »Dann suchen wir erst die Kleine«, sagte der Mann. »Ihr Zimmer ist im nächsten Gang.« Noa fühlte sich, als hätte sie ihren Körper verlassen. Kaum hatte sich die Zimmertür hinter den beiden geschlossen, wankte sie aus dem Schrank, ein Paar Hosen um den Kopf gewickelt. Rechenmeister schlief immer noch, was sonst, denn er war der nichtsnutzigste Drache in ganz Floreana und hätte sein Nickerchen wohl auch dann nicht unterbrochen, wenn ein Dutzend Mörder messerschwingend um ihn herumgetanzt wäre. Die Mörder waren um die Ecke verschwunden, und Noa rannte in die Gegenrichtung, denn der Mann und die Frau täuschten sich: Das Zimmer ihrer Schwester lag direkt neben ihrem. Maite war schon im Bett, sie war ja erst fünf, und das Kindermädchen hatte mehrere Lavastäbchen als Nachtlicht brennen lassen. Sie fing an zu kreischen, als Noa sie aus dem Bett zerrte, doch Noa hielt ihr den Mund zu. »Ich bin’s«, zischte sie. »Wir müssen zu Julian. Es sind … böse Menschen im Schloss, die nach uns suchen.« Maite machte große Augen. Das schwarze Haar stand ihr vom Kopf ab, und auf ihrer Wange prangte ein dunkler Streifen, vermutlich Schokolade, denn Maite war eine Expertin darin, Essen auf ihr Zimmer zu schmuggeln. »Böse Menschen? Sind es Bibliothekare?« »Äh … ja«, sagte Noa. Ihre Mutter hatte einen anhaltenden Streit mit den Bibliothekaren der Königlichen Bibliothek gehabt, die erbittert gegen ihre Gewohnheit protestierten, Bücher endlos lang auszuleihen (obwohl jede Bibliothek in Floreana ohnehin ihr gehörte). »Fiese, niederträchtige Bibliothekare. Sie sagen, du hättest vergessen, ein Buch zurückzugeben.« Maite riss den Mund auf. Hans, der oberste Bibliothekar, hatte einmal mit ihr geschimpft, weil sie Fingerabdrücke auf der Ausleihkarte hinterlassen hatte, und seitdem lebte sie in ständiger Angst vor ihm und allen anderen Bibliothekaren. »Hab ich aber nicht!« Noa zog sie durch die Tür und über den Gang. »Keine Angst – Julian wird sich darum kümmern.« Sie rannten die Treppe hinunter, die seltsam verwaist dalag. Wo waren die Wachen? Wo waren die türkis gekleideten Diener? Wie war es den Mördern überhaupt gelungen, in Noas Zimmer zu kommen? Angst ballte sich in ihrem Magen zusammen. Sie mussten zu Julian. Er war schon sechzehn und, was noch besser war, einer der mächtigsten Zauberer von Floreana – oder würde es zumindest sein, wenn er sich endlich mal bequemen würde, seine Zaubersprüche zu lernen. Am Fuß der Treppe blieb Noa stehen und schob Maite hinter sich. Aus dem Festsaal ertönten Geschrei und das Klirren von Schwertern. Was war da los? »Versuchen wir es im Thronsaal.« Noa war schwindlig, und sie hoffte, dass sie nicht ohnmächtig würde. Sie zog Maite über einen stillen Dienstbotengang. Maite war barfuß und stolperte dauernd über den Saum ihres Nachthemds, aber wenigstens weinte sie nicht. Sie nahmen die Abkürzung durch den dämmrigen Garten. Die Nacht brach herein, und der Himmel war eine dunkellila Kuppel, wie das Innere einer Muschel. Eine Gestalt in schwarzem Umhang stürzte in den Hof, und Noas Herz setzte einen Schlag aus. Dann sah sie, dass es Julian war. Sein Umhang war angesengt, und er hatte eine Schnittwunde auf der Wange. Mit einem erleichterten Schrei warf sich Noa in seine Arme. Ihr Bruder trat einen Schritt zurück, und sie musterten einander prüfend. Die meisten Leute fanden Julian gutaussehend, so gut aussehend, dass einige Sänger sogar ein paar schmalzige Lieder über ihn geschrieben hatten, voll schrecklicher Metaphern über seine Augen, was Noa jede Menge Material gab, um ihn zu ärgern. Er hatte die gleiche olivbraune Haut und die gleichen übergroßen Ohren wie sie und Maite, doch seine Augen waren blau wie die ihrer Mutter. Abgesehen von der blutenden Wunde schien es ihm gut zu gehen, obwohl seine Miene kalt überfroren wirkte wie Eis und er Noa zu fest hielt. »Es geht euch gut. Es geht euch gut«, keuchte er. »Was ist los?« Julian antwortete nicht. Er zog sie in den Dienstbotengang zurück, wo sie ein paar übergroße Umhänge fanden, die die Diener trugen, wenn sie die Kamine fegten. Sie rochen nach Ruß und verbranntem Käse. Julian musste Maite den Saum des Umhangs um die Taille binden und die Ärmel zurückschlagen und hinterm Hals verknoten. Seine Hände zitterten. »Was ist los?«, wiederholte Noa. »Julian!« »Mama ist nicht am Fieber gestorben«, antwortete er mit bemüht ruhiger Stimme. »Sie wurde vergiftet. Xavier steckt dahinter.« Wieder fühlte Noa sich wie körperlos, als wäre sie nur noch ein Echo ihrer selbst. Xavier Weißdorn war ein Berater der Königin gewesen. Noa hatte ihn als farblosen, selbst für Berater langweiligen Mann in Erinnerung. »Xavier«, murmelte sie....


Heather Fawcett war schon Archäologin, technische Redakteurin für Luft- und Raumfahrt und Backstage-Assistenz bei einem Shakespeare-Festival. NOA UND DIE SPRACHE DER GEISTER ist ihr drittes Buch im Dressler Verlag.


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