Noah / Müller / Eichler | Mysteriöse Friedhöfe und Grabstätten | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 372 Seiten

Noah / Müller / Eichler Mysteriöse Friedhöfe und Grabstätten

E-Book, Deutsch, 372 Seiten

ISBN: 978-3-946381-51-8
Verlag: Shadodex - Verlag der Schatten
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Verlassen liegen sie da.
Niemand hat sie seit Jahren betreten.
Kein Mensch kümmert sich mehr darum.

Die Grabsteine sind verwittert, die Inschriften oft kaum mehr lesbar. Gras, Moos, einst auf den Gräbern gepflanzter Efeu, wild aufgegangene Bäumchen oder Sträucher dominieren das Bild …
Doch nicht nur diese von der Welt fast vergessenen Friedhöfe bergen die verschiedensten Geheimnisse. Auch hinter einzelnen Grabstätten stecken oft mysteriöse bis gruselige Geschichten. Und manchmal ist sogar ein verwildertes Stück Land oder ein Gebäude etwas anderes, als es zu sein scheint.

Neugierig geworden? Dann folgt uns einfach und betretet die einzelnen Friedhöfe.
Lasst euch überraschen, welche Mysterien die Geschichten jeweils aufdecken werden.

Ein gruseliges Lesevergnügen wünscht Ihnen
das Team vom Verlag der Schatten
Noah / Müller / Eichler Mysteriöse Friedhöfe und Grabstätten jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Anna Noah: Die Legende der weinenden Lilien
Oliver Müller: Das Geheimnis des Totengräbers
Luise Eichler: Solange es nicht dunkel ist
Marina Heidrich: Ninna Nanna Welschenkind
Sandra Karin Foltin: Besuch von Richard
Olaf Stieglitz: Für immer vereint
Alexander Schwamm: Wald
Ernst-Diedrich Habel: Totgeschwiegen
Verena Kreutz: Das Apfelblütengrab
Eva von Kalm: Der Pfeil
P. C. Thomas: Helenas Erbe
Thomas Karg: Die Wiedertötung
Engelbert Gottschalk: Die Friedhofswärterin
Raphael Gensert: Wo nicht mehr ist


Anna Noah: Die Legende der weinenden Lilien
    »Bedienung, noch ein Bier!« Otto schwenkte den leeren Krug in der Luft. »Mach langsam, Otto, wir sitzen noch den ganzen Abend hier. Die anderen kommen auch gleich.« Sein Freund Karl nippte nachdenklich an seinem Weinglas. In der mickrigen Stube der Wirtschaft war ein höllischer Lärm, als wenig später Gustav, Heinrich und Ludwig eintrafen. Sie klopften auf den Tisch und setzten sich zu den beiden. Als alle bestellt hatten und Otto sein Bier bekam, schaute der junge Heinrich neugierig in die Runde und fragte: »Wer ist denn heute mit der gruseligen Geschichte dran?« »Ich.« Karl seufzte, ehe er weitersprach. »Allerdings würde ich gern abgeben an Otto, denn er hat mir vorhin erzählt, dass sein Sohn Andreas ›Die Legende der weinenden Lilien‹ …« Ein paar Gesichter an den Nachbartischen wandten sich den Freunden zu, und Karl senkte die Stimme. »… in der Bibliothek gefunden und gelesen hat. Danach ist er auf die Reise zu der besagten Villa gegangen, welche bei der Geisterstadt Trarow sein soll.« »Dieser dumme Junge!« Otto setzte seinen Humpen an und trank. Karl nahm ihm den Krug weg. »Wenn du uns noch berichten willst, was deinem Sohn widerfuhr, solltest du jetzt reden und nicht trinken.« Alle vier Augenpaare verweilten auf Otto, als in der Gaststube das Licht ausging. Energischem Stühlerücken folgten Kommentare von anderen Gästen. »He, was soll das?« »Was ist denn nun los?« »Kerzenschein ist doch auch nett.« Nach einer Weile meldete sich der Wirt zu Wort. »Entschuldigen Sie, es scheint ein kompletter Stromausfall im Ort vorzuliegen. Daher gibt es vorläufig nur noch Brotzeiten und das Licht der Kerzen.« Otto kramte unbeirrt einen Zettel aus seiner Hosentasche und hielt ihn nah an die Tischkerze. Seine Augen begannen die enge Schrift im schwachen Licht zu entziffern. Er räusperte sich noch einmal, bevor seine kräftige Stimme ertönte: »Lieber Vater, ich schreibe diesen Brief aus einer Anstalt, weil ich sicher bin, verrückt zu sein. Ich weiß, du hast mich gewarnt, als ich dir von meinem Plan erzählte, die verwunschenen Lilien zu suchen, aber ich wollte es dir nicht glauben. Nun schildere ich dir in diesem Brief die ganze Geschichte. Genau so, wie ich sie erlebt habe. Obwohl alle die ›Legende der weinenden Lilien‹ kennen, kam bisher nie jemand auf die Idee, die Sache vor Ort zu prüfen. Der Bibliothekar machte auch nur große Augen und sagte mir, ich solle die Umgebung um die Asitan-Villa unter allen Umständen meiden. Wie kann eine einfache Mär so viel Macht über die Menschen haben? Sogar dann, wenn sie schon lange erwachsen sind. Die Fabel wurde mir und anderen Kindern nur erzählt, dessen war ich mir sicher, um uns gefügig zu machen. Unterschwellig schwang immer mit, dass wir ein ähnliches Schicksal erleiden würden wie die Kinder aus der Legende, wenn wir nicht brav wären. Dem wollte ich schon allein deshalb auf den Grund gehen, weil ich an der Universität gelernt habe, dass es für alles eine rationale Erklärung gibt. Professor Borst sagte, ich könne alle Erfahrungen, die ich in Trarow machen würde, gut in meine bevorstehende Abschlussarbeit einbringen. Also begab ich mich nichtsahnend auf den Weg. Doch eins nach dem anderen. Ich brachte in Erfahrung, wann die in der Trarower Gegend heimische Riesenlilie ihre Blütezeit hat, und fuhr rechtzeitig mit dem Zug nach Birow, dem nächsten bewohnten Ort, wo ich mir ein Pensionszimmer nahm. Nun verweigerte mir am nächsten Tag jeder Taxifahrer die Fahrt nach Trarow, stell dir das einmal vor! So fest verankert ist die Angst der Einheimischen. Mir blieb nur zu laufen. Ich buckelte meinen Rucksack, in den ich Streichhölzer, einen Strick und kleinere Werkzeuge wie eine Schere und ein Taschenmesser gesteckt hatte. Auf den Wanderstab von Opa Ernst gestützt brauchte ich über zwei Stunden bis Trarow, weil ich mich teils durch verwilderte Wiesen schlagen musste und schlecht vorankam. Straßen gab es keine. Mehr noch, es schien mir, als ob das Gebiet einfach aus der Landkarte ausradiert worden wäre. Die Vegetation tat in dieser Gegend, was sie wollte. An der Stadtgrenze angekommen konnte ich nur mutmaßen, in welcher Richtung sich das Haus der Legende befand. Allerdings hatte ich eine kleine Hilfe, denn im gesamten Ort lag ein schwerer Liliengeruch in der Luft. Dieser intensivierte sich nach Osten hin. Ich folgte daraufhin dieser Spur. Einmal dachte ich, die Asitan-Villa gefunden zu haben. Wie sich jedoch herausstellte, war es nur ein merkwürdig verkrüppelter Baum, der von Weitem tatsächlich wie ein Gebäude aussah. Ich ging um ihn herum und sah rückseitig Gestrüpp wachsen. Dahinter lag wieder eine offene Wiese. So setzte ich meinen Weg entschlossen fort, wohl wissend, dass es bald dunkel werden würde. Schließlich tauchte sie vor mir auf, gerade so, als wäre sie immer da gewesen. Eine Sekunde vorher hatte an dieser Stelle kein Herrenhaus gestanden, da war ich mir sicher. Ich hätte es sehen müssen, schon von Weitem. Jetzt lag das gesamte Anwesen klar und deutlich vor mir. Die Bäume, die das Haus säumten, schienen eigenartig ins Innere der Villa gewachsen zu sein. Und sie war regelrecht umschlungen von bizarren Astformationen. Selbst durch das Gebäude hindurch schien Gehölz zu wachsen. Ob einer davon wohl der Baum war, unter dem der mutige Hans der Legende nach das erste tote Kind gefunden hatte? Ich schritt näher. Meine Gänsehaut ignorierte ich. Der Vordereingang erschien mir überaus baufällig, sodass ich Angst bekam, alles könnte über mir zusammenbrechen, sobald ich die hier und da bereits eingefallenen Stufen beträte. Zwar fühlte ich die nahezu tropische Wärme, die von der Villa ausging und mir das Atmen schwer machte, aber ich ließ sie außer Acht. Ich lief um das Grundstück herum und musste mir meinen Weg durch viele hüfthohe Pflanzen bahnen, die mir unbekannt waren. Mir schien, nachdem ich sie mit dem Stab beiseitegedrückt hatte, dass die Blüten sich mir zuwandten. Ich ging einen Schritt nach links, die Blumenköpfe folgten. Auch auf der anderen Seite sahen sie mir hinterher. Ich tupfte mir den Schweiß von der Stirn. Das konnte es nicht geben! Sogar jetzt noch erscheint mir dieses Phänomen gänzlich unmöglich. Ich ging an ihnen vorbei, tiefer in den unheimlichen Garten hinein, und stand augenblicklich inmitten von uralten Bäumen und Schlingpflanzen. Fast kam ich mir vor wie im Urwald. Etwas berührte mich leicht an der Schulter. Ich schrie, zuckte zusammen und fuhr herum. Hinter mir war aber nichts, nur ein herabhängender, verholzter Trieb. Da es windstill war, konnte der es nicht gewesen sein, zumal er nicht einmal bis zu meinem Nacken herab reichte. Als ich meinen Blick wieder auf den Hintereingang der Villa konzentrierte, gefror mir das Blut in den Adern. Im Zwielicht des Abends stand da auf der Veranda ein kleines Mädchen. Sie verharrte reglos und starrte mich an. Dann kam sie langsam näher. Ihr Haar war verfilzt, und ihr Gesicht schimmerte bläulich. Mein Herz blieb fast stehen, ich erstarrte und konnte meinen Blick nicht abwenden. Ihre Augen leuchteten unnatürlich rot, und kurz bevor sie direkt vor mir stand, schrie sie: ›Hilf mir!‹ Wieder und wieder. Ihre flehende Stimme ging mir durch Mark und Bein. Ich hielt mir die Ohren zu und schloss die Lider, denn ihr Anblick war mir unerträglich. Er erinnerte mich an frühere Albträume. Sogleich beruhigte ich mich jedoch, indem ich bis zehn zählte und danach geschäftig begann, Holz zu sammeln und an einer freien Stelle aufzuhäufen. Dabei sagte ich mir wiederholt, dass dies alles nicht wahr sei. Es gibt keinen solchen Spuk. Trotzdem spürte ich den vorwurfsvollen Blick des Mädchens im Rücken. Als ich mich umsah, atmete ich erleichtert auf. Sie war weg. Doch ein morscher Schaukelstuhl neben der Stelle, an der sie gestanden hatte, bewegte sich. Seine Kufen schabten stetig über den schmutzigen Boden. Die Dämmerung brach schneller herein, als ich erwartet hatte. Bevor es ganz dunkel werden würde, beabsichtigte ich, ein Feuer zu machen, denn mit meinen Streichhölzern würde ich die Nacht nicht überdauern. Plötzlich fiel mir auf, dass meine Hände dunkelrot, fast schwarz, waren. Ich fragte mich, wie das sein konnte, und ging noch einmal zurück an die Stelle, wo ich Äste für die Feuerstelle aufgesammelt hatte. Da fand ich tatsächlich eine dunkle Flüssigkeit auf dem Boden. Mein Finger fuhr darüber, und ich stellte fest, dass sie eingesickert war. Ratlos stand ich dort und wusste nicht weiter, bis mir etwas auf den Kopf troff. Erst dachte ich, es wäre ein Vogel gewesen, dessen Geschäft dummerweise auf mir gelandet war, aber dann erinnerte ich mich, dass Tiere dieses Anwesen angeblich mieden. Ich ertastete die Stelle auf meinem Kopf, und … an meinem Finger klebte eine dunkle Flüssigkeit. Eine Ahnung beschlich mich, und ich sah langsam nach oben. Weit über mir schauten sie auf mich herab. Ihre Blütentrichter waren riesig, und ich hatte noch nie ein solches Schwarz gesehen. Es war noch dunkler als die dunkelste Nacht. Auch wenn sich mein Geist gegen diese Erkenntnis sträubte, aber es waren die Lilien aus der Legende! Wie konnte es etwas so Perfektes, so Wunderschönes geben? Mein Erstaunen wuchs, und vor lauter Ehrfurcht erstarrte ich mit offenem Mund an Ort und Stelle. Der nächste Tropfen traf meine Lippe. Bevor ich ihn mit dem Arm wegwischen konnte, drang er auf meine Zunge. Er schmeckte bitter und metallisch. Auf einmal wurde es...


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