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E-Book, Deutsch, 150 Seiten

Weck / Krimphove Lebensmittelrecht

E-Book, Deutsch, 150 Seiten

ISBN: 978-3-17-044041-8
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Werk stellt komprimiert und verständlich die Grundlagen des Lebensmittelrechts dar und gibt für Studenten Klausurtipps und für Praktiker Hinweise zur Lösung von Problemen im Praxisalltag. Neben den allgemeinen Grundsätzen des Lebensmittelrechts behandelt das Buch insbesondere die Kennzeichnung und die amtliche Überwachung von Lebensmitteln sowie den rechtlichen Rahmen für werbliche Aussagen über Lebensmittel. Die 4. Auflage berücksichtigt neben der aktuellen Rechtsprechung auch Auslegungspapiere, Gremienbeschlüsse und die Behördenpraxis. Vertiefende und erweiternde Informationen stehen zum Download zur Verfügung.
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1. KapitelEinführung in das Lebensmittelrecht – der europäische Rechtsrahmen
1Die reiche Auswahl und die ständige Verfügbarkeit von sicheren und bekömmlichen Lebensmitteln sind – zumindest in unserem Teil der Welt – für viele zu einer Selbstverständlichkeit geworden, die aber tatsächlich das Ergebnis eines jahrzehnte-, ja jahrhundertelangen Prozesses der Optimierung ist. Vor allem das gewachsene Wissen um die Bedeutung der Hygiene bei der Herstellung von Lebensmitteln sowie die vertieften Erkenntnisse über zugesetzte oder natürlicherweise enthaltene Stoffe haben erheblich dazu beigetragen, dass unsere „Mittel zum Leben“ aus heutiger Sicht in aller Regel höchsten Sicherheitsanforderungen entsprechen. 2Das Lebensmittelrecht begleitet diesen Prozess nicht erst seit der Neuzeit. Allgemeine lebensmittelrechtliche und -hygienische Vorschriften finden sich bereits in den Verordnungen Karls des Großen (747–814 n. Chr.): „Mit Sorgfalt ist darauf zu achten, dass das, was die Leute mit ihren Händen verarbeiten oder verfertigen, wie Speck, getrocknetes Fleisch, Wurst, eingesalzenes Fleisch, Wein, Essig, Käse, Butter, Bier, Honig, Wachs, Mehl, mit der größten Reinlichkeit hergestellt und bereitet werde.“ 3Auch das Thema „Verfälschen von Lebensmitteln“ – noch heute unter dem Stichwort „food fraud“ viel diskutiert – wurde vom Gesetzgeber geregelt: Die Constitutio Criminalis Carolina – die „peinliche Halsgerichtsordnung Karls V.“ – wurde 1532 erlassen, galt bis Ende des 18. Jahrhunderts in fast allen deutschen Staaten als strafrechtliche Grundlage und sah z. T. bereits für geringe Vergehen drastische „peinliche“ Strafen vor. Im mittelalterlichen Nürnberg wurden Safranfälscher nicht selten mitsamt der gefälschten Ware verbrannt, in minder schweren Fällen an den Pranger gestellt und mit Ruten ausgepeitscht. Solche Strafen wurden zu Recht aus unserer Rechtskultur verbannt. Allerdings: Moderne „Pranger“ – beispielsweise in Form von Negativlisten, Kontrollbarometern und Hygieneampeln – können sich ebenfalls erheblich auf Lebensmittelunternehmen auswirken und diese nachhaltig schädigen, wenn sie nicht mit Augenmaß angewendet und verhältnismäßig ausgestaltet werden. I.Die Entwicklung des Lebensmittelrechts in Deutschland
4Die erste umfassende Kodifikation des Lebensmittelrechts in Deutschland erfolgte mit dem Gesetz betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen (Nahrungsmittelgesetz) vom 14.5.1879 (RGBl. S. 145). Neben der Einführung einer Lebensmittelüberwachung („Beaufsichtigung“) stellte das Gesetz das Nachmachen oder Verfälschen von Lebensmitteln unter (Geld-)Strafe; wer vorsätzlich Nahrungs- und Genussmittel so herstellte, dass ihr Verzehr „die menschliche Gesundheit zu schädigen geeignet“ war, wurde mit Gefängnis bestraft (zum Nahrungsmittelgesetz und dessen weiterer Entwicklung vgl. Sosnitza/Meisterernst, B. Einführung, Rn. 35 ff.). Die Lücken des Nahrungsmittelgesetzes wurden in der folgenden Zeit durch Spezialgesetze ergänzt, von denen nachfolgend nur einige genannt werden sollen: –  Gesetz betreffend die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben zur Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 5.7.1887 („Farbengesetz“); –  Gesetz betreffend den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln vom 15. Juni 1897 („Margarinegesetz“); –  Reichsgesetz betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3.6.1900; das Gesetz wurde in der Folgezeit vielfach ergänzt und geändert und galt als „Fleischhygienegesetz“ weiter, bis es im Wesentlichen durch das Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 1. September 2005 aufgehoben wurde. 5Das Nahrungsmittelgesetz von 1879 wurde 1927 durch das Lebensmittelgesetz (Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen, LMG) abgelöst. Nach wie vor stand der Schutz des Verbrauchers vor Verfälschungen und Irreführung im Mittelpunkt der Regelungen; die ohnehin kaum praktikable Unterscheidung zwischen Lebens- und Genussmitteln wurde aufgegeben. 6Für lange Zeit erfolgten im Bereich des Lebensmittelrechts keine grundlegenden Reformen mehr, bis in den 1950er Jahren in der Bevölkerung eine große Verunsicherung über die Verwendung von „fremden Stoffen“ in der Nahrung um sich griff; dabei ging es insbesondere um die Verwendung von Farb- und Konservierungsstoffen, die als krebserregend angesehen wurden (und dies teilweise auch waren). Die Diskussion führte zum Erlass des Änderungsgesetzes vom 21.12.1958, mit dem das LMG durch das sog. Fremdstoffverbot ergänzt wurde. Das Fremdstoffverbot führte zu einem Paradigmenwechsel: Während bis dahin das Missbrauchsprinzip galt, wonach alles erlaubt war, was nicht verboten war, galt nunmehr das Verbotsprinzip: Der Zusatz von sog. fremden Stoffen wurde grundsätzlich verboten; es bestand lediglich die Möglichkeit der Zulassung einzelner Stoffe allgemein oder zu bestimmten Zwecken. In der Folge wurden sog. Fremdstoffverordnungen erlassen, wodurch die nach dem damaligen Kenntnisstand gesundheitlich unbedenklichen und technisch notwendigen Stoffe zugelassen wurden. Das Verbotsprinzip gilt noch heute und beherrscht mittlerweile auch das europäische Lebensmittelrecht. 7Mit dem Gesetz zur Neuordnung und Bereinigung des Rechts im Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen vom 15.8.1974 wurde ein neues Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) erlassen, dessen Regelungsbereiche wie folgt umrissen werden können: –  Verbote zum Schutz der Gesundheit –  Ermächtigungen zum Erlass von Gesundheitsschutzbestimmungen –  Verbote zum Schutz vor Täuschung, Werbeverbote 8Bemerkenswert war die Konkretisierung des Täuschungsschutzes im Bereich der Angaben über gesundheitliche und ernährungsphysiologische Wirkungen von Lebensmitteln, mit der dem Lebensmittelunternehmer schlicht – und ganz ohne den bürokratischen Aufwand einer Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Aussagen (hierzu unten, Rn. 297 ff.) – die Verantwortung und die Beweislast für die Verwendung fachlich umstrittener oder wissenschaftlich nicht gesicherter Behauptungen übertragen wurde. Krankheitsbezogene Werbung (hierzu unten, Rn. 324 ff.) war – und ist es auch heute noch – grundsätzlich verboten, von Ausnahmen im Bereich spezieller Lebensmittel für bestimmte Verbrauchergruppen abgesehen. 9Neben dem LMBG galt eine Vielzahl von lebensmittelrechtlichen Nebengesetzen, die insbesondere den Hygienebereich, Zusatzstoffe und Kontaminanten betrafen. Viele dieser Gesetze sind im Zuge der europäischen Integration inzwischen obsolet geworden, weil sie von vorrangig anzuwendenden europäischen Verordnungen überlagert wurden (so z. B. im Bereich der Lebensmittelhygiene). Das LMBG selbst wurde am 7.9.2005 durch das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB, Bekanntmachung vom 15.9.2021, BGBl. I 2021, S. 4253) abgelöst. Im Vergleich zum LMBG enthält das LFBG die folgenden wesentlichen Neuerungen: –  Lebensmittel und Futtermittel werden gemeinsam in einem Gesetz geregelt. –  Die lebensmittelrechtlichen Vorschriften werden gebündelt; hiermit einher ging die Aufhebung einiger Gesetze, die den Bereich der Lebensmittel und der Bedarfsgegenstände betreffen. –  Ausdehnung der Fälle des Sofortvollzugs, also der Fälle, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen der zuständigen Behörden zur Durchführung von Verboten im Zusammenhang mit der Sicherheit von Lebensmitteln keine aufschiebende Wirkung haben. –  Vorschriften zum „aktiven“ Informationsrecht der Behörde; Mitteilungs- und Meldepflichten von Lebensmittelunternehmern und Laboratorien. 10Das LFGB stellt den vorläufigen Schlusspunkt einer langen Entwicklung dar, die mehr und mehr durch die Harmonisierung des Lebensmittelrechts auf europäischer Ebene geprägt ist (hierzu im folgenden Abschnitt) und für nationale Sonderregeln nur noch sehr eingeschränkten Raum lässt. Sowohl im deutschen als auch im europäischen Recht gibt es Gesetze, die in Form von „Verordnungen“ erlassen werden. Den Unterschied sollte man sich vergegenwärtigen: Im deutschen Recht unterscheidet man grundsätzlich zwischen formellen Gesetzen, d. h. solchen Gesetzen, die nach dem in der Verfassung vorgeschriebenen Verfahren von den Gesetzgebungsorganen (Legislative) erlassen werden (Beispiel: LFGB). Demgegenüber wird die Rechtsverordnung in Deutschland durch die Exekutive von der Regierung oder einer Verwaltungsstelle erlassen. Hierzu bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage in einem formellen Gesetz. Hiervon ist die europäische Verordnung zu unterscheiden; sie kann am ehesten mit dem deutschen formellen Gesetz verglichen werden (zur EU-Verordnung nachfolgend, Rn. 13). II.Die Entwicklung des Lebensmittelrechts auf europäischer Ebene
11Praktisch kein Bereich des deutschen Lebensmittelrechts ist nicht von europäischen Rechtsvorschriften beeinflusst oder beruht nicht unmittelbar auf europäischem Recht. Das Recht der Europäischen Gemeinschaft (EG) hat Anwendungsvorrang vor nationalem Recht. Hieraus folgt, dass deutsche Gerichte und Behörden...


RA Dr. Markus Weck ist Hauptgeschäftsführer mehrerer Branchenverbände der Ernährungsindustrie (Hauptgeschäftsführer der Verbände Kulinaria Deutschland, Fachverband der Gewürzindustrie und Deutscher Verband der Hefeindustrie) und Lehrbeauftragter für Lebensmittelrecht an der Dualen Hochschule Heilbronn.


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